ReaktionenScheitern des Haushalts spaltet die politischen Lager

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Neu gebaut wird im Kreishaus womöglich der Doppeletat für 2021 und 2022 nach der Abstimmung am Donnerstagabend.

Neu gebaut wird im Kreishaus womöglich der Doppeletat für 2021 und 2022 nach der Abstimmung am Donnerstagabend.

Oberberg – Katerstimmung auf der einen Seite, Euphorie auf der anderen. Am Tag nach der denkwürdigen Kreistagssitzung, bei der ein Grünen-Antrag dem zuvor lange beratenen Haushaltsplanentwurf ein abruptes Ende bereitete, sind die politischen Lager gespaltener als je zuvor.

Wie berichtet, wollte die Fraktion der Grünen die Ausgleichsrücklage zugunsten einer niedrigeren Kreisumlage nutzen. In geheimer Abstimmung gab es überraschend eine Mehrheit von 32 Stimmen (bei 31 Gegenstimmen und einer Enthaltung). Das machte den kompletten Etatentwurf obsolet.

CDU-Fraktionschef Michael Stefer und sein Kollege Reinhold Müller von der FDP sagen übereinstimmend, dass sie einen solchen Vorgang in ihrer langjährigen politischen Arbeit noch nicht erlebt haben. Sowohl bei den Christdemokraten als auch bei FDP/FWO/DU, die gemeinsam mit ihrem Kooperationspartner UWG eine Mehrheit von 34 Stimmen haben, sucht man nach Erklärungen für das aus ihrer Sicht desaströse Stimmergebnis. Ein CDU-Abgeordneter fehlte bei der Sitzung. Mindestens ein weiteres Kreistagsmitglied aus diesen Reihen muss sich seiner Stimme enthalten, ein drittes für den Grünen-Antrag gestimmt haben. „Ein Missgeschick“ vermutet CDU-Fraktionschef Stefer: „Offenbar hat da jemand aus Versehen das Kreuz an der falschen Stelle gemacht.“

Grüne feiern ihren Erfolg

Von einer „Panne“ spricht Müller: „Der Pandemie geschuldet haben wir vor der Sitzung darauf verzichtet, unsere Leute einzuschwören. Vielleicht war da jemandem nicht klar, was seine Stimme für Folgen hat.“ Während Jürgen Poschner (UWG) die Hand dafür ins Feuer legt, dass er und seine beiden Kollegen gegen den Grünen-Antrag gestimmt hätten, wollen Stefer und Müller nicht spekulieren, wer aus ihren Reihen der Opposition zum Erfolg verholfen hat.

Die feierte nach der Sitzung ihren Coup. Grünen-Fraktionssprecherin Andrea Saynisch: „Wir haben mit ein paar Leuten von der SPD und Linken angestoßen und vereinbart, dass wir im intensiven Austausch bleiben und so weiterarbeiten werden.“ Saynisch hofft, dass es nicht immer geheime Abstimmungen braucht, damit ihre Anträge durchkommen: „Denn obwohl wir fachkundige Leute haben, werden wir von CDU und FDP nicht ernstgenommen. In der Regel werden unsere Anträge pauschal abgelehnt.“

Einen schlechten politischen Stil im Kreistag werfen jedoch auch CDU und FDP der Konkurrenz vor. Müller: „Die emotional aufgeheizte Stimmung ist von ganz neuer Qualität.“ Stefer: „Die Grünen vermitteln den Eindruck, dass sie vor Kraft kaum laufen können.“ Argumenten seien sie nicht zugänglich.

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Und wie geht’s nun mit dem Haushalt weiter? Wie schnell die Kreisverwaltung einen neuen Etat durchgerechnet hat und wann der Kreistag den dann beschließen kann, war am Freitag noch unklar. Zudem hatte Landrat Jochen Hagt noch in der Sitzung angekündigt, dass er den erfolgreichen Grünen-Antrag rechtlich prüfen lassen wolle.

Es steht im Raum, dass die Grünen von falschen Zahlen ausgegangen seien, weil die Ausgleichsrücklage seit der Haushaltseinbringung von rund elf auf knapp sechs Millionen geschrumpft ist, wie Kämmerer Klaus Grootens noch vor der Abstimmung erläutert hatte.

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