Waldbröl erhaltenEhepaar aus Rossenbach hat eine Petition gestartet – Zahl der Unterzeichner wächst

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Die alte Leimfabrik an der Brölstraße.

Die Architektin Susanne Schneider-Jacobs und ihr Mann Joachim bemängeln den Abbruch historischer Häuser in Waldbröl und haben eine Petition formuliert. Hier im Foto: Die alte Leimfabrik an der Brölstraße.

Die Architektin Susanne Schneider-Jacobs und ihr Mann Joachim bemängeln den Abbruch historischer Häuser in Waldbröl und haben eine Petition formuliert.

Als schließlich auch der letzte Rest Mauerwerk der alten Leimfabrik an der Brölstraße dem Erdboden gleichgemacht ist, wollen Susanne Schneider-Jacobs und ihr Ehemann Joachim Jacobs nicht mehr länger zusehen, wie sich Abbruchbagger brachial durch Waldbröler Stadtgeschichte arbeiten.

„Wir waren bestürzt und fassungslos“, erinnert sich die 57 Jahre alte Architektin an jenen November-Abend, als alles ins Rollen gekommen ist: Gleich danach hat das Paar eine Petition formuliert. Diese können Marktstädterinnen und Marktstädter ab sofort unterzeichnen, wollen sie Nein sagen zu einer „ges(ch)ichtslosen Stadt“. Von 1901 bis 1975 werden in der Fabrik Tierknochen aus der nahen Lederverarbeitung zu Klebstoff gekocht, im Frühjahr 2003 fallen dort die ersten Steine, 2022 die allerletzten. „Den Eigentümern solcher Immobilien und solcher Grundstücke ist leider nicht bewusst, was das in Waldbröl auslöst, was sie damit Menschen antun, die ihre Stadt lieben“, sagt die Ur-Waldbrölerin Schneider-Jacobs.

Mehr als 70 Unterschriften

Sie weiß aber auch: „Es gibt keine Zeit dafür, solche Bauwerke zu bewerten und nach Alternativen für den Abbruch zu suchen.“ Der aber zerstöre Allgemeingut, findet sie und spricht von einem „Besitzanspruch des Auges“. Mehr als 70 Unterschriften finden sich nach Auskunft von Maurermeister und Restaurator Joachim Jacobs bereits unter der Petition.

Der 58-Jährige nennt ein weiteres Gebäude, um das er gerade bangt: die 1890 eingeweihte und in den 1950er Jahren stillgelegte Krautpatsche mit Fabrik und Kesselhaus an der Vennstraße. „Die Frage ist doch immer: Müssen solche Bauwerke wirklich weg oder könnten sich eine Sanierung, ein Umbau, ein Bauen im Bestand nicht doch lohnen?“, führt Jacobs aus und betont den Gedanken der Nachhaltigkeit, der auch im Bauwesen immer mehr Bedeutung erfahre.

„Hinter uns steht bereits eine große Gruppe, in der sich ein Netzwerk aus Handwerkern findet, die sich für Waldbröler Geschichte interessieren.“ Auch vor Waldbröls Stadtrat und der Verwaltung hat das Ehepaar aus Rossenbach die Petition bereits vorgestellt und deren Hintergrund erklärt. „Das Eigentumsrecht ist jedoch ein hohes Gut“, sagt Jan Kiefer, Leiter des Fachbereichs Bauen im Rathaus.

„Wenn also kein Denkmalschutz besteht, hat die Stadt keine Handhabe – es sei denn, wir kaufen die jeweilige Immobilie.“ Ziel von Susanne Schneider-Jacobs und Joachim Jacobs ist es aber nicht nur, historische Häuser zu erhalten, sondern auch die Leistung derjenigen zu würdigen, die diese vor Jahrzehnten, vielleicht sogar Jahrhunderten errichtet haben. „Wir können viel davon lernen – zum Beispiel, wie man ohne Kunststoffe arbeitet“, findet Schneider-Jacobs und ergänzt: „Wir dürfen Ressourcen nicht länger verschwenden und noch mehr Flächen verbrauchen.“

Als Beispiel für eine gelungene Rettung nennt sie die alte Schule in Hermesdorf: Diese ist im April 2018 Stein für Stein abgebaut worden und ins Freilichtmuseum nach Lindlar umgezogen. „Natürlich hätten wir die Schule lieber hier bei uns in Waldbröl. Dass sie aber nicht als Steinbruch herhalten musste, ist ein großer Erfolg.“ Wer mit Susanne Schneider-Jacobs und Joachim Jacobs in Kontakt treten möchte, kann dies tun unter dieser E-Mail-Adresse: infoueberarchitektur@posteo.de.

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