Bestsellerautorin Melanie Raabe„Ich glaube an das Gute im Menschen“

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Zuhause in Wiehl ist Melanie immer wieder gern. Doch für ihre Romane lässt sie sich in Metropolen wie Wien und New York inspirieren.

Zuhause in Wiehl ist Melanie immer wieder gern. Doch für ihre Romane lässt sie sich in Metropolen wie Wien und New York inspirieren.

Wiehl – Am 23.Juli erscheint das dritte Buch „Der Schatten“ der Bestsellerautorin Melanie Raabe. In einer Vorabpremiere wird die 36-Jährige ihren Thriller  am Dienstag, 17.Juli, auf Einladung der Buchhandlung Hansen & Kröger in der Wiehler Volksbank vorstellen. Katja Pohl sprach mit der Kölnerin, die in Wiehl aufwuchs.

Sie wurden von einem Buchkritiker „Meisterin des Duells“ genannt. In „Der Schatten“ finden gleich mehrere solcher Psychoduelle statt. Sind Sie darin eine Meisterin?

Ich finde das Kompliment sehr schön, sehe mich aber nicht so. Schildern wollte ich eine Einzelkämpferin. Meine Hauptfigur Norah ist ein solcher Mensch, der ganz allein in einer fremden Stadt neu anfangen muss, aber letztlich erkennt, dass er in einem Netzwerk von Freunden geborgen ist, auf das er sich verlassen kann. Das ist das Helle im Buch. Ganz unterschiedliche Menschen stehen zu ihr.

TALSPERRE

„Der Schatten“ scheint sogar einen kleinen regionalen Aspekt zu haben: So gibt es eine Szene, in der Norah mit ihrer Freundin als Jugendliche eine leere Talsperre erkundet. Oberbergische Leser denken da sofort an die Aggertalsperre, die 1985 und 2002 für Sanierungsarbeiten abgelassen wurde.

Die Autorin sagt dazu: „Es ist immer schwer zu sagen, wo die Bilder, die man so im Kopf hat, herkommen. Ich hatte nicht den konkreten Gedanken: da bilde ich jetzt die leere Aggertalsperre ab. Aber ich erinnere mich, dass ich tatsächlich mal auf ihrem Grund herumgelaufen bin. Vielleicht hat das so viele Jahre später diese kleine Szene inspiriert.“ (kpo)

Ist das eine persönliche Erfahrung, die im Buch verarbeitet wurde?

Durchaus. Diese Erfahrungen durfte ich auch machen. Ich brauche zwar auch Zeit für mich alleine, doch ich habe einen festen Kreis von Familie und Freunden, der für mich da ist. Das ist im Laufe der Jahre gewachsen und gibt mir heute Rückhalt.

Das Buch spielt in einem sehr kühlen, morbiden Wien im Februar. Wieso fiel die Wahl auf diesen Schauplatz?

Die Idee zur Geschichte hatte ich schon im Kopf, war aber noch auf der Suche nach dem Ort. Wien und Prag kamen mir in den Sinn, beide Städte strahlen etwas Besonderes aus. Dann wurde ich zu einer Lesung nach Wien in das Hotel Imperial eingeladen. Ich hatte Gelegenheit, im November, die Stadt zu entdecken, war fasziniert von der Schönheit und auch zum Teil von der Unzugänglichkeit. So sollte auch Norah die Stadt erleben. Kühl, leicht unwirklich, ein bisschen fremd und doch voller Anmut. Es war letztlich eine Bauchentscheidung.

Einer der Protagonisten im Buch heißt Arthur Grimm. Ein sehr sprechender Name…

Ich liebe die Märchen der Gebrüder Grimm. Und diese Figur des Arthur Grimm hat auch etwas Surreales, Mysteriöses, nicht sofort Greifbares. Der Klang des Namens färbt für mich auch immer den Charakter der Figur. Darum suche ich nach dem richtigen Namen oft sehr lange.

Es geht im Buch auch um physische und psychische Gewalt von Männern an Frauen. Hat die „Me too“-Debatte beim Schreiben eine Rolle gespielt?

Tatsächlich hatte ich das Buch vorher schon geschrieben. In der Zeit, in der diese Debatte geführt wurde, war ich dabei, es zu überarbeiten. Aber offensichtlich lag für mich dieses Thema irgendwie in der Luft. Ich kann mich über Menschen ohne jegliche Empathie empören, die mit leichter Hand Böses über andere bringen.

Eine der Figuren sagt, letztlich sei jeder Mensch zu einem Mord fähig. Sehen Sie das auch so?

Nein, nicht jeder ist zu einem Mord fähig. Wir alle haben zum Glück die klassische Tötungshemmung. Ich glaube an das absolut Gute im Menschen. Alles andere wäre schlimm für mich.

Ihre Sprache ist sehr kunstvoll. Das ist ungewöhnlich für das Genre des Thrillers, in dem doch oft krasse Bilder mit starken Worten geschildert werden, oder?

Spannung funktioniert bei mir über den Plot, über das intensive Eindenken in die Charaktere und über Cliffhänger. Vielleicht ist da bei mir tatsächlich ein Kontrast zwischen Inhalt und Form. Meine Sprache gehört zu mir. Sie soll organisch klingen. Je mehr man schreibt – so denke ich – kristallisiert sich auch immer stärker ein eigener Ton heraus. Ich lese mir meine Texte selbst vor, um Rhythmus und Klang zu spüren. Ich bin kein Mensch, der dieses offensichtlich Grausame mag. Dann besteht die Gefahr, abzustumpfen, und das möchte ich keinesfalls. In meinen Büchern wird es unblutig bleiben.

Sie sind Lesebotschafterin der Stiftung Lesen. Wird es irgendwann auch ein Kinderbuch von Ihnen geben?

Tatsächlich bin ich da mit einer Freundin in der Planung. Sie hatte eine wunderbare Idee für ein Abenteuer für Kinder. Das Schreiben für Kinder liegt mir schon lange auf der Seele. Ich selbst mochte früher immer einen Mix aus Spannung und Abenteuer.

Sie waren gerade länger in New York, kommen nun wieder nach Wiehl. Wie funktionieren diese Kontraste?

Wiehl ist meine Heimat. Da bin ich Melanie, die Tochter, die Freundin, nicht die Autorin. Das erdet sehr und ist wunderbar vertraut. New York hingegen ist meine Lieblingsstadt. Man trifft aufgeschlossene Menschen, kann in Ruhe beobachten, wie sie interagieren. In New York falle ich nicht auf, kann mich ganz intensiv mit Eindrücken vollsaugen. Jedes Viertel dort ist anders: Das ist unglaublich faszinierend. Und diesmal hatte ich in New York die perfekte Idee für mein nächstes Buch. Ich habe meine Verlegerin gleich angerufen, und auch sie war angetan.

Welche Pläne außer dem Schreiben gibt es außerdem?

Ich werde im August mit dem neuen Buch beginnen, dann bin ich bis Ende des Jahres auf Lesereise und schließlich arbeite ich gerade an einer Hörspiel-Reihe für den Hörbuchverlag.

Die Vorpremiere des Buches „Der Schatten“ findet am Dienstag, 17. Juli, um 20 Uhr im Forum der Volksbank in Wiehl (Bahnhofstraße 3) statt. Karten für 15 Euro gibt es unter  (02262) 797927.

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