Interview mit Bielsteiner TanzmäusenHeute wird kein Tänzer mehr belächelt

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Proklamation

Spektakulär: Bei der Prunksitzung in Emsdetten treten die Bielsteiner Tanzmäuse schon seit Jahren im  großen Zelt auf. 

  • Als die Garde "Bielsteiner Tanzmäuse" gegründet wurde tanzten gerade einmal sieben Mädchen auf der Bühne.
  • Mittlerweile sind es 20 Mädchen und 15 Männer.
  • Woher die Begeisterung für den Tanzsport kommt, wie viele Auftritte der Verein während der Session zu meistern hat und welche Voraussetzungen man als Tänzer mitbringen sollte.

Bielstein – Heute haben die Tanzmäuse des Bielsteiner Karnevalsvereins auf der eigenen Kostümsitzung den letzten Auftritt der Session, ehe am Tag nach Aschermittwoch bereits die Vorbereitung für die neue Session beginnt. Dass Tanzsport auch Leistungssport ist, darüber sprach Andrea Knitter mit den Kommandanten Dennis Gründler (27) und Marcel Winkler (31) sowie den langjährigen Trainern Gaby (62) und Volkmar Winkler (65).

Wann startet für Sie die Session?

Marcel Winkler: Bei uns heißt das Motto: Nach der Session ist vor der Session. Wir beginnen am Tag nach Aschermittwoch, also nächsten Donnerstag mit einem Probetraining für die neue Session.

Wie groß ist da der Zuspruch?

M. Winkler: Rund 20 Interessenten sind es schon, die in den vergangenen Jahren gekommen sind und sich für einen Platz bei uns beworben haben. Die meisten haben uns auf der Bühne gesehen oder sind aus dem Freundeskreis der Tanzgarde.

Wie erklären Sie sich den Zuspruch, vor allem da Sie ja viele Männer dabei haben?

Dennis Gründler: Das Ansehen der Tanzgarden hat sich verändert und unsere Leistung wird anerkannt.

M. Winkler: Früher wurde man oft belächelt, wenn man gesagt hat, dass man in einer Garde tanzt. So nach dem Motto: Das ist ja nicht schwierig. Wer uns sieht, sagt das nicht mehr.

Beim Interview: Die Kommandanten Marcel Winkler, Dennis Gründler und die Organisatoren Volker und Gaby Winkler.

Beim Interview: Die Kommandanten Marcel Winkler, Dennis Gründler und die Organisatoren Volker und Gaby Winkler.

Ist da der Name Tanzmäuse nicht ein bisschen irreführend? Das klingt doch eher niedlich und nach einer Kinder- oder Jugendgruppe.

M. Winkler: Der Name hat Tradition. Vor 33 Jahren wurde die Garde als „Die Mäuse“ gegründet. Sieben Mädchen traten auf, heute sind es 20 Mädchen und 15 Männer.

Volkmar Winkler: Wir haben schon darüber diskutiert, ob wir den Namen behalten sollen. Tatsächlich gibt es immer wieder Sitzungspräsidenten, die etwas anderes auf der Bühne erwarten. Dabei wissen die Literaten natürlich, was sie gebucht haben. Auf der anderen Seite ist unser Maskottchen, eine Maus, das einzige noch verbliebene Gründungsmitglied.

Gaby Winkler: Vor allem aber sind wir unter dem Namen überall bekannt.

Frau Winkler, Sie und Ihr Mann waren lange Jahre als Tanzpaar im Kölner Karneval unterwegs. Wie sind Sie zum Tanzen gekommen?

G. Winkler: Über die Tanzschule. Wir haben dort auch einen Rock’n’Roll-Kurs gemacht, sind aufgefallen und angesprochen worden. Das war 1977 und ich war 19 Jahre alt.

V. Winkler: Ich war 23 Jahre alt, als uns der Vertreter der KG Alt-Severin gefragt hat, ob wir nicht bei ihnen tanzen wollten. Daraus wurden 19 Jahre, auch weil, wir dort wie heute in Bielstein eine Gruppe zusammenhaben, mit der es Spaß macht.

Wie sind Sie zu den Tanzmäusen gekommen?

V. Winkler: Weil hier die Grundstücke günstig waren, sind wir nach Bielstein gezogen. Wir haben unsere Garde-Uniformen vor Ort in die Reinigung gebracht. Es sprach sich herum, dass ein Tanzpaar aus Köln im Ort wohnt, und wir wurden gefragt, ob wir nicht das Training der Tanzmäuse übernehmen wollen. Das war 1991, und wir sind bis heute dabeigeblieben.

Sind Sie immer noch Trainer?

V. Winkler: Nein, das waren wir 28 Jahre lang. Heute bin ich für die Organisation zuständig und meine Frau für die Musik.

Dann sind Sie, Marcel, als Sohn quasi in die Tanzmäuse hereingeboren?

M. Winkler: Im Grunde genommen schon, und da passt es auch, dass ich heute Geburtstag habe. Ich hatte mit neun Monaten meinen ersten Auftritt und bin als kleiner Junge über die Bühne gelaufen. Ich habe dann Handball gespielt und getanzt. Das wurde mir aber zuviel. Nach einer zweijährigen Auszeit bin ich mit 18 Jahren wieder eingestiegen und dabeigeblieben.

Wie ist es denn bei Ihnen gewesen, Herr Gründler?

Gründler: Durch eine Ex-Freundin habe ich zunächst mal geguckt und bin etwas später zum Training gekommen. Da war ich 18 Jahre alt und habe im ersten Jahr erstmal die Grundfiguren gelernt.

Braucht man besondere Voraussetzungen, um zu tanzen?

M. Winkler: Nein, obwohl es die Sache einfacher macht, wenn man ein gewisses Taktgefühl hat.

Gründler: Wir haben aber auch schon Fußballer und Menschen ohne jedes Taktgefühl zu guten Tänzern gemacht.

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In Köln gab es in dieser Session eine Diskussion darüber, dass es diskriminierend ist, Mädchen wegen ihres Gewichts aus den Tanzcorps auszuschließen. Spielte das bei den Tanzmäusen je eine Rolle?

V. Winkler: Nein, wichtig ist die Ausstrahlung, die Körpersprache und die Körperspannung. Natürlich eignet sich nicht jedes Mädchen dafür, gehoben und durch die Luft gewirbelt zu werden. Doch wir sind eine gemischte Gruppe und da haben auch die Solomariechen ihren Platz.

Gründler: Wir ergänzen uns einfach in der Gruppe.

Wie oft trainieren Sie in der Woche?

M. Winkler: Wir haben das ganze Jahr über zweimal die Woche Training. Dazu kommen freiwillige Einheiten am Wochenende. Montags trainiert uns mit Wolfgang „Mille“ Müller ein ehemaliger Tänzer der Tanzmäuse. Am Donnerstag sind Charena Stauff und René Janicke, die von den Rheinveilchen kommen, zuständig. Sie sind seit zwei Jahren dabei und haben neben neuen Würfen auch einen neuen Stil in die Garde gebracht.

Was hat sich konkret verändert?

D. Gründler: Wir machen jetzt Würfe wie den Saltowurf, den wir uns früher nicht getraut hätten. Das Training hat zudem eine klarere Struktur bekommen, die mit dem Aufwärmen beginnt und am Ende steht ein gemeinsames Stretching. Es gibt Balletteinheiten und oft noch eine Krafteinheit.

Wie lange dauert Ihr Programm?

M. Winkler: Es sind 30 Minuten mit vier Tänzen.

Wie viele Auftritte haben Sie pro Session?

M. Winkler: 40 bis 50. Dafür reisen wir unter anderem bis nach Emsdetten zur Prunksitzung, wo sich in den vergangenen Jahren echte Freundschaften entwickelt haben . Es könnten ruhig ein paar mehr Termine sein. Doch es ist das alte Leid, dass es einfach zu wenige Auftrittsmöglichkeiten für Tanzgruppen gibt.

V. Winkler: Wir fangen im November an, nehmen dann aber in der Weihnachtszeit keine Auftritte an, ehe es im Januar weitergeht. Die Tanzmäuse treten aber nicht nur in der Karnevalszeit auf, sondern bei Veranstaltungen das ganze Jahr über, sei es bei den Schützen oder Oktoberfesten.

Viel Zeit selber Karneval zu feiern, haben Sie dann aber nicht, oder?

Gründler: Das können wir erst, wenn heute Abend bei unserer Kostümsitzung der letzte Auftritt absolviert ist. Bei unserer eigenen Sitzung aufzutreten, ist ein echtes Highlight. Ansonsten ist Zuverlässigkeit eine Grundvoraussetzung, um bei uns mitzumachen. Aber Skiurlaub in der Session geht nicht.

M. Winkler: Wenn einer in der Gruppe ausfällt, dann ist er nicht so einfach zu ersetzen.

V. Winkler: Der Beruf geht bei allem natürlich vor, denn das Tanzen ist ja nur unser Hobby.

Gibt es einen Auftritt an den Sie sich besonders gerne erinnern und einen Ort, an dem Sie einmal auftreten möchten?

Gründler: Ein absolutes Highlight war vor sechs Jahren, als wir im Rahmen unsere Abschlussfahrt zwei Auftritte auf dem Kreuzfahrtschiff MSC Magnifika hatten.

G. Winkler: Es war einfach toll, wie wir in verschiedenen Sprachen angesagt wurden und die Menschen aus den verschiedenen Nationen mitgegangen sind.

Gründler: Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich gerne in der Lachenden Kölnarena auftreten.

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