Entlastung für Haushalt verweigertBürgermeister Holberg droht die Abwahl

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Die verpasste Abrechnung der Straßensanierung Wiedeneststraße ist für die Bergneustädter Politik noch nicht erledigt. Ein Jahr vor der Kommunalwahl nimmt sie Bürgermeister Wilfried Holberg ins Visier.

Die verpasste Abrechnung der Straßensanierung Wiedeneststraße ist für die Bergneustädter Politik noch nicht erledigt. Ein Jahr vor der Kommunalwahl nimmt sie Bürgermeister Wilfried Holberg ins Visier.

  • Erstmals weist der Jahresabschluss in Bergneustadt wieder einen Gewinn von fast 3,3 Millionen Euro aus.
  • Für Bürgermeister Wilfried Holberg dürfte es trotzdem eng werden.
  • Es zeichnet sich ab, dass der Stadtrat ihm die Entlastung für das Haushaltsjahr verweigert. Das sind die Gründe und so geht es nun weiter.

Bergneustadt – Die Reaktion der Bergneustädter Politik hat auf sich warten lassen, dafür könnte sie umso heftiger ausfallen: Es zeichnet sich ab, dass der Stadtrat Bürgermeister Wilfried Holberg die Entlastung für das Haushaltsjahr 2018 verweigert – ein deutlicher Ausdruck fehlenden Vertrauens in dessen Arbeit. Dabei weist der Jahresabschluss erstmals wieder einen Gewinn von fast 3,3 Millionen Euro aus.

Allerdings enthält die Bilanz auch die verloren gegangene dreiviertel Million Euro an Anliegerbeiträgen aus der Wiedeneststraße. Die Politik sieht sich auch unter öffentlichem Druck zu reagieren. Für die Ratssitzung am nächsten Mittwoch (18 Uhr, Krawinkelsaal) kündigt CDU-Fraktionschef Reinhard Schulte eine „deutliche Stellungnahme“ der Fraktionen zum Thema Wiedeneststraße an. Der Bürgermeister wird sich erklären, und die Fraktionen wollen noch mal einzeln das Wort ergreifen. Dabei sollen auch mögliche Sanktionen gegen Holberg Thema sein – inklusive der Androhung, ein Abwahlverfahren einzuleiten. Grund für mögliche drakonische Maßnahmen sind nicht nur die 750.000 Euro, die die Stadtkasse durch ein Versäumnis der Verwaltung einbüßt.

Vertrauen der SPD in Holberg ist stark gestört

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Stamm gibt es aktuell noch viel zu viel, das aufgeklärt werden muss. Noch habe man keine vollständige Akteneinsicht bekommen. Offenbar sei im Rathaus niemand zuständig gewesen, die Wiedeneststraße abzurechnen. Das Vertrauen der SPD zu Holberg sei so stark gestört, dass eine Entlastung derzeit nicht in Frage komme.

Entlastung

Mit der Entlastung billigt der Rat die Haushaltsführung des Bürgermeisters. Verweigert der Rat die Entlastung wegen Beanstandungen, hat das keine direkten Folgen für den Rathauschef. Der Rat entscheidet später, wer für die Beanstandungen verantwortlich ist und welche Konsequenzen er fordert. (kn)

Von einem „angespannten Vertrauensverhältnis“ zum Bürgermeister spricht auch CDU-Chef Schulte. Bei allem Verständnis für die dünne Personaldecke im Rathaus und einer „Form von Überlastung“ der Mitarbeiter: Dass die Verwaltung 2017 ausdrücklich auf eine mögliche Verjährung in der Wiedeneststraße angesprochen worden sei, mache die versäumte Abrechnung noch schlimmer.

UWG: Eine Reihe von Fehlleistungen

Auch die Grünen werden Holberg nicht entlasten. „Er ist ein guter Bürgermeister“, sagt Fraktionschef Axel Krieger, „aber dieser Bock war einfach zu dick.“ Darüber könne die Politik nicht einfach hinweggehen. Für die UWG kommt eine Entlastung Holbergs ebenfalls nicht in Frage, sagt ihr Sprecher Jens-Holger Pütz. Die Wiedeneststraße sei nur eine in einer Reihe von Fehlleistungen: „Von uns aus könnte nächste Woche der Abwahlantrag gestellt werden.“

FDP-Sprecher Christian Hoene vermisst nach wie vor Konsequenzen: „Nach so einem Desaster kann es nicht bei ein paar kleinen Änderungen im Verwaltungsablauf bleiben.“ Auch die Liberalen denken über ein Abwahlverfahren nach, wollen aber abwarten, zu welchen Schlüssen der Kreis als Kommunalaufsicht kommt.

28-seitiger Bericht liegt mittlerweile vor

Von dort war die Verwaltung aufgefordert worden, über Hergang und Ursachen der Panne Bericht zu erstatten. Seit Ende vergangener Woche liegt der 28-seitige Bericht in Gummersbach vor. Seine Bewertung werde man wohl auch mit der Bezirksregierung oder dem Ministerium in Düsseldorf absprechen, schätzt Kreisdirektor Klaus Grootens.

Das sagt Wilfried Holberg

Zu einer drohenden Nicht-Entlastung sagt Wilfried Holberg, sachlich gebe es dafür keinen Grund, im Jahresabschluss sei nichts Fehlerhaftes. Wenn die Politik aber ein politisches Signal senden wolle, „nehme ich das so hin“. Der Fehler sei geschehen, er habe die Verantwortung übernommen und sich entschuldigt.

Heute in einem Jahr finden die Kommunalwahlen statt. Holberg hat sich noch nicht geäußert, ob er – entgegen seiner Ankündigung 2014 – noch einmal antritt. Ob die aktuelle Debatte Einfluss auf seine Entscheidung über eine weitere Kandidatur hat? „Alle Ereignisse haben Einfluss auf die Entscheidung.“ (kn)

In der gerade erschienenen Ausgabe des Amtsblatts „Bergneustadt im Blick“ hat Bürgermeister Wilfried Holberg sich an die Bergneustädter gewandt und erneut um Verständnis für die zum Teil sehr deutlich geäußerte Bürger-Kritik gebeten. Aber der „vom Grundsatz her nicht zu entschuldigende Fehler ist niemandem meiner Bediensteten im Rathaus unmittelbar anzulasten“, schreibt Holberg.

Rathaus war sicher, dass keine Verjährung drohe

Das sieht die Politik anders. Denn die Verwaltung war bereits 2017 in einer Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses gefragt worden, ob bei der Abrechnung städtischer Baumaßnahmen die Gefahr von Verjährungen drohe. Die Verwaltung habe das damals eindeutig verneint, berichten Ausschussmitglieder. Im Rathaus war man sich offenbar sicher, dass keine Verjährung drohe. Auch nach dem Hinweis aus dem Rechnungsprüfungsausschuss wurde die Abrechnung der Wiedeneststraße nicht forciert. Schlimmer noch: „Darüber hinaus ist es zu meinem großen Bedauern versäumt worden, die Gefahr der ,Verjährung einer Frist’ rechtzeitig rechtlich prüfen zu lassen“, heißt es von Holberg im Amtsblatt.

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