Magischer ZirkelHohe Ehrung für Oberbergs Mikrozauberer

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Zwei Männer sitzen nebeneinander, der linke Mann ist 96 Jahre alt und hält eine Urkunde in den Händen.

Zauberer Günther Zimmermann mit Sohn und Zauberer-Kollegen Jörg Zimmermann (rechts).

Seit 65 Jahren ist der oberbergische Zauberkünstler Günther Zimmermann Mitglied des Magischen Zirkels

Als der junge Mann aus Ründeroth den Kaufladen in Leverkusen betritt, erholt sich der Westen gerade vom Sputnik-Schock. Was der junge Mann da noch nicht weiß: Die Begegnung mit Händler Stephan Stamm wird ihn ein Leben lang inspirieren, denn Stamm war Zauberkünstler und verblüffte seinen Gast schnell.

Der junge Mann war Günther Zimmermann und der übte sich fortan selbst als Zauberer. Über Jahrzehnte begeisterte er mit seinen Auftritten die Menschen an Agger, Wupper und Sieg. Vor allem aber in seiner Wahlheimat Alferzhagen.

Heute ist Günther Zimmermann 96 Jahre alt und lebt in Marienheide. Und dort erhielt er kürzlich eine hohe Auszeichnung durch seine Zaubererkollegen: Das goldene Zirkelabzeichen mit Rubin für 65 Jahre Mitgliedschaft im  Magischen Zirkel von Deutschland.

Zauberlehrer war Magier Stephan Stamm in den 1950er Jahren

Was vielleicht noch gewichtiger ist: Die Urkunde überreichte ihm Sohn Jörg Zimmermann (63), selbst Zauberkünstler und Leiter des Magischen Zirkels in Koblenz, denn Sohn Jörg ist in die Fußstapfen des Vaters getreten. Im Gespräch mit dieser Zeitung beschrieb er die Anfänge der Zaubererlaufbahn seines Vaters.

Zurück in die 1950er Jahre: Zimmermann ist eigentlich gelernter Maschinenbauer. Doch er will lieber mit Menschen arbeiten, schließlich klappert er als Handelsvertreter für einen bekannten Teigwaren-Hersteller aus Süddeutschland, die Kaufläden und Kolonialwarenhandlungen zwischen Siegburg, Gummersbach und Leverkusen ab.

Er verkauft Spätzle und Frischei-Nudeln en gros. Immer häufiger bricht er bei den Kaufleuten das Eis, indem er Markstücke hinter Ohren hervorzaubert oder eine Zigarette verschwinden lässt. Zimmermann sei bei seinen Kundinnen und Kunden beliebt gewesen, erinnert sich Sohn Jörg, der ihn als Kind auf den Touren begleitete.

Zaubershows sind Zimmermanns Passion

Mit Frau Inge zieht Günther Zimmermann schließlich nach Alferzhagen bei Wiehl. Er steigt Karneval in die Bütt und führt durch so manche Sitzung. Doch die Zauberei bleibt die Hauptpassion des Oberbergers. Und das färbt schnell auf den Sohn ab.

Ab den 1970er Jahren treten sie oft gemeinsam auf, Mutter Inge fährt sie zu den Auftritten. Die Kunststücke verblüffen und fesseln das Publikum. Als diese Zeitung Ende der 1970er Jahre eine „aufgeklärte Redakteurin“ auf das Vater-Sohn-Duo ansetzt, bezaubert Zimmermann sie in einer Privatshow in seinem Wohnzimmer vier Stunden lang.

Er habe sie „charmant aufs Kreuz gelegt“, urteilt die Journalistin damals und berichtet von der Vielfalt von Zimmermanns Repertoire. „Mein Vater konnte mit Menschen umgehen“, blickt Sohn Jörg zurück. Der Händler aus Leverkusen, der Günther Zimmermann inspirierte, war bis in die 1990er Jahre einer der führenden Zauberkünstler in Deutschland.

Stephan Stamm leitet die Zauberschule des Magischen Zirkels und war dessen Vorsitzender in Köln. In den 1990er Jahren verändert sich die Unterhaltungswelt. Die großen Zaubershows schwappen aus den USA ins deutsche Privatfernsehen.

Aufnahme in den Magischen Zirkel in Köln

David Copperfield und das deutschstämmige Duo Siegfried und Roy füllen Stadien. Doch die technikgestützten Mega-Shows sind nie Zimmermanns Sache. Er feilt lieber in Alferzhagen an seinen eigenen Auftritten. Als er im Brotberuf in den Ruhestand geht, legt er als Zauberer erst richtig los.

Er setzt auf den Kontakt mit den Menschen und nannte es stets „Mikromagie“: Zimmermann lässt Münzen verschwinden, silberne Metallkugeln tanzen und zaubert weiße Hasen hervor. Auch für seine Kunststücke mit Spielkarten ist er bekannt.

Sohn Jörg ist selbst Zauberer

Die habe er auch bei seiner Aufnahmeprüfung 1958 vorgeführt. Damals tritt er vor das Gremium des Magischen Zirkels, Lehrmeister Stamm hat ihn für die Aufnahme empfohlen. Die Kollegen seien begeistert gewesen und nahmen ihn in ihren Kreis auf, berichtet Sohn Jörg.

Heute lebt Günther Zimmermann in Marienheide im Seniorenzentrum der Caritas. Dort besucht ihn Sohn Jörg aus Koblenz regelmäßig, zumal er auch Auftritte als Zauberer im Oberbergischen hat. Noch immer fachsimpeln Vater und Sohn gerne über die Zauberei.

Als Jörg Zimmermann nun die Auszeichnung des Magischen Zirkels im Gepäck hatte, sei die Überraschung dennoch groß gewesen. Zumal Jörg Zimmermann die offizielle Ehrung auch mit einem sehr persönlichen Dank verband: „Dafür, dass er mich an der Kunst hat bis heute teilnehmen lassen.“

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