Sieben Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren: Sie leben nicht bei ihren Eltern, sondern in einer Wohngruppe. Oft treffen die Mädchen auf Vorurteile.
Kampf gegen VorurteileZu Besuch bei einer Mädchen-Wohngruppe in Wipperfürth

Ein Kind umarmt einen Therapiebegleithund.
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Du hast keine Eltern“, „Deine Familie will Dich nicht.“ Solche Sätze kennen Anna (13) , Beatrice (17) und Chiara (15 Jahre alt) nur zu gut. „Das sind Vorurteile, aber die stimmen nicht“, sagt Beatrice. Die anderen beiden Mädchen nicken. Anna etwa übernachtet jedes zweite Wochenende bei ihrer Mutter.
Alle drei leben in einer Mädchenwohngruppe in Wipperfürth. Ihre Namen haben wir in Absprache mit den Jugendlichen und einer Erzieherin geändert, um sie zu schützen. Chiara wohnt seit eineinhalb Jahren in der Gruppe, Beatrice und Anna gehören seit zwei Jahren dazu. Die Gruppe ist wie eine Familie Insgesamt sieben Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren leben zusammen in der Wohngruppe der „Gotteshütte“, einem freien Träger der Jugendhilfe.
Die Gruppe ist wie eine Familie
Sie alle besuchen verschiedene weiterführende Schulen in der Region. Doch immer wieder stoßen sie auf Vorurteile ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. „Du Heimkind“, das bekämen sie ganz oft zu hören, berichten Anna, Beatrice und Chiara. „Eigentlich ist das keine Beleidigung, aber nervig ist es trotzdem.“ Ihre Klassenkameraden hätten zudem falsche Vorstellungen vom Leben in einer Wohngruppe. „Die konnten sich zum Beispiel gar nicht vor stellen, dass auch Freunde hier übernachten dürfen“, erzählt Chiara.
Die Mädchen können aus verschiedenen Gründen nicht in ihren Familien bleiben. Über die Hintergründe möchten die Drei nicht sprechen. Aber sie betonen, wie wichtig die Gruppe für sie sei. „Das ist wie eine Familie für uns.“ Freunde haben Anna, Beatrice und Chiara aber auch außerhalb ihrer Gruppe, das ist ihnen wichtig.
Selbstständiger zu werden ist ein Hauptziel
In der Wohngruppe sollen die Mädchen lernen, selbstständiger zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Ein siebenköpfiges Team aus Pädagogen, Therapeuten und Erzieherinnen unterstützt sie dabei. Vier der sieben Mädchen sind in der Phase der „Verselbstständigung“, das heißt, sie kaufen selbst ein und kochen regelmäßig.
Die „Gotteshütte“ setzt außerdem auf tiergestützte Therapie. Zwei Hunde leben mit im Haus, die Mädchen gehen mit ihnen täglich raus – bei jedem Wetter. „Und wir bringen ihnen Tricks bei wie Pfote geben oder Geräusche machen“, erzählt das Trio und lacht dabei. Johannes Frößler arbeitet als Erzieher in der Gruppe, zusammen mit Hündin Kimba hat er eine Therapiebegleithund-Ausbildung absolviert. „Geht es einem der Mädchen schlecht, dann merkt der Hund das oft eher“, erklärt er. „Und ein Tier stellt keine nervigen Fragen, es will nicht wissen, was los ist.“
Ein Tier stellt keine nervigen Fragen.
Die Mädchen können zu den Tieren eine andere emotionale Beziehung aufbauen, das hilft ihnen.Ganz in der Nähe gibt es außerdem einen Bauernhof mit Pferden, die ebenfalls in der Therapie eingesetzt werden. „Wir können reiten, machen den Stall fertig und geben den Pferden Futter“, berichtet die 17-Jährige Beatrice. „Mit Tieren ist es schön.“
Jana-Marie Hoffmann arbeitet als angehende Erzieherin in der Gruppe und kennt die Mädchen gut. Ihre Ausbildung am Berufskolleg in Wipperfürth hat sie fast abgeschlossen. Die 21-Jährige bekommt immer wieder mit, dass die Mädchen mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Mit Informationen und Transparenz möchte sie dem entgegentreten.