Schlimmer BahnunfallDer kurze Weg zum Krankenhaus rettete dem kleinen Johan das Leben

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Der Schockraum im St. Josef-Krankenhaus.

Der Schockraum im St. Josef-Krankenhaus.

  • Im August wurde der damals 2-Jährige Johan von einer Regionalbahn erfasst und schwerst verletzt.
  • Nur durch die besonnene Reaktion seines Vaters, die Nähe zum St. Josef-Krankenhaus und die schnelle Versorgung durch die Ärzte retteten dem Jungen an diesem Tag das Leben.
  • Auch Dr. Hanno Krieg, ärztlicher Leiter des St. Josef-Krankenhauses sagt: „Immer wieder wird gefordert, kleine Häuser zu schließen. Wenn dies auf dem Land geschieht, hat jemand wie Johan keine Chance.“

Engelskirchen – Notfall im Schockraum: Normalerweise hat die Mannschaft in der Krankenhaus-Notaufnahme wenigstens ein paar Minuten Zeit zur Vorbereitung. Normalerweise meldet sich der Notarzt von unterwegs und informiert vorab über die Verletzungen. Dann nehmen Ärzte und Pflegepersonal das Unfallopfer in Empfang, sobald es eintrifft. Wie gesagt: Normalerweise.

An diesem Vormittag an einem Mittwoch im August ist alles anders. In Engelskirchen hat es einen schlimmen Unfall gegeben. Eine Regionalbahn hat auf dem Weg nach Köln ein Kleinkind erfasst. Der Junge ist zwei Jahre alt. Johan, so heißt er, hat schwerste Kopfverletzungen erlitten, er schwebt in Lebensgefahr. Sein Vater verliert keine Zeit, trägt seinen Jungen zur Straße. Ein Pkw-Fahrer kommt vorbei, stoppt, fährt die beiden kurzentschlossen ins St. Josef-Krankenhaus, das nur einen Kilometer entfernt ist. „Wäre der Mann nicht vorbei gekommen“, sagt die Mutter des Jungen heute, „wäre Johan wahrscheinlich verblutet.“

Johans Überleben grenzt an ein Wunder

Aber Johan, der kurz nach dem Unfall drei Jahre alt geworden ist, hat überlebt. „Es geht ihm inzwischen super“, berichtet die Mutter. „Er hat noch Beeinträchtigungen auf der rechten Seite, an der Hand und am Bein. Doch er läuft, er spricht, er kann die Hand bewegen.“ Momentan ist er noch in der Reha, und der Unfall, sagen die Ärzte dort, wird nicht ganz spurlos an dem Jungen vorübergehen. „Aber sie geben uns gute Prognosen, dass Johan außer kleinen Beeinträchtigungen nichts zurückbehalten wird.“

So berichtete die Oberbergische Volkszeitung am 8. August über den schrecklichen Unfall.

So berichtete die Oberbergische Volkszeitung am 8. August über den schrecklichen Unfall.

Das grenzt an ein Wunder – da sind sich auch die Ärzte im Engelskirchener St. Josef-Krankenhaus einig, die die Ersten waren, die an dieser Lebensrettung beteiligt waren. „Solche Unfälle passieren – und sie passieren auch weit abseits vom nächsten Maximalversorger“, sagt Dr. Hanno Krieg, Leiter der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin und ärztlicher Direktor des St. Josef-Krankenhauses. Krankenhaus der Maximalversorgung – mit dem Begriff sind in der Krankenhausplanung die großen Häuser mit umfassendem Versorgungsangebot gemeint – etwa Unikliniken.

„Schockraum-Choreographie“ setzte ein

In diesem Fall war die räumliche Nähe des Engelskirchener Krankenhauses letztlich der Garant dafür, dass Johans Leben gerettet werden konnte.

Schwerstverletzt und ohne Bewusstsein war der Kleine im Schockraum des Krankenhauses angekommen. Er hatte sehr viel Blut verloren, sein Blutdruck war kaum noch messbar. Zudem war ein Lungenflügel kollabiert.

Doch dann griffen die Mechanismen, die die Mediziner als „Schockraum-Choreographie“ bezeichnen. Choreographie, weil viele Personen zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind und jeder ganz genau weiß, was seine Aufgabe ist. Ein Team, das wie ein Uhrwerk funktionieren muss. „Jeder hat seine zugeordnete Funktion und seinen Ort, damit die Diagnostik und Therapie in optimaler Effizienz erfolgen kann“, erklärt Krieg, der dem Personal, das am besagten Vormittag im Dienst war, höchstes Lob zollt. „Nach 50 Minuten war der Kleine so stabil, dass ihn der Hubschrauber in die Uniklinik nach Köln fliegen konnte.“

Ärztr und Pfleger arbeiten Hand in Hand

Leitender Arzt im Schockraum, der „Traumaleader“, war der Unfallchirurg Alexander Becker. Die Anästhesisten Andrea Goor (Oberärztin) und Sebastian Grüneck (Assistenzarzt) und der Unfall-Chirurg Rami Obis bildeten den Kern des Rettungsteams. Mit dabei war auch der Internist Bhatti Mohammad. „Aber es war keine Ärzte-Show“, betont Krieg, „das wäre unvollständig.“ Die Arbeit dort gelinge nur, wenn Ärzte und Pflege aus den verschiedenen Bereichen Hand in Hand als Team zusammenarbeiten.

Viel muss dort gleichzeitig passieren, alle stehen unter höchster Anspannung. Und bei einem kleinen Kind sei die emotionale Belastung für alle Beteiligten noch größer als sonst, berichten die Ärzte. „Aber man muss sich zusammenreißen.“

Nach der Reha will sich Familie persönlich bedanken

Johan wird sich an all das nie erinnern. Er verbrachte in Köln zwei Wochen auf der Intensiv- und zwei Wochen auf der Kinderstation. „Dann kam er für eine Nacht nach Hause, ehe es in die Reha ging“, berichten die beiden Eltern.

Heute spielt er gerne mit Flugzeugen und Dinosauriern, berichtet die Mutter. „Und sobald wir aus der Reha kommen, möchten wir uns gerne persönlich im Krankenhaus in Engelskirchen bedanken.“ Dass das Krankenhaus in der Nähe war, sei ein Riesenglück gewesen, betont Johans Vater.

Hanno Krieg sieht es genauso und erklärt: „Wir brauchen auf dem Land auch kleine Krankenhäuser wie unseres, um den Menschen vor Ort helfen zu können. Immer wieder wird gefordert, kleine Häuser zu schließen. Wenn dies auf dem Land geschieht, hat jemand wie Johan keine Chance.“

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