Das einzige Frauenhaus im Kreis steht in Bergisch Gladbach. Jährlich werden rund 100 Schutzbedürftige abgelehnt, weil Plätze fehlen.
Gewalthilfegesetz200 Frauen bekamen in Rhein-Berg keinen Platz im Frauenhaus

In Deutschland fehlen rund 21.000 Frauenhausplätze. (Symbolbild)
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Viele Frauen erleben Missbrauch und Gewalt fast täglich, oft im eigenen Umfeld. Doch wollen sie in einem Frauenhaus Schutz suchen, heißt es meist: „Wir haben keine freien Plätze mehr.“ Allein 2023 mussten in NRW 7234 Aufnahmegesuche in den Frauenhäusern laut der Antwort auf eine landesweite Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag abgelehnt werden. Der Grund: Überbelegung.
Im Rheinisch-Bergischen Kreis gibt es nur ein einziges Frauenhaus. Es steht in Bergisch Gladbach. „Und das musste in den vergangenen beiden Jahren insgesamt 207-mal schutzsuchende Frauen abweisen. Die Unterversorgung ist eklatant“, sagt die Landtagsabgeordnete aus Rhein-Berg, Tülay Durdu (SPD), die bei der Landesregierung angefragt hatte, wie es um den Schutz von Frauen im Kreis steht. „Es war einfach kein Platz frei“, sagt die Landtagsabgeordnete.
Vergangenes Jahr mussten wir 104 Ablehnungen aussprechen, weil freie Plätze fehlten.
Besonders überraschend ist das wohl nicht, denn in Bergisch Gladbach gibt es nur neun Plätze, also neun Zimmer in denen in der Regel neun Frauen mit ihren Kindern unterkommen können. „Vergangenes Jahr mussten wir 104 Ablehnungen aussprechen, weil freie Plätze fehlten“, sagt die Leiterin des Frauenhauses, Ruth Bernhardt. In diesem Jahr habe es „enorm viele“ Anrufe von Frauen gegeben. „Das ist aber immer phasenweise, manchmal haben wir auch ein Zimmer frei.“
Weshalb die Nachfrage nach Schutzräumen für Frauen in den letzten Jahren so groß geworden sei, kann Bernhardt nicht genau sagen. „Mein Gefühl ist aber, dass auch immer mehr geflüchtete Frauