Wildschweine verwüsten WeideSchäfer bangt um seine Existenz

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Wolfgang Motzkau sagt, er habe fünf Schafe zum Schlachter bringen müssen, um weitermachen zu können.

Wolfgang Motzkau sagt, er habe fünf Schafe zum Schlachter bringen müssen, um weitermachen zu können.

Oberberg – „Ich bin Schäfer aus Leidenschaft für ein Leben in der Natur und mit den Tieren!“, stößt Wolfgang Motzkau hervor. „Aber jetzt weiß ich nicht mehr, wie es weitergehen soll.“ Die große Weide, die er oberhalb von Rebbelroth gepachtet hat, ist zu großen Teilen von Wildschweinen zerwühlt worden. „Hier wären meine Schafe bis Weihnachten satt geworden.“ Unmöglich, sie in diesem Zustand zu nutzen: tiefe Löcher, umgepflügte Erdbrocken, ausgerissenes Gras.

Zu lange bis zum Frühling

Dabei ist die Weide erst im Frühjahr neu hergerichtet worden. Jetzt muss er warten bis zum nächsten Frühjahr, ehe die fälligen Arbeiten erneut in Angriff genommen werden können. „Bis dahin sieht es hier wahrscheinlich aus wie ein Acker, und auf das frisch eingesäte Gras dürfen die Schafe im Frühjahr dann erst mal nicht drauf.“

Tatsächlich sei in diesem Jahr das Problem mit den Wildschweinen besonders krass, bestätigt der Vorsitzende der Kreisbauernschaft, Franz Bellinghausen. Weil es so viele Eicheln und Bucheckern gibt, brauchten die Schweine eiweißhaltige Nahrung wie Würmer, und nach der wühlen sie im Boden. Für Motzkau ist das bitter, denn der 55-Jährige hat für seine rund 50 Schafe nur acht Hektar Weide in der Nutzung, verteilt in Gummersbach, Reichshof und Wiehl. Bis vor drei Jahren sei es kein großes Problem gewesen, seine Tiere satt zu bekommen.

Größtenteils Wanderschäfer

Denn einen großen Teil des Jahres ist er als Wanderschäfer unterwegs. Freundliche Bauern gestatteten ihm, mit seiner Herde über ihr Land zu ziehen, die eigene Fläche brauchte er als Nachtquartier für die Schafe oder wenn es etwa wegen frisch ausgebrachter Gülle nicht möglich war, über Land zu ziehen.

Doch durch die Trockenheit im dritten Jahr in Folge ist alles anders geworden. „Die Bauern brauchen selbst ihre Flächen“, klagt Motzkau. „Es ist katastrophal“, bestätigt Bellinghausen. „Die Betriebe in Oberberg haben viel zu wenig Winterfutter. Das Wasser steht uns bis zum Hals.“

Für Futter fehlt das Geld

Dafür hat Motzkau Verständnis. Auch, dass immer mehr Landwirte Flächen kaufen oder pachten, die zum Teil weit von ihren Höfen entfernt sind, um sie abzumähen. „Da kann ich als kleiner Schäfer nicht mithalten.“

Umso härter trifft es ihn, wenn seine Wiesen wie jetzt in Rebbelroth zerstört werden. Zwar gäbe es im Zuge der Wildschadensregulierung theoretisch eine Ausgleichszahlung. Aber dafür dürfe der Schaden nicht älter als sieben Tage sein. „Dann bin ich aber vielleicht gerade in Wiehl, Reichshof oder woanders. Ich kann nicht jeden Tag kontrollieren.“ Ein größerer Jagddruck auf die Wildschweine würde helfen, meint er, und auch der Vorsitzende der Kreisbauernschaft stimmt zu: „Es wäre gut, wenn die Zahl der Wildschweine verringert würde.“

Futter hinzukaufen? Der Markt sei leer gefegt, klagt Motzkau, ganz zu schweigen von den zusätzlichen Kosten. Oberbergische Landwirte versuchten fieberhaft in Bayern oder in Ostdeutschland teures Futter zu bestellen, bestätigt Bellinghausen. Derzeit lässt Motzkau die Schafe an Wegrändern weiden, füttert sie mit Fallobst. Seine Herde hat er schon um die Hälfte reduziert. Jüngst hat er fünf Jungtiere zum Schlachter gebracht.

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Bellinghausen gibt zu bedenken: „Wanderschäfer spielen eine wichtige Rolle als Pfleger der oberbergischen Kulturlandschaft. Viele Flächen, die mit Maschinen nicht zu bearbeiten sind, drohen sonst zu verbuschen, gerade in Bachtälern machen sich Springkraut und Herkulesstaude breit, wenn sie nicht abgeweidet werden.“ Doch ob Motzkau als wohl letzter Wanderschäfer Oberbergs im kommenden Frühjahr noch mit seinen Schafen unterwegs sein wird, ist ungewiss. „Wenn meine Tiere nicht mehr satt werden, bin ich gezwungen aufzugeben.“

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