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BaumpflegeNabu-Ortsgruppe Waldbröl schneidet Kopfweiden

Lesezeit 3 Minuten
Kopfweidenschnitt Hermesdorf, Kopfweiden aus ehemaligen Zaunpfählen

Einen ganzen Kopf kürzer machte die Gruppe um Reiner Stegemann (u.l.) die Hermesdorfer Weiden am Wochenende – und hatte gleich kreative Verwendung für das angefallene Schnittgut.

In Waldbröl-Hermesdorf sind Kopfweiden einen „Kopf kürzer gemach“t worden.

„Kopfweiden sind ein wertvoller Lebensraum“, schilderte Reiner Stegemann, Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe Waldbröl, am Samstagmorgen bei der Baumpflege im Waldbröler Ortsteil Hermesdorf. Gerade alte Exemplare der Kopfweiden enthielten viele Hohlräume im Stammholz – das perfekte Zuhause für Steinkäuze, Fledermäuse und viele andere Höhlenbrüter.

Freiwillige folgten dem Aufruf

Eine Gruppe von Freiwilligen war dem Aufruf der Ortsgruppe gefolgt, um bei einem älteren Ehepaar, das die Arbeiten am Baum nicht mehr selbst durchführen kann, die Weiden an dem kleinen Bachlauf „einen Kopf kürzer zu machen“. Mit Sägen, Fuchsschwänzen, Astscheren und einem akkubetriebenen Hochentaster rückten sie den bis zu fünf Zentimeter dicken Ästen zu Leibe. Sogar eine handbetriebene Kettensäge fand Verwendung. Stegemann erklärte, dass der Nabu damit eine alte Tradition weiterführen wolle, denn das „Schneiteln“ der Kopfweiden werde schon seit Jahrhunderten praktiziert. Je nach späterer Verwendung des Schnittgutes, wurden die Weiden früher alle drei bis zehn Jahre geschnitten. Dünne Zweige wurden für die Korbflechterei und für die Ausfachung von Fachwerkhäusern verwendet. Stärkere Äste nutzte man als Zaunpfosten. Diese bildeten im feuchten Boden aufgrund ihre Wuchsfreudigkeit sehr schnell neue Wurzeln, so dass oftmals aus einer Reihe Zaunpfähle eine Allee aus Kopfweiden entstand.

Kopfweide ist keine eigene Art

Der Vorsitzende erläuterte, dass die „Kopfweide“ keine eigene Art sei, sondern eine Wuchsform der Weide. Meist würden Silber- oder Korbweide verwendet, aber es gebe auch andere Baumarten, die als Kopfbäume erzogen würden, etwa Linden oder Buchen. Nach wiederholtem „Schneiteln“ forme sich im Laufe der Jahre der namensgebenden Kopf. Durch die hohe Vitalität der Weide bilde sich nach dem Schnitt eine große Zahl neuer Triebe, die nach dem ersten Kopfschnitt dann regelmäßig dicht am Stamm geschnitten werden müssten, um die Statik des Baumes nicht zu gefährden. 

Kurzlebiges Weichholz

Die Bedeutung für den Naturschutz ergibt sich nämlich aus dem kurzlebigen Weichholz der Weiden. Durch Fäulnisprozesse entstehen Hohlräume, die Lebensraum für Fledermäuse, Eulen und Vögel bieten. Auch Insekten finden dort ein Zuhause und für Bienen sind die Weidenkätzchen, die im Spätwinter blühen, die erste Nahrung im Jahr. Für Stegemann – im Brotberuf Apotheker – ist die Weide eine alte Bekannte: „Aus ihrer Rinde wurde früher der Wirkstoff des Aspirins isoliert.“ Der Wirkstoffname „Salicylsäure“ leite sich aus dem lateinischen „Salix“ für Weide ab. Das Schnittgut fand am Samstag unter den Teilnehmern gleich Abnehmer – zum Körbe flechten oder als Osterdekoration, beispielsweise als Kranz oder auch in Herzform. Die Waldbröler Ergotherapeutin Ilka Huland nutzt die Zweige noch auf ganz andere Weise: Sie formt Trichter, die sie mit den Hundehaaren ihrer Pudel füllt, damit die Vögel Material zum Nestbau finden. Sie nutzt die Weidenruten aber auch in ihrer Praxis: „Flechtarbeiten sind optimal zum Erlernen von strukturiertem Arbeiten und fördern die Konzentration.“


Expertentipps

Flechten: Für das Korbflechten mit Weidenruten sollte man diese vorher in Wasser legen, um die Elastizität zu erhöhen. Werden die Rinde zuvor abgeschält und die Zweige gebleicht, erhält man ein nahezu weißes Korbgeflecht. Die Korbflechterei ist ein uraltes Handwerk mit einem günstigen, gut zu verarbeiten und schnell nachwachsenden Material. Als Aufbewahrungsmöglichkeit wurden Einkaufs- oder Wäschekörbe hergestellt. Andere Nutzungsmöglichkeiten waren Bienenkörbe oder Fischreusen.

Für Gartenbesitzer: Aus langen Weidenruten lassen sich Spitzzelte herstellen. Dazu werden die Ruten in einem Kreis zusammengestellt und oben verbunden. Die Ruten werden eingegraben. Die meisten dieser Ruten sollten an einem feuchten Standort im Nu anwachsen und neu austreiben, sodass ein richtiges lebendes Weidentipi entsteht.