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„Haltpunkt“In Gummersbach hilft eine neue Gruppe Eltern von drogenabhängigen Jugendlichen

3 min
Eine Frau hält den Flyer einer neuen Selbsthilfegruppe in den Händen.

„Haltpunkt“ heißt die neue Selbsthilfegruppe, in der es um den Dialog geht, aber vor allem auch darum, füreinander da zu sein.

Claudia und Daniela haben die Gruppe gegründet. Sie berichten offen, schonungslos, aber mit großer Fürsorge von den Geschichten ihrer Kinder.

Es ist ein schwerer Schritt, wenn Eltern sich eingestehen müssen, dass das eigene Kind suchtkrank ist. Häufig verbunden damit ist die den gesamten Alltag prägende Angst um Tochter oder Sohn. Dazu kommen Schamgefühle, das Empfinden, möglicherweise eine Mitschuld zu tragen.

Claudia und Daniela kennen diese Situation aus dem eigenen Erleben. Die beiden Gummersbacherinnen berichten offen, schonungslos, aber mit großer Fürsorge von den Geschichten ihrer Kinder, Tränen fließen. Claudias Sohn hat zu Drogen gegriffen, weil er das Mobbing in der Schule nicht mehr aushielt, bekämpfte seine Sucht, wurde wieder rückfällig. Sie sagt voller Traurigkeit: „Du wirst Expertin zum Thema Drogen, ohne es zu wollen, du weißt irgendwann, wo Drogen verkauft werden und musst mitansehen, wie dein Kind leidet.“

Auf Mobbing folgten Drogenkonsum und Wohnungslosigkeit

Daniela nickt. Auch ihre Tochter war Mobbing ausgesetzt, konsumierte schließlich Partydrogen, wurde immer wieder straffällig und lebt mittlerweile wohnungslos im Ruhrgebiet. Daniela sagt, im Ruhrgebiet gäbe es gute Hilfen für die Tochter, ihre aktuelle Haltung als Mutter sei eine Mischung aus Sorge und Erleichterung. Beide Geschichten sind schwer zu ertragen. Wer so etwas nicht miterlebt hat, kann kaum nachvollziehen, was Familien in einer solchen Situation durchmachen.

Und genau darum haben Claudia und Daniela Anfang des Jahres mit Unterstützung des Teams im Gummersbacher Haus der Selbsthilfe und Elke Leutze vom Netzwerk Ingangsetzung eine Selbsthilfegruppe für Eltern drogenabhängiger Jugendlicher und junger Erwachsener gegründet. „Haltpunkt“ heißt die Gruppe, in der es um den Dialog geht, aber vor allem auch darum, sich gegenseitig zu stärken und zuzuhören. So stellt Claudia klar, dass an den gemeinsamen Abenden das Wohl der Eltern im Mittelpunkt steht, denn: „Wir brauchen einfach ab und zu eine Verschnaufpause, um anschließend mit neuer Kraft für das Kind, die Partner, die Geschwister des von der Abhängigkeit Betroffenen da zu sein.“

Selbstfürsorge und in Aktion kommen der betroffenen Eltern in der Gruppe

Selbstfürsorge sei enorm wichtig, aber auch das in Aktion kommen, finden die Gründerinnen. „Wir wünschen uns eine Gruppe, die sich selber trägt, aus der Vorschläge für Themen kommen, die wir vertiefen könnten, und wir möchten das Thema Drogenabhängigkeit entstigmatisieren“, betont Daniela.

Claudia und Daniela kennen sich aus dem Sportverein. Bei den wöchentlichen Übungsstunden stellten sie fest, dass ihr Austausch ihnen „den Tag rettete“, weil er das Gefühl vermittelte, nicht der einzige Mensch in einer solchen Situation zu sein. „Eine entsprechende Selbsthilfegruppe gab es aber nicht mehr in der Region“, blickt Claudia zurück. Also stellten die beiden kurzerhand selbst eine auf die Beine. Zu ihrem Bedauern ist der Zulauf aber bisher eher schleppend.

Regina Schulte vom Haus der Selbsthilfe berichtet, bei solchen Themen gäbe es oft eine große Hemmschwelle: „Manche Eltern haben resigniert, andere schämen sich für ihr angebliches Versagen oder möchten nicht, dass die Drogenabhängigkeit des Kindes bekannt wird.“ Hier allerdings greife natürlich die Schweigepflicht, sagen Daniela und Claudia nachdrücklich. Was in der Gruppe besprochen wird, bleibt auch in der Gruppe.

Die Gruppe trifft sich am vierten Mittwoch des Monats um 19 Uhr im Gummersbacher Haus der Selbsthilfe, La Roche-Sur-Yon-Straße 5. Weitere Informationen gibt es per Mail unter haltpunkt@gmx.de.