Interview„Flächensparende Einfamilienhäuser“ – Die Zukunft des Bauens in Gummersbach

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Kompakt gebaute Reihenhäuser auf kleineren Grundstücken: So stellt sich die Gummersbacher Entwicklungsgesellschaft den dritten Bauabschnitt im Neubaugebiet Windhagen vor.

Kompakt gebaute Reihenhäuser auf kleineren Grundstücken: So stellt sich die Gummersbacher Entwicklungsgesellschaft den dritten Bauabschnitt im Neubaugebiet Windhagen vor.

Gummersbach – Das Wohnen der Zukunft wird aktuell an vielen Stellen diskutiert. In einer Serie sollen die Themen wie Flächenverbrauch oder bezahlbarer Wohnraum beleuchtet werden. Andreas Arnold sprach zum Auftakt mit Jürgen Hefner, Technischer Beigeordneter der Stadt Gummersbach und Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft.

Die Themen Klimawandel und nachhaltiges Bauen werden immer öfter in einem Atemzug genannt. Worauf sollte eine Stadt wie Gummersbach bei künftigen Bauvorhaben Wert legen?

Rund ein Drittel des CO₂-Ausstoßes in Deutschland ist auf den Betrieb von Gebäuden zurückzuführen. Nachhaltige, energieeffiziente und ressourcenschonende Gebäude können daher einen großen Beitrag im Kampf gegen die Klimakatastrophe ausmachen. So ist beim Bau von Gebäuden auf den verstärkten Einsatz von nachhaltigen und recycelbaren Baustoffen zu achten.

Zukunft des Bauens: Gummersbach setzt auf Holz

Was wurde in Gummersbach unternommen, um Ressourcen zu schonen?

Die Stadt Gummersbach hat in der Vergangenheit bereits mehrfach auf Holz als Baustoff gesetzt, wie zum Beispiel beim Lindenforum oder bei der Aufstockung der Feuerwache. Die Entwurfsstudie für das Bergische Forum für Wissen und Kultur wurde genau aus diesem Grunde als Holzbau konzipiert.

Und wie sieht es im energetischen Bereich aus?

Sowohl im Neubaubereich als auch bei Bestandssanierungen lassen sich durch wirkungsvolle Dämmung der Gebäudehülle und durch den Einsatz energieeffizienter Haustechnik der langfristige Energieverbrauch minimieren und Umweltbelastungen reduzieren. Im besten Fall leistet ein Gebäude mit einer zentralen Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen langfristig einen positiven Beitrag zum Klima.

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Jens Hefner, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Gummersbach.

Deshalb haben wir bereits bei der Entwicklung des Steinmüllergeländes ein Nah-Wärme- und Kältenetz zur Versorgung der dort entstandenen Gebäude aufgebaut, das mit Energie aus Holzhackschnitzeln gespeist wird.

Was davon kann man von Bauherren am Ende verlangen und per Regelwerk festlegen?

Das Gebäudeenergiegesetz, kurz GEG, das am 1. November 2020 in Kraft getreten ist und die Energieeinsparverordnung ersetzt hat, gibt bereits einen strengen Rahmen für die Planung und Errichtung von Gebäuden vor. Ziel des GEG ist ein möglichst sparsamer Einsatz von Energie in Gebäuden einschließlich einer zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien zur Erzeugung von Wärme, Kälte und Strom für den Gebäudebetrieb.

Kann man künftig auch Bebauungspläne so aufstellen, dass es „nachhaltige Vorgaben“ gibt?

Natürlich kann man auch in einen Bebauungsplan weitere Aspekt der Nachhaltigkeit einfließen lassen, wie zum Beispiel Grundstücksgrößen, Grundstücksausnutzung, zur Solarnutzung optimierte Ausrichtung des Gebäudes, Grünflächen, Versickerungsflächen, Mobilitätskonzepte, und so weiter. Die Festsetzungen müssen aber immer im Sinne des Baugesetzbuches begründbar und dadurch rechtlich haltbar sein.

Bauen in Gummersbach: Lösungen für „flächensparende Einfamilienhäuser“ nötig

Grundstücke von 1000 und mehr Quadratmetern waren in der Vergangenheit für den privaten Hausbau keine Seltenheit. Woher kommt das Umdenken in den vergangenen 10 bis 15 Jahren. Sind Einfamilienhäuser überhaupt noch zukunftsfähig?

Das Umdenken diesbezüglich war sicherlich vielschichtig. Zunächst einmal muss man feststellen, dass sich die Grundstückpreise in den letzten Jahren deutlich erhöht haben und deshalb für viele Bauherren in der genannten Größe schlichtweg nicht mehr bezahlbar sind. Durch ein verändertes Freizeitverhalten, bei dem Gartenarbeit heute vielfach als lästig empfunden wird, reicht ein kleiner Garten als Freiraum meist aus.

In den vergangenen Monaten wurde mehrfach eine Diskussion angefacht, ob frei stehende Einfamilienhäuser im Hinblick auf den Klimawandel überhaupt noch zu vertreten sind. Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass der Traum vom frei stehenden Eigenheim bei vielen Bauherren ungebrochen ist. Es ist ein Qualitätsmerkmal für unsere Region, dass dieser Traum, anders als in den Metropolen, noch realisierbar ist.

Spielt auch hier das Thema Klimawandel eine Rolle?

Im Hinblick auf den Klimawandel spielt natürlich der Flächenverbrauch die entscheidende Rolle. Bei der individuellen Grundstücksentscheidung scheint mir dieser Aspekt allerdings bei vielen Bauherren noch untergeordnet zu sein.

