Chefarzt Dr. Walter Schäfer„Ich operiere für mein Leben gern“

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Gummersbach – Nach 33 Jahren am Krankenhaus Gummersbach wird Chefarzt Dr. Walter Schäfer nächste Woche in den Ruhestand verabschiedet.  Harald Knoop sprach mit ihm über  seinen   Werdegang, das Verhältnis zu den Patienten und seine Pläne.

Wie kamen sie nach Gummersbach?

Ich hatte mich von Leverkusen aus auf eine Stelle als Leitender Oberarzt am neuen Krankenhaus Gummersbach beworben. Das war aber leider noch nicht fertig.

Und es war damals kein Haus der Spitzenversorgung wie heute, warum also Gummersbach?

Es sollte aber ein Haus der Spitzenversorgung werden. Und es hatte als eines der wenigen Krankenhäuser eine separate Unfallchirurgie geplant; so etwas gab es in ganz Köln nicht. In Gummersbach hatte man das aber schon damals als richtig erkannt.

Was waren die ersten Aufgaben?

Der Aufbau der Unfallchirurgie und die Einführung immer neuer Verfahren, um eine Spitzenversorgung zu gewährleisten.

Damals war der Chefarzt noch der Halbgott in Weiß, oder?

Nur ansehenstechnisch.

Dann waren sie selber Halbgott . . .

Nein, nie. Das habe ich immer vermieden. Ich schaffe es bis heute, zu jedem eine ganz normale Gesprächsebene zu finden.

Zur Person

Dr. Walter Schäfer ist am 4. Februar 67 Jahre alt geworden. Geboren in Schwerte, wuchs er in Köln auf, wo er auch studierte.

Schäfer lebt in Wiehl, ist verheiratet und hat drei Kinder; zwei Söhne arbeiten als Orthopäden ebenfalls am Klinikum Oberberg

Hobbys: Skifahren, MountainbikeFahren, Fußball, Lesen – „und etwas Golfspielen“.

Studium in Köln, Promotion in der Kardiologie, Assistenzarzt am Krankenhaus Severinsklösterchen in Köln; Facharztausbildung zum Unfallchirurgen und Handchirurgen am Klinikum Leverkusen.

Im Jahr 1984: Wechsel als Leitender Oberarzt ans Krankenhaus Gummersbach. 1987: Ernennung zum kommissarischen Chefarzt der Unfallchirurgie, die heute Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand-, Fuß- und Wiederherstellungschirurgie heißt und 125 Betten an den Standorten Gummersbach und Waldbröl umfasst. 1990: Ernennung zum Chefarzt. ab 1999: Ärztlicher Direktor. (kn)

Erinnern sie sich an Ihre erste OP?

Nein, aber ich gehe davon aus, dass sie gut verlaufen ist; sonst würde ich mich erinnern. Wie an meine erste Gallen-OP. Da assistierte mir der Chefarzt, und in Nacht musste er den Patienten nachoperieren, um eine Blutung zu stoppen.

Sie wurden schon bald danach Chefarzt . . .

Ich hatte mich auf vier Stellen beworben, weil ich beruflich weiterkommen wollte. Zweimal war ich erster in der Auswahl, zweimal Zweiter. Ich blieb aber dann doch , als der damalige Oberkreisdirektor Dr. Dieter Fuchs mir 1987 den Chefarztposten hier in Gummersbach anbot.

Was war Ihr größter medizinischer Erfolg?

Ich konnte viele neue Operationsverfahren einführen und etablieren, die minimalinvasive Wirbelsäulen-Operationen etwa. In der Handchirurgie haben wir deutschlandweit etwas bewegt, wie zum Beispiel das endoskopische Operieren des Karpaltunnelsyndroms. Da sind wir ganz vorne dabei.

Was war Ihre größte Niederlage?

Dass wir die Anerkennung der Berufsgenossenschaften im Schwerstverletzungsartenverfahren nur für die Handchirurgie nicht aber für die komplette Unfallchirurgie bekommen haben. Dabei können wir alle Schwerstverletzten hier versorgen. Aber das war eine politische Entscheidung.

Wie beschreiben Sie das Verhältnis zwischen Patienten und Ärzten heute?

Einerseits kritischer, was gut ist, anderseits aber auch nicht mehr ganz so vertrauensvoll wie früher. Dabei ist die positive Einstellung des Patienten sehr wichtig für den Heilungserfolg.

Was würden Sie am Gesundheitssystem ändern?

Ich würde viel mehr Leute zum Medizinstudium zulassen, weil wir viel mehr Ärzte brauchen als wir derzeit ausbilden. Ich würde die Notfallversorgung besser regeln. Lange Wartezeiten in den Notfallambulanzen gäbe es nicht mehr, wenn die Leistungen dort besser bezahlt würden. Trotz alledem haben wir in Deutschland das beste Gesundheitssystem der Welt, in dem jeder eine gleich gute Versorgung bekommt.

Immer wieder meldet das Krankenhaus die Verpflichtung neuer Chefärzte, die an ihren alten Häusern Oberärzte waren und Gummersbach als Chance zum Aufstieg nutzen. Warum haben Sie nie gewechselt?

Ich hatte gar keinen Grund zu wechseln. Das Haus hat mir technisch und personell alles geboten, um die Abteilung weiterzuentwickeln. Es wurde alles angeschafft, was es an Innovationen gab. Und wir hatten immer eine gute Zusammenarbeit, auch mit der Geschäftsführung. Mit Joachim Finklenburg (dem 2017 ausgeschiedenen Geschäftsführer, die Red.) bin ich befreundet. Das haben viele meiner Arztkollegen erst skeptisch gesehen, dem Unternehmen hat es aber nie geschadet.

Heute sind sie nicht nur Chefarzt, sondern auch Ärztlicher Direktor des Klinikums? Was macht man da?

Man berät die Geschäftsführung und den Krankenhausträger in allen medizinischen Fragen, vertritt die Interessen der Ärzteschaft gegenüber der Geschäftsführung und muss Konflikte innerhalb der Ärzteschaft lösen.

Das klingt zunächst mal nach viel Verwaltungskram und endlosen Sitzungen. Ist es tatsächlich auch so?

Es ist eine ehrenamtliche Aufgabe, die viel Arbeit und manchmal viel Ärger bedeutet.

Wie sehr bestimmt betriebswirtschaftliches Handeln die Medizin heute?

Das Krankenhaus ist ein Wirtschaftsunternehmen. Wir brauchen Gewinne, um davon einen Teil der Investitionen zu finanzieren, was eigentlich Aufgabe des Landes wäre.

Zwei ihrer Söhne arbeiten ebenfalls am Krankenhaus Gummersbach. Haben die beiden denn unter ihrem Vater zu leiden?

(lacht) Nein, dann wären sie schon nicht mehr hier. Ich hatte anfangs Bedenken. Es ist für Kinder nicht leicht, in einem Haus zu arbeiten, in dem der Vater Chef ist. Aber sie haben sich ihre Stellung hier selbst erarbeitet – ganz ohne Protektion.

Was machen die beiden als Berufsanfänger anders als Sie damals?

Sie sind viel mehr eingebunden in die Strukturen des Krankenhauses. Es sind heute weniger Individualität und Eigeninitiative möglich. Ich hatte früher mehr Freiräume.

Gehen Sie gerne in den Ruhestand?

Teils, teils. Ich bin all die Jahre jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen, und ich hätte sicher noch ein weiteres Mal verlängern können. Aber es war schlauer, auf meine Frau zu hören und jetzt zu gehen. Der Zeitpunkt ist gut gewählt. Auf die Sitzungen kann ich sicher gut verzichten, aber aufs Operieren – das wird schwer. Ich operiere für mein Leben gern. Bis heute stehe ich jeden Tag im Operationssaal.

Symposium

Aus Anlass von Schäfers Abschied als Klinikdirektor und Ärztlicher Direktor des Klinikums Oberberg findet am Samstag, 24 Februar auf Schloss Homburg das Symposium „Aktuelle Handchirurgie heute und morgen“ statt, zu dem sich führende Spezialisten aus ganz Deutschland und Österreich angesagt haben.

Offiziell verabschiedet wird Schäfer am kommenden Mittwoch, 28. Februar, im Festsaal des Krankenhauses Waldbröl. Dabei wird auch Schäfers Nachfolger als Direktor der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Hand-, Fuß- und Wiederherstellungschirurgie, Privatdozent Dr. Christian Probst, vorgestellt. (kn)

Werden Sie der Medizin ganz den Rücken kehren?

Nein, als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie bin ich in unserer Berufsorganisation aktiv. Im kommenden Jahr findet unser Weltkongress erstmals in Deutschland statt.

Was haben Sie vor im Ruhestand?

Ich werde wieder studieren – Geschichte und vielleicht Sprachen. Und wir wollen reisen. Australien ist ein Ziel. Dazu braucht man mehr Zeit als ich bislang am Stück hatte. Und in die Arktis möchte ich gerne.

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