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StreikAm Mittwoch bleiben fast alle Apotheken in Oberberg zu – Notdienst sichergestellt

Lesezeit 3 Minuten
Passanten gehen an einem Schaufenster einer geschlossenen Apotheke vorbei, in dem ein Schild mit der Aufschrift „Warnstreik!“

Am Mittwoch bleiben viele Apotheken geschlossen, der Notdienst ist aber gesichert. 

Rund 95 Prozent der Apotheken im Oberbergischen Kreis beteiligen sich am bundesweiten Streik gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung.

Auch rund 95 Prozent der Apotheken im Oberbergische Kreis bleiben am Mittwoch geschlossen, wenn bundesweit Apothekerinnen und Apotheker auf die Straße gehen, um gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Sie fordern eine Erhöhung des Festbetrags für Arzneimittel von derzeit 8,35 Euro netto auf 12 Euro. Apotheken würden „kaputtgespart“, so der Vorwurf der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Bei Lieferengpässen wünschen sich Apotheken mehr Entscheidungsspielraum.

„Wir streiken für die Patienten“, sagt Sebastian Gissinger. Er ist Vertrauensapotheker in Oberberg und Inhaber der Hirsch Apotheke in Engelskirchen-Ründeroth. „Momentan stehen wir vor vielen Herausforderungen. Die Lieferengpässe bei Medikamenten spüren wir und die Patienten jeden Tag“, sagt er. Und natürlich gehe es bei dem Streik auch um das Personal in den Apotheken selbst, das sich für mehr Gehalt stark macht. Zudem kämpfen viele Apotheken mit Personalmangel.

Notdienst der Apotheken in Oberberg bleibt während dem Streik geöffnet

Diesen bekam Ulrike Horwarth, Inhaberin der Bergischen Apotheke in Wiehl-Bielstein, Anfang des Jahres zu spüren, als sie wegen fehlendem Personal die Ginkgo-Apotheke in Drabenderhöhe dauerhaft schließen musste. „Zum Glück konnte ich alle Mitarbeiter in der Bergischen Apotheke unterbringen.“

Trotz einzelner Schließungen sei der Oberbergische Kreis an Apotheken aber gut aufgestellt, betont Gissinger. Wie seiner Kollegin Ulrike Horwarth fehlen auch ihm konkrete Taten der Bundesregierung auf gemachte Versprechungen, die Lieferengpässe bei Medikamenten zu entschärfen. Deshalb werden   beide am Mittwoch nach Düsseldorf fahren. „Wir müssen alle an einen Fleck, damit der Streik sichtbar wird“, so Gissinger.

Ab 11 Uhr findet am Mittwoch in Düsseldorf eine Großkundgebung statt. Der Apothekerverband Nordrhein und die Apothekerkammer rechnen mit mehreren tausend Teilnehmern. Auch Martina Dammüller, Inhaberin der Cosmas- und der West-Apotheke in Wipperfürth, und Pressesprecherin der oberbergischen Apotheker, will daran teilnehmen, und zusammen mit ihren Angestellten protestieren.

Lieferengpässe: Die Leittragenden sind die Patienten in den Apotheken

Aus ihrer Sicht läuft zur Zeit vieles falsch. „Seit Monaten kämpfen wir mit Lieferengpässen, die Leidtragenden sind die Patientinnen und Patienten.“ Von den rund 4000 Medikamenten seien rund 300 nicht lieferbar, darunter seien Antibiotika, Penicillin, aber auch Chemotherapie-Präparate für Krebspatienten. „Viele Kunden sind hilflos“, so Dammüllers Erfahrung.

Sei ein bestimmter Wirkstoff nicht lieferbar, müssten die Apotheken bei den Ärzten, die das Rezept ausgestellt haben, anrufen, das koste viel Zeit und werde nicht vergütet. Generell kritisieren die Apotheker die aus ihrer Sicht prekäre finanzielle Lage. „Seit zehn Jahren gab es keine Honorarerhöhung mehr“, sagt Dammüller. Der Protest richte sich nicht gegen die Patienten, sondern solle ihnen helfen.

Diese werden bereits seit vielen Tagen in den oberbergischen Apotheken über den Streik und die Schließung am Mittwoch informiert. „Die Patienten haben viel Verständnis für uns, denn sie bekommen ja selbst die Probleme zu spüren“, berichtet Gissinger. Sorgen, dass er am Mittwoch keine wichtigen Medikamente bekomme, müsse sich niemand machen. Der 24-Stunden-Notdienst ist, wie sonst auch, von 9 Uhr bis 9 Uhr sichergestellt.

Andreas Böhm ist Inhaber der Löwen-Apotheke in Wipperfürth. Er wird seine Apotheke am Mittwoch bis 12.30 Uhr offen halten, zumal er an diesem Tag ohnehin verschiedene Heime beliefern müsse. Die Entscheidung, am Protesttag nicht teilzunehmen, sei ihm nicht leicht gefallen. Generell halte er den Protest für eine gute Sache. „Aber ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, wenn Patienten vor verschlossener Tür stehen“, so Böhm.