Prunksitzung der Närrischen Oberberger mit BildergalerieFeuertaufe für neuen Literaten in Engelskirchen

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Engelskirchen. Prunksitzung mit Cat Ballou und Martin Schopps

Schwungvoll ging es auf der Bühne in Engelskirchen zu.

Ein Feuerwehrmann kümmert sich in Engelskirchen um den minutiösen Sitzungsablauf.

Von Berufs wegen ist Philipp Söhngen (37) bei der Kölner Feuerwehr. Seine Nervenstärke nutzt ihm auch im Ehrenamt. Als sogenannter „Literat“ war er in dieser Session erstmals für das Programm der Engelskirchener Karnevalssitzungen zuständig, und da kommt es auf die Minute an. „Man darf nicht in Hektik verfallen“, sagt Söhngen über die Gemeinsamkeiten von Job und Hobby. „Man darf nicht problemorientiert denken, sondern muss zügig Lösungen finden.“

Seine Gemütsruhe wird dem Literaten an diesem Nachmittag bei der Prunksitzung im mit 1200 Gästen gut gefüllten Zelt nützlich sein. Davon ahnt Söhngen noch nichts, als er Punkt 15.45 Uhr das Publikum begrüßt und die Sitzungsleitung an Senatspräsident Reinhold Müller übergibt. Die erste Programmstunde gehört den KG-Tanzgruppen. Der Literat hat derweil immer ein Auge auf dem Smartphone. Per Messengerdienst steht Söhngen in ständigem Kontakt mit dem Sitzungspräsidenten, den Technikern und dem Künstlerbetreuer der Veranstaltungsagentur. Seine Grundregel lautet: „Es darf kein Loch entstehen.“ Wenn eine Band auf der Autobahn stecken bleibt, muss die Bühnencombo die Lücke überbrücken.

Büttenredner bekommen frühen Platz im Programm

Philipp Söhngen ist dankbar, dass ihn sein Amtsvorgänger Dirk Schwamborn gut eingeführt hat. Nicht ohne Grund haben die Büttenredner einen frühen Platz im Programm. Klaus Rupprecht und seine Handpuppe Willi müssen sich dennoch die Aufmerksamkeit im unruhigen Saal erkämpfen. Am Ende siegen die beiden mit gut gesetzten Pointen. Martin Schopps ergeht es nicht besser, erst mit Gitarre und gesungener Publikumsanimation holt er das Zelt auf seine Seite. Das Dilemma liegt darin, dass die Büttenreden für die einen unverzichtbar sind und für die anderen als Einladung zum Plaudern gelten. Literat Philipp Söhngen muss das bei der Programmplanung ausbalancieren. Der einzige Redner, der einen aufgekratzten Saal zur Ruhe zu bringen vermag, sei Guido Cantz, sagt Söhngen.

Arbeit startet bereits im Sommer

Die Arbeit des Literaten beginnt im Sommer, wenn er der Kölner Agentur, die die Auftritte der großen Acts organisiert, seine Wünsche mitteilt. Danach beginnen langwierige Verhandlungen. Jede Band und jeder Redner hat einen Preis, der Verein für jede seiner sechs Sitzungen ein bestimmtes Budget. Wenn man sich einig ist, kommt es auf die minutengenaue Abstimmung an, in der Söhngen natürlich die eigenen Tanzgruppe einplanen muss. Als Cat Ballou auf die Minute pünktlich um 18.10 Uhr auf die Bühne kommen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Von jetzt auf gleich wird aus der Sitzung eine Tanzung. Die Paveier halten anschließend die Stimmung hoch.

Wie ein Reifenwechsel in der Formel 1

Der Umbau zwischendurch erinnert an den Reifenwechsel bei einem Formel-1-Rennen. Die fünf Minuten Zeitverzug sind kein Problem. Aber mehr als zehn dürfen es nicht werden, weiß Literat Philipp Söhngen. Andernfalls könnte einer der nachfolgenden Bühnenkünstler abrücken und kassieren, ohne aufzutreten, so sehen es die Verträge vor. Die Paveier aber überziehen satte 16 Minuten.

Glühendes Mobiltelefon

Die beiden nachfolgenden Gruppen können und wollen das nicht wieder einsparen. Der nun folgende Abstimmungsbedarf bringt Philipp Söhngens Handy zum Glühen. Kempest Feines , eigentlich als krönender Abschluss eingeplant, können nicht warten, sind aber zur Improvisation bereit. So wechselt sich die Kölner Band auf der Bühne ab mit dem Tanzcorps und überlassen ihm und dem Dreigestirn den Schlussauftritt. „Das war ein wunderschönes Bild. Und das Publikum hat nichts gemerkt“, freut sich Söhngen als die Sitzung gegen 21 Uhr ausklingt. Der Feuerwehrmann hat seine Feuertaufe als Literat bestanden. 

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