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Lebendiges OberbergDie Stacheln des Igels schützen nicht vor dem Rasenmäher

4 min
Ein zusammengerollter Igel auf einer Wiese.

Wenn Gefahr droht, rollt sich der Igel zusammen. Rasenroboter können ihn dennoch verletzen.

Auch im Oberbergischen ist der Braunbrustigel bald wieder den tödlichen Gefahren der modernen Gartenpflege ausgesetzt.

Was rennt da über die Wiesen, was blüht hier am Wegesrand, was schwirrt über den See? Mit Unterstützung der Biologischen Station stellen wir Arten vor, die uns im Oberbergischen aufgefallen sind.


Die Tage werden jetzt wieder deutlich kürzer, die Kirschbäume erinnern mit beginnender Herbstfärbung und Laubfall an den heranrückenden Herbst. Während die Rasenmäher noch unermüdlich ihre Arbeit verrichten, naht der erste Einsatz der Laubbläser. Der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) ist der häufigste der zwei in Mitteleuropa vorkommenden Igelarten.

Neben dem auch Westeuropäischen oder Westigel genannten Vertreter der Familie gibt es noch den Nördlichen Weißbrustigel (Erinaceus roumanicus). Beiden bereitet die zunehmende Technisierung der Gartenpflege arge Probleme. Zum Straßenverkehr, der allein in Deutschland jährlich rund 500.000 Igel zu Tode bringt, kommen mit Laubbläser und Mähroboter neue Gefahren hinzu.

Braunbrustigel in Gefahr: Mähroboter als tödliche Bedrohung

Als hätte die Art nicht schon genug Sorgen aufgrund des Mangels an Unterschlupfen und Beutetieren. Die nachtaktiven Igel verlassen sich bei der Futtersuche, die aus Gliederfüßern (Insekten, Spinnen, Tausendfüßler) und Schnecken besteht, auf ihren feinen Geruchssinn. Einen Mähroboter, der seinen Dienst auch nachts verrichtet, können Igel nicht einordnen.

Wenn sie neugierig schnuppernd überprüfen, was sich da auf Augenhöhe durch das Gras bewegt, führt schon die erste Berührung mit der sensiblen Nase zu einer grausamen und meist tödlichen Gesichtsverletzung. In aller Regel schätzen Igel zwar den Mähroboter richtigerweise als Gefahr ein. Das Problem ist, dass sie in ihrer evolutionären Entwicklung gelernt haben, sich nicht auf die kurzen Beinchen zu verlassen und zu fliehen, sondern auf ihre wehrhaften Stacheln zu vertrauen und sich einzurollen.

Insektensterben bedroht die Nahrungsgrundlage der Igel

Das hilft gegen einige Beutegreifer aus der Tierwelt, aber nicht bei gefühllosen Robotern. Kleine, zusammengerollte Igel werden von den Maschinen einfach zerfetzt, größere erwischt es oft nur seitlich, was aber in vielen Fällen ebenfalls zum Tod oder mindestens zu schmerzhaften Verletzungen führt, wie Forschende des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in einer Studie aus den Jahren 2022/2023 belegten.

Nebenbei wirken Rasendünger mit Unkraut- und Moosvernichtungsmitteln im wahrsten Sinne des Wortes ätzend auf die sensiblen Tiere. Die Laubbläser hingegen stören die überlebenswichtige Winterruhe der Igel. Das passiert einerseits durch den enormen Lärm, andererseits pusten sie das Material potenzieller Winterquartiere weg und dezimieren durch die Beseitigung der herabfallenden Blätter den Lebensraum und die Nahrungsgrundlage der oben genannten Kleintiere, also jenen Organismen, die Igel zahlreich benötigen, um sich einen Winterspeck anzufressen.

Klimawandel bringt den Biorhythmus der Igel durcheinander

Der Mangel an kleinen Beutetieren ist auch unabhängig von Laubbläsern ein problematischer Faktor für die Fitness der Igel. Dass im Vergleich zu den 1980er Jahren nur noch ein Viertel der Masse an Insekten vorhanden ist, macht sich auch für den Braunbrustigel bemerkbar. Ausgeräumte Gärten, die keine Rücksicht auf wilde Mitbewohner nehmen und durch Maschendraht- oder Stabgitterzäune abgegrenzt werden, verstärken die Verknappung von Nahrung und Quartieren.

Dabei wäre es so einfach, das zu ändern, indem man seinen Garten naturnah und offen gestaltet, wie es der z.B. Naturgartenverein vorlebt. Zu all dem kommt der Klimawandel mit kürzeren und milderen Wintern hinzu, der den Biorhythmus der Igel durcheinanderbringt. Oft werden viel zu spät im Jahr noch Jungtiere geboren, die nicht mehr groß genug werden, um zu überwintern. Oder die Igel wachen zu oft auf und verlieren dabei viel Energie.

Unser realer Vertreter aus der Ordnung der Insektenfresser, die er mit Maulwurf und Spitzmaus teilt, konnte früher meist unbehelligt durch unsere Landschaft und Gärten streifen. Der Braunbrustigel ist eine Art, die im Siedlungsraum theoretisch sehr gut zu Recht kommen kann. Seltener und vorsichtiger Auto fahren und vor allem seinen Garten umweltfreundlich gestalten und pflegen, könnte enorm viel zum Positiven verändern.


Mensch und Igel

Schon im 19. Jahrhundert wuchsen Kinder mit der Geschichte über den Wettlauf zwischen Hase und Igel auf. Die Nachkriegsgeneration lernte Mecki, das Maskottchen der Fernsehzeitung Hörzu kennen, die sogar den Namen einer Frisur prägte. Nachfolgende Generationen fanden mit Sonic the Hedgehog eine smarte Alternative zum italienischen Klempner Mario für die Spielkonsole. Es wäre zu wünschen, dass es nicht an aufopferungsvollen Menschen, die in privaten Pflegestationen im wahrsten Sinne des Wortes „IGeL-Leistungen“ erbringen, hängen bleibt, der Art das Überleben im 21. Jahrhundert zu ermöglichen.