„Krautpunk“Nümbrechter Familienmanufaktur kreiert Gewürze

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Maria Feddersen-Clausen arbeitet an neuen Kreationen.

Maria Feddersen-Clausen arbeitet an neuen Kreationen.

Nümbrecht – Wind im Haar, Salz auf der Haut – mit seinen blonden Locken und dem wilden Bart würde man Oliver Feddersen-Clausen (54) sofort glauben, dass er ein Nordsee-Fischer ist. Ist er aber nicht, auch wenn der Hof seiner Großeltern bei Niebüll in Nordfriesland der Lieblingsort in seiner Kindheit war.

Aber kann es sein, dass die Geschichten von großen Seefahrern und versunkenen Piratenschätzen etwas damit zu tun hatten, dass Oliver Goldschmied geworden ist? Schon möglich. Sicher ist aber, wer an der Küste aufgewachsen ist, wird sie nie mehr los – die Liebe zum Meer und die Sehnsucht danach. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis die Sehnsucht nach dem Meer ihn wieder zurückbrachte, diesmal allerdings nicht an die Küste, sondern zum Gold des Meeres – zum Salz.

Erste Arbeit an eigenem Rotwein-Salz

Während seiner Ausbildung zum Goldschmied jobbte er in einem indischen Restaurant, dort entdeckte er das Kochen für sich. Rückblickend sagt er: „Seitdem ist die Küche für mich ein sehr kreativer Ort.“ Über Umwege kam er zur Halbleiterentwicklung, aber er vermisste das sinnliche Arbeiten. Dass er beim Gewürzsalz landen würde, wusste er erst nach einem Familienurlaub in Norwegen.

Das Rotweinsalz aus einem kleinen Fährshop war für ihn und seine Ehefrau Maria (48), eine Kunsttherapeutin mit sizilianischen Wurzeln, geschmacklich eine solche Enttäuschung, dass sie sich sofort selbst an die Töpfe machten. Die beiden versuchten, aus ihrem Lieblings-Rotwein ein eigenes Rotweinsalz zu kreieren, entschieden jedoch schnell, den Rotwein lieber im Glas zu lassen.

Oliver Feddersen-Clausen arbeitet mit seiner Familie Hand in Hand.

Oliver Feddersen-Clausen arbeitet mit seiner Familie Hand in Hand.

Krautpunkt: Experimente mit frischem Wacholder

Das Salz aber hat Feddersen-Clausen nicht mehr losgelassen. Er hat einfach weiter probiert, erst mit Chili, dann mit Estragon und schließlich mit Rosmarin – und damit war die Familienmanufaktur in Nümbrecht geboren. Ein erstes Dörrgerät für die Gewürzsalze und halbgetrockneten Kräuter war schnell gekauft, das kleine Werkstatthaus wurde vorschriftsmäßig zur Kräuterküche umgebaut. Der Firmenname „Krautpunk“ erinnert an den Krautrock, der Ende der 1960-er aufkam und für den Experimentier- und Improvisationsfreude charakteristisch waren. Das gilt auch für Feddersen-Clausen und seine Gewürze: Denn so sehr er auf die traditionelle Herstellung setzt, so wichtig ist es ihm, „die Gewürze neu und punkig zu denken und zu experimentieren“.

Deshalb setzt er auch halbgetrocknete Kräuter, die viel aromatischer sind als die üblichen trockenen Kräuter. Im vergangenen Sommer hat er Wacholdersalz mit frischem Wacholder kreiert. Bislang wurde bei Gewürzen nur mit getrocknetem Wacholder gearbeitet, während frischer Wacholder für die Herstellung von Gin bekannt ist. „Krautpunk“ ist, so weit Oliver weiß, die erste Gewürzmanufaktur, die sich an den frischen Wacholder wagte. Feddersen-Clausen gibt mit dem Wacholdersalz Burgerfleisch einen außergewöhnlichen Geschmack, während er für ein gegrilltes Steak auf sein Chili-Meersalz „Trinidad Moruga Skorpion“ setzt.

Zusammenarbeit mit Gemüsebauern aus der Region

Im Moment testet er Wildfenchel und Meerfenchel. „Wildfenchel ist eine italienische Delikatesse, Meerfenchel kam früher gegen Skorbut auf Schiffsreisen mit“, sagt Feddersen-Clausen über seine neueste Kreation, die vermutlich im Frühsommer ins Sortiment kommt, wenn er bis dahin zufrieden ist mit dem neuen Salz. Frau Maria schwört auf die Chili-Ringe, Sohn Jonte (12) liebt Brot mit Olivenöl und gesalzenem Rosmarin.

Auch Sohn Jonte arbeitet mit.

Auch Sohn Jonte arbeitet mit.

Die Gewürzmanufaktur ist für Maria Feddersen-Clausen „ein unglaublich sinnlicher Ort, der mich sehr erfüllt und erdet“. Es seien die Gerüche der Kräuter bei ihrer Verarbeitung, die leuchtenden Farben, der Geschmack – für beide ist es ein Genuss, zu zupfen, zu schneiden und abzuschmecken. Und wenn frische Kräuter geliefert werden, dann wird Tag und Nacht gearbeitet, wobei Oliver Feddersen-Clausen die Ruhe der Nacht genießt und Maria das Licht und die Wärme des Tages braucht. Bei ihren Zutaten arbeitet das Paar gern mit Gemüsebauern aus der Region zusammen, etwa mit „Biogemüsebau Bunte Beete“ in Lindlar-Hinterrübach.

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Oliver Feddersen-Clausen ist es wichtig, so viel Frische wie möglich ins Glas zu bringen. Dafür tüftelt er ständig, um die Gewürzherstellung zu verbessern – im Moment an einem neuen Trockenschrank. Dieses Jahr will Oliver sich nun ganz der Salzmanufaktur zuwenden und hauptberuflich „Krautpunker“ sein, was bislang noch nicht möglich war.

Erhältlich sind die Gewürze etwa online bei Krautpunk, im Bioladen „Landgefühl“ in Wiehl und in Köln im „Schee“ (Maastrichter Straße).

www.krautpunk.de

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