Welche Alternativen zu frei stehenden Einfamilienhäusern sehen Sie für die Zukunft?

Bei zukünftigen Planungen sollte man flächensparende Lösungen für Einfamilienhäuser entwickeln. So haben wir den städtebaulichen Entwurf für Windhagen West 3 so geplant, dass dort neben frei stehenden Einfamilienhäusern auf überwiegend kleinen Grundstücken auch eine Hausgruppe mit zwölf Reihenhäusern, die um einen Quartiersplatz angeordnet sind, entstehen. Daneben entstehen in Windhagen drei Häuser für gemeinschaftliches Wohnen, in dem bis zu fünf Wohneinheiten für Familien oder Hausgruppen Platz finden. Im Ergebnis heißt das, dass auf einer Fläche, auf der 21 klassische Einfamilienhäuser Platz finden würden, nunmehr circa 36 Wohneinheiten in einem ansprechenden, gemischten Quartier entstehen werden.

Denken Sie, dass es dafür eine Akzeptanz gibt?

Für die Akzeptanz dieser in unserer Region eher ungeliebten Einfamilienhausform ist allerdings eine qualitätsvolle architektonische und städtebauliche Gestaltung erforderlich.

Gummersbach: „Zehngeschosser sehe ich in Zukunft nicht mehr“

In den 1960er Jahren entstanden und in der Folge oftmals verpönt waren Hochhaussiedlungen wie in Bernberg. Doch auch hier gibt es ein Umdenken. Wo soll die Reise in Gummersbach bei der Geschossigkeit hingehen?

Wenn man Flächenversiegelung verhindern möchte, gleichzeitig aber die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnbauflächen bedienen möchte, was notwendig ist, um der Preisexplosion im Wohnungsbau entgegenzuwirken, ist es erforderlich, in die Höhe zu bauen. Das heißt aber nicht, dass man den städtebaulichen Maßstab aus den Augen verlieren darf.

Wie hoch darf es werden in Gummersbach?

Zehngeschosser wie auf der Falkenhöhe sehe ich in Gummersbach auch in Zukunft nicht mehr. Vor vier oder fünf Geschossen in der Innenstadt darf man dagegen keine Angst haben. Im Idealfall ersetzt man die durch das Gebäude in Anspruch genommene Grünfläche dann durch Dach- oder Fassadenbegrünung.

Im Hinblick auf die Flächenversiegelung rückt aber auch das Thema Innenverdichtung in den Fokus. Hat Gummersbach noch Baulücken, die bis dato nicht so attraktiv waren und nun doch noch bebaut werden könnten?

In der Tat ist der Druck bei der Suche nach Bauflächen so groß, dass die Investoren nicht mehr vor erhöhten Aufwendungen zur Grundstücksaufbereitung zurückschrecken. Das führt dazu, dass heute Grundstücke bebaut werden, die früher als unverkäuflich galten. Die in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie formulierte Handlungsmaxime der Innenentwicklung vor Außenentwicklung sollte man auf jeden Fall auch in Gummersbach befördern.

Bauen wird immer teurer. Ist der Traum von den eigenen vier Wänden selbst in eher ländlichen Regionen wie Gummersbach künftig noch realistisch?

Die Entwicklung der Grundstücks- und Baupreise kann seit einigen Jahren als dynamisch bezeichnet werden. Dagegen steht jedoch die anhaltende Niedrigzinsphase bei der Baufinanzierung, wodurch die höheren Preise teilweise ausgeglichen werden können.

Also sollte der Bauboom auch in naher Zukunft anhalten?

Wir stellen auf jeden Fall fest, dass die Nachfrage nach Grundstücken, Wohnungen und Häusern anhaltend hoch ist. Da die Finanzexperten davon ausgehen, dass die Niedrigzinsphase noch länger anhalten wird, wird sicherlich auch die Nachfrage vorläufig nicht einbrechen.

Die Stadt und ihre Entwicklungsgesellschaft entwickeln seit Jahren Grundstücke in Windhagen, auf dem ehemaligen Gelände der Fachhochschule am Sandberg könnte es weitergehen. Wie ist hier der Sachstand und was braucht die Kreisstadt noch an Flächen für die nächsten Jahrzehnte?

Der Sandberg befindet sich immer noch im Eigentum des Bau- und Liegenschaftsbetriebes. Eine Vermarktung ist seit längerem angekündigt. Sobald diese startet, wird sich die Stadt oder die Entwicklungsgesellschaft um den Erwerb bemühen, da diese Fläche ein großes Potenzial zur Entwicklung eines attraktiven, gemischten Wohnbaugebietes bietet.

Stadt Gummersbach hat Potenzialflächen für den Wohnungsbau

Gibt es weitere Möglichkeiten, in der Stadt Gummersbach zu bauen?

Darüber hinaus hat die Stadt Gummersbach im Flächennutzungsplan noch einige Potenzialflächen für Wohnungsbau dargestellt. Als zunehmende Schwierigkeit bei der Entwicklung stellt sich jedoch der Erwerb des Rohbaulandes dar, da Eigentümer häufig von völlig überzogenen Kaufpreiserwartungen ausgehen.

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Da der Ankaufspreis die erste Komponente bei der Bildung des Baulandpreises ist, darf dieser im Hinblick auf unser Bemühen zur Schaffung bezahlbarer Grundstücke nicht ins Unermessliche steigen.

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