Die Walz führte ihn bis Peru, jetzt ist Max Fischer wieder in Marienberghausen.
Wieder in NümbrechtMax Fischer war drei Jahre auf der Walz

Wenige Meter von Zuhause entfernt musste Max Fischer noch das Ortsschild überwinden.
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Nach dreieinhalb Jahren, tausenden von Kilometern und ebenso vielen Abenteuern trennt Max Fischer am Samstagnachmittag nur noch das Ortsschild der Nümbrechter Ortschaft Marienberghausen vom Ende seiner Walz. Doch dieses Schild muss im wahrsten Sinne des Wortes überwunden werden: Zuerst fliegen Wanderstock und Habseligkeiten darüber, dann geht es – gestützt auf die Wanderstöcke der mitgereisten Wandergesellen – hinauf.
Oben angekommen, bedankt sich der 26-Jährige und lässt sich auf der anderen Seite in die wartenden Arme von Familie und Freunden fallen, die sich zahlreich versammelt haben, um den Heimkehrer endlich in Empfang zu nehmen. Im Januar 2022 hatte er das Ortsschild in entgegengesetzter Richtung „überquert“ und seine Wanderschaft als Rolandsbruder und Teil des Rolandschachtes – eine Zunft von reisenden Handwerksgesellen – begonnen, nachdem er zuvor in Nümbrecht eine Ausbildung zum Dachdecker und Zimmerer absolviert hatte. „Ich wollte dem Karneval für drei Jahre entfliehen“, scherzt Fischer, bevor er erklärt: „Ich war einfach neugierig auf die Welt. Es ist eine tolle Gelegenheit, verschiedene Kulturen, Handwerksarten und Menschen kennenzulernen. Menschen, mit denen man ein Leben lang verbunden bleibt.“
Weit über die Grenzen von Deutschland hinaus
Diese Neugier trieb ihn weit über die Grenzen Deutschlands hinaus: Der Nümbrechter hat nicht nur in verschiedenen Ländern Europas gearbeitet, darunter Norwegen, Liechtenstein und Rumänien. Er reiste sogar bis nach San Francisco und zum Machu Picchu in Peru. Bei der Auswahl seiner Stationen war entscheidend: Kein Ort durfte sich näher als 60 Kilometer an seiner Heimat befinden. Außerdem musste die Wanderung mindestens drei Jahre und einen Tag dauern – also länger als die Ausbildung. Unterwegs hatte er nur sein Charlottenburger bei sich – ein Tuch, in dem seine Wäsche, seine Arbeitskleidung und ein Schlafsack verstaut sind – sowie seinen Wanderstock. Fast wichtiger jedoch ist, was er nicht dabei hatte. Und das waren Geld, ein Handy oder sonstige Elektronik.
Damit der Start seiner Wanderschaft trotzdem gelang, wurde Max Fischer in den ersten drei Monaten von einem erfahrenen Rolandsbruder begleitet, der von allen nur „Kiste“ genannt wird. Während dieser ersten Zeit ist jeglicher Kontakt zu den Zurückgelassenen untersagt. Erst mit der sogenannten Ehrbarkeit, die bei den Rolandsbrüdern durch ein blaues Band symbolisiert wird, darf wieder Verbindung aufgenommen werden – was aufgrund der fehlenden Elektronik dennoch nur sporadisch möglich ist. Umso größer war nun die Freude über das Heimkommen, zu der auch Wandergesellen von weither angereist waren, die Fischer unterwegs kennengelernt hatte, und ihre Walz schon länger beendet haben. Für Gelächter sorgte am Samstag vor allem das traditionelle Suchen nach dem Schnaps, der beim Abschiedstrunk in der Nähe des damaligen Ortsschilds vergraben worden war.
Das aktuelle Ortsschild steht heute leicht versetzt, wodurch die genaue Stelle von damals nur schwer zu finden war. Doch es flossen auch Tränen. „Er ist als Junge gegangen und kommt jetzt als erwachsener Mann zurück“, sagt Christof Fischer, der Vater von Max und scherzt gleich hinterher: „Ab morgen muss er Miete zahlen.“ Das wird allerdings nur vorübergehend sein, denn Max Ankunft in Nümbrecht ist nur ein Zwischenstopp, bevor er im August seine Meisterausbildung in Kaiserslautern beginnt, sodass auch eine neue Reise ihren Anfang nimmt. Lilian Kraft