Eröffnung in 2020Sternwarte Schnörringen jetzt schon bei Astronomen beliebt

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Unter der Kuppel (oben) des Neubaus steht noch kein Teleskop.

Unter der Kuppel (oben) des Neubaus steht noch kein Teleskop.

  • Die Sternwarte in Schnörringen wird das größte Teleskop in NRW haben.
  • Da das Interesse an der Sternwarte so hoch ist, öffnet sie vielleicht schon 2019 ein erstes Mal ihre Türen.

Schnörringen – Das Tor zum Weltraum liegt mitten auf dem Land. Vor einem kleinen Stall gackern Hühner, auf der angrenzenden Wiese fährt ein Traktor Gülle aus. Genau hier, am Rande des Waldbröler Dorfes Schnörringen mit seinen 160 Seelen, ist ein guter Platz für die neue Sternwarte, sagt der Astrophysiker Dr. Thomas Eversberg und zeigt auf die nur wenigen Häuser ringsum. Mit Umgebungslicht werden Eversberg und sein Kollege Dr. Klaus Vollmann kaum zu kämpfen haben, wenn sie erstmals durch ihr lichtempfindliches Teleskop ferne Sterne und Galaxien in den Fokus nehmen.

Eversberg und Vollmann haben unsere Zeitung zur Besichtigung der 160 Quadratmeter großen Räume eingeladen, die ab dem Jahr 2020 die „Schüler- und Ausbildungssternwarte Schnörringen“ bilden sollen. Gerade erst wurde der Estrich verlegt, die Deckenverkleidung folgt bald. Schon jetzt lässt die sechs Meter breite Kuppel über dem Gebäude keinen Zweifel, das hier Weltraumforscher einziehen werden.

Die Hobby-Astronomen Dr. Thomas Eversberg und Dr. Klaus Vollmann (auf dem Foto v.l., mit Jens Eichner vom Kreis).

Die Hobby-Astronomen Dr. Thomas Eversberg und Dr. Klaus Vollmann (auf dem Foto v.l., mit Jens Eichner vom Kreis).

Das schwere Metalldach haben die beiden Initiatoren vom Geodätischen Observatorium im oberbayerischen Wettzell gebraucht gekauft und von hiesigen Spediteuren per Schwertransport bringen lassen. „Die haben das umsonst gemacht“, betont Eversberg und berichtet von mehreren Firmen, die das Projekt unterstützen. Die Kuppel mit Luke lässt sich in alle Himmelsrichtungen bewegen, das Teleskop aber lagert noch und wartet auf seinen Einbau.

Mit dem 1,3 Tonnen schweren Ritchey-Chretien-Reflektor fing vor zehn Jahren alles an, berichtet Dr. Vollmann. Er und Eversberg ersteigerten das Teleskop bei einer Auktion für 40.000 Euro – Vollmanns Vorhaben, eine neue Küche zu kaufen, wurde vertagt. Das Angebot war einfach zu verlockend. Vorbesitzer war die Universität München, die das drei Meter lange Profigerät nur weggab, weil sie sich ein neues kaufen konnte.

Größtes Teleskop in NRW

Produziert in Colorado (USA), kostet ein neues Gerät dieses Typs heutzutage 700.000 US-Dollar. Gerade mal 150 davon gibt es weltweit. „Wie ein Sechser im Lotto“, sagt Vollmann. Mit seinem 80 Zentimeter großen Spiegel und der Brennweite von zehn Metern kann es etwa Mondkrater zum Greifen nah machen. Doch um den Mond wird es den Schnörriger Weltraumspähern nicht so sehr gehen, sondern eher um viel weiter entfernte Sternspuren und kontrastarme Weltraumnebel, die per Belichtungsreihen sichtbar gemacht werden.

Schon jetzt sei das noch verpackte Teleskop das größte in Nordrhein-Westfalen, sagt Eversberg. Damit es auch zum größten Teleskop im Einsatz wird, gründeten die Initiatoren im Jahr 2009 den „Initiativkreis Schnörringen Telescope Science Institute“ (STScI). Allmählich nahmen die Pläne für den Bau der Sternwarte Form an. Mit der Errichtung des runden Teleskopturms begannen die Arbeiten vor vier Jahren. Der Reflektor selbst wird auf einem eigenen Fundament lagern, das auf einem Fels eineinhalb Meter unter der Erde fußt. Wichtig, damit das Teleskop später nicht erschüttert wird. Während das Gebäude nach und nach wuchs, sprach sich nicht nur in Fachkreisen herum, was da Faszinierendes in Schnörringen passiert.

Der Innenausbau der 160 Quadratmeter großen Räume geht voran.

Der Innenausbau der 160 Quadratmeter großen Räume geht voran.

Der Oberbergische Kreis engagierte sich mit 10.000 Euro, indem er den Strom- und Wasseranschluss bezahlte. Die Kulturförderung des Landschaftsverbands Rheinland gab 148.000 Euro, und die Wipperfürther Hans-Hermann-Voss-Stiftung unterstützte das Projekt mit 58.000 Euro – denn alle sehen hier etwas wachsen, dass weit über den privaten Spaß zweier Astronomen hinausgeht. Die Sternwarte solle allen voran dem Nachwuchs zur Verfügung stehen, sagt Eversberg.

Ein alter Pakt

Dass ein Observatorium in einem kleinen oberbergischen Dorf entsteht, liegt an einer Abmachung: Der Astrophysiker Dr. Thomas Eversberg und der Atmosphärenphysiker Dr. Klaus Vollmann stammen beide aus Hagen und kennen sich bereits seit den 1980er Jahren. In dieser Zeit hätten die beiden Weltraumbegeisterten einen Pakt geschlossen, berichtet Eversberg: „Wer zuerst ein geeignetes Grundstück hat, stellt es für ein Teleskop zur Verfügung.“ Vollmann musste liefern, nachdem er 1998 nach Schnörringen gezogen war. Ein Jahr später bauten die beiden auf dem Gelände ihre erste Sternwarte in zwei kleinen Gartenhütten (Foto). Der Nachfolger soll das bei weitem übertreffen.

Beide Wissenschaftler sind auch im Hauptberuf mit Weltraumforschung beschäftigt. Sie arbeiten beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Dr. Eversberg ist Projektleiter für ein Radar, das Weltraumschrott ausfindig machen soll. Dr. Vollmann arbeitet an Robotertechnik für den Einsatz im All. „Wir sind Profi-Wissenschaftler und bekloppte Hobbyastronomen zugleich“, sagt Eversberg. Ihr Verein, der „Initiativkreis Schnörringen Telescope Science Institute“ arbeitet mit drei Schulen zusammen: Schülern der Gesamtschule Waldbröl sowie der Gymnasien in Waldbröl und Wissen werden lehrreiche Einblicke in den Weltraum ermöglicht. Wenn die neue Sternwarte fertig ist, sollen es mehr Schulen werden. (ag)

www.stsci.de

Schulen werde die Möglichkeit eröffnet, die Profianlage zu nutzen. Lehrern sollen Schlüssel für die Sternwarte überlassen werden, um etwa mit ihren Astronomie-AGs den Kosmos zu erforschen. „Eine große Chance für die Jugend“, sagt Eversberg, der mit Hunderten Schulanfragen aus dem ganzen Land rechnet, sobald die Sternwarte eröffnet ist. Jens Eichner vom Kreis verspricht sich von der Sternwarte einen weiteren Baustein in der Mint-Förderung. Viele Astro-Wissenschaftler haben schon längst mitbekommen, welche Möglichkeit sich ihnen hier bieten wird. „Kollegen, die hier forschen wollen, wird das nur erlaubt, wenn sie dabei mit Schulen zusammenarbeiten“, berichtet Vollmann von seiner Antwort auf die Anfragen.

Zu 90 Prozent ist die Sternwarte fertig. Ein 64 Quadratmeter großer Seminarraum mit angeschlossener Teeküche neben dem Teleskopturm wird der theoretischen Arbeit dienen. Im hinteren Teil angeschlossen ist ein Sanitärraum sowie zwei Schlafräume, für die der Oberbergische Kreis nicht mehr benötigte Betten aus der Flüchtlingshilfe zur Verfügung stellen will. Im Außenbereich werden drei mannshohe Würfel aufgebaut, die je einem kleineren Teleskop Schutz bieten. Vollmann: „Die Würfel werden auf Schienen beiseite geschoben, sodass die Teleskope freistehen.“ Allein die Kosten für das Gebäude beziffern die beiden Initiatoren auf 150.000 Euro.

Eversberg und Vollmann wissen, welch großes Interesse ihr Projekt bei vielen Menschen weckt. Damit jeder einen Einblick erhält, wollen sie Tage der offenen Tür anbieten. Vielleicht schon im kommenden Jahr am bundesweiten Tag der Astronomie Ende März. Spätestens aber, wenn die Sternwarte 2020 in Betrieb gegangen ist. Doch bis dahin ist noch viel zu tun.

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