Gedenken an Kriegsopfer in GummersbachDer Krieg endete für sie zu spät

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Vor allem den gestorbenen Zwangsarbeitern wurde am Samstag zum Jahrestag des Kriegsendes auf dem Grotenbach-Friedhof gedacht.

Vor allem den gestorbenen Zwangsarbeitern wurde am Samstag zum Jahrestag des Kriegsendes auf dem Grotenbach-Friedhof gedacht.

Gummersbach – Valentina Potozkaja war erst 15 Jahre alt, als sie zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurde. Danach hatte sie nur noch ein Jahr zu leben. In ihrem Lager in Lindlar steckte sie sich mit einer offenen Lungentuberkulose an. Im Mai 1944 wurde sie ins Gummersbacher Krankenhaus eingeliefert, wo sie am 5. August starb.

Die junge Russin ist eine der 45 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und ihrer Kinder, die auf dem Gummersbacher Grotenbach-Friedhof bestattet sind. Das jüngste Opfer, ein polnisches Mädchen namens Danuta Juszczuk, wurde nicht einmal vier jahre alt. Anlässlich des 76. Jahrestages des Kriegsendes hat die Initiative „Oberberg ist bunt, nicht braun“ auf dem Friedhof eine Gedenkfeier veranstaltet. Im Blickpunkt standen die Opfer, die aus den besetzten Gebieten überall in Europa nach Oberberg gebracht wurden, um in der hiesigen Industrie zu schuften.

Gerhard Jenders ist Vorsitzender von „Oberberg ist bunt, nicht braun“ und arbeitet an einer umfassenden Internet-Dokumentation über die Zwangsarbeit in der Region. Bisher hat er 150 Lagerstandorte identifiziert. Der Grotenbach-Friedhof erschien ihm für eine Gedenkfeier besonders geeignet, weil dort Zwangsarbeiter aus dem ganzen Kreis bestattet sind. Wenn auch vergeblich, waren alle vorher im Gummersbacher Krankenhaus behandelt worden. Denn anders als in den Konzentrationslagern sei es dem NS-Regime nicht darum gegangen, diese Menschen zu vernichten, erläuterte Jenders. „Sie sollten mit ihrer Arbeitskraft die heimische Industrie am Laufen halten, solange die deutschen Arbeiter an der Front töteten und getötet wurden.“

„Wir können das Unrecht nicht ungeschehen machen“

Dennoch lebten sie in ihren Unterkünften unter lebensbedrohlichen Umständen. Bedrückende Enge sowie mangelhafte Hygiene und Ernährung trotz harter Arbeit förderten Auszehrung und Infektionskrankheiten. Eine Tuberkuloseansteckung oder eine Blinddarmentzündung waren oft das Todesurteil. Wie Jenders berichtet, wurden die Zwangsarbeiter je nach Volksgruppe unterschiedlich behandelt, Russen als „Untermenschen“ besonders schlecht.

Bei der Gedenkfeier am Samstag würdigte Jenders jedes einzelne dort bestattete Opfer mit seinem Namen und einigen von ihm recherchierten Informationen, die auch auf der Homepage des Vereins veröffentlicht sind. Zuvor war ein Grußwort von Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein verlesen worden. „Wir können das Unrecht nicht ungeschehen machen“, schreibt Helmenstein. „Aber ich betrachte es als unsere Verpflichtung, die Erinnerung an das, was während der nationalsozialistischen Herrschaft geschah, wachzuhalten sowie stets wach zu bleiben, damit sich solches Unrecht, solche Willkür nie wiederholt.“

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Ganz in diesem Sinne trug abschließend Monica Weispfennig ein Gedicht vor, dass der Bergneustädter Antifaschist Josef Lenze am 8. Mai 1945 verfasst hat. Den Tag der Befreiung erlebte er in amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Compigny bei Paris. Lenzes pathetische, aber authentische Hoffnung lautete damals: „Millionen Opfer, sie sind zu beklagen/ in Worten das Leid, es lässt sich nicht sagen/ Doch zum antifaschistischen Kampfe sich stellt/ die ganze sich liebende Menschenwelt.“

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