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Made in OberbergMarienheider Ideenschmiede in Sachen Kunststoff

Lesezeit 4 Minuten
In den Hallen der Röttger GmbH in Marienheide steht Patrick Fronius, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter.

In den Hallen der Röttger GmbH in Marienheide steht Patrick Fronius, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter.

Die Röttger GmbH aus Marienheide stellt Werkzeug für höchste Präzision im Spritzguss her.

Auf den ersten Blick wirkt die Fabrik im kleinen Industriegebiet an der Klosterstraße in Marienheide unspektakulär. Doch das täuscht. Die Röttger GmbH, gegründet 2004 von Klaus Röttger, ist eine kleine, aber feine Ideenschmiede, die Werkzeug für die Spritzgussindustrie entwickelt, konstruiert und herstellt. Die ersten zehn Jahre war das Unternehmen in Gummersbach angesiedelt, 2014 erfolgte der Umzug nach Marienheide.

Die Röttger GmbH in Marienheide ist Spezialist für hochwertige Spritzgusswerkzeuge.

Die Röttger GmbH in Marienheide ist Spezialist für hochwertige Spritzgusswerkzeuge.

Patrick Fronius (35) ist einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter. Er kennt die Firma von der Pike auf. „Ich habe hier meine Ausbildung als Werkzeugmechaniker gemacht und als Konstrukteur gearbeitet.“ Je nachdem, welche Kunststoffprodukte der Kunde herstellen will, gelten auch für das Werkzeug ganz verschiedene Anforderungen. Die Schießkraft – das ist der Druck, mit dem der flüssige Kunststoff in die Form gespritzt wird – reicht von einem Gramm bis zu 13 Tonnen. Dabei muss das Werkzeug mit höchster Präzision gefertigt werden, die Toleranzgrenzen liegen im Bereich von einem tausendstel Millimeter.

Möglich ist das nur dank modernster Lasertechnik und Fräswerkzeug. „Genauso wichtig ist aber auch das Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter“, betont Fronius. Zu den wichtigsten Kunden der Marienheider gehört die Automobilindustrie. Fronius nimmt das Gitter einer Lautsprecherabdeckung. Die Löcher in dem Gitter sind winzig klein. „Hier darf beim Guss kein einziger Grat stehen bleiben“, erklärt der Geschäftsführer.

Die Firma liegt an der Klosterstraße in Marienheide.

Die Firma liegt an der Klosterstraße in Marienheide.

Bestellt ein Kunde ein neues Werkzeug, will er sicher sein, dass es die Anforderungen erfüllt und bei der Fertigung möglichst kein Ausschuss entsteht. „Wir sind in der Lage, die Produktion bei uns im Werk abzubilden“, erklärt Fronius. Die Kunden kommen nach Marienheide. Erst, wenn die Prototypen genau dem Wunsch entsprechen, verlässt das Werkzeug die Fabrik.

Die kunststoffverarbeitende Industrie ist in Oberberg einer der größten Arbeitgeber. Viele Firmen, darunter auch die Röttger GmbH, haben sich in der Kunststoffinitiative Oberberg zusammengetan, um sich auszutauschen und voneinander zu profitieren. Was sich in der Theorie gut anhört, stoße in der Praxis schnell an Grenzen, sagt Fronius. „Ich würde mir wünschen, dass es mehr Bewusstsein für die Region gibt, gerade bei einigen größeren Unternehmen.“ Leider sei es oft so, dass   man Werkzeug nicht beim Nachbarn, sondern lieber in Malaysia kaufen würde, weil der Preis dort ein ganz klein wenig günstiger sei. Damit schwäche man den Standort. „Wir hatten in Deutschland mal viel Elektrotechnik. Die ist weitgehend verschwunden. Ich fürchte, dass es mit der Schlüsselindustrie Werkzeug- und Formenbau einmal genauso gehen wird.“

Krise der Automobilindustrie ist zu spüren

In den ersten Jahren produzierten die Marienheider fast ausschließlich für die Automobilindustrie, heute macht diese nur noch 40 Prozent aus. Dass die deutsche Autoindustrie und ihre Zulieferer in der Krise stecken, bekommt auch das Marienheider Unternehmen zu spüren. Ein Ausweg: Die Röttger GmbH setzt verstärkt auf Lohndienste für andere Unternehmen in der Region und Europa.

Aktuell arbeiten in Marienheide rund 30 Mitarbeiter, Tendenz leicht steigend. Der Jahresumsatz liegt bei rund 3,5 Millionen Euro, Gewinne würden reinvestiert, sagt Fronius. Als kleines Unternehmen sei man viel flexibler als große Firmen. Es gebe flache Hierarchien, und wenn man von einem Bewerber für einen Arbeitsplatz überzeugt sei, könne man individuelle Lösungen finden.

Flexibilität ist eine unserer Stärken. Ob ein Mitarbeiter morgens um 6 oder um 9 Uhr kommt, ist mir völlig egal
Patrick Fronius, Geschäftsführender Gesellschafter

„Der eine wohnt vielleicht außerhalb und braucht einen Fahrtkostenzuschuss, ein anderer einen Dienstwagen, auch wenn er nicht im Außendienst arbeitet. Da sind wir absolut flexibel, wie auch bei der Arbeitszeit. Ob ein Mitarbeiter morgens um 6 oder um 9 Uhr anfängt, ist mir völlig egal“, erklärt der Geschäftsführer den Unterschied.

Das spricht sich herum und so kann das Marienheider Unternehmen nicht über mangelnde Bewerber klagen – ganz im Gegensatz zu vielen anderen Industrieunternehmen.

Auch in der NRW-Landesregierung in Düsseldorf hat man das Potenzial der Röttger GmbH erkannt. Beim Innnovationswettbewerb „Industrie.in.NRW2“ wurden 23 besonders zukunftsfähige Projekte zur Förderung vorgeschlagen. „LeiBat“ nennt sich eines davon. Ziel ist die Entwicklung und Herstellung eines recyclingfreundlichen Batteriegehäuses für die Automobilindustrie. Zu den Partnern gehört die Universität Siegen, die ihrerseits wiederum die Röttger GmbH an Bord geholt hat, weil man dort über das nötige Know-how für technische Kunststoffe und Metallumformungen verfügt. Auch sonst arbeiten die Marienheider mit der Forschung zusammen, unter anderem mit der Technischen Hochschule Köln und dem Kunststoffinstitut Lüdenscheid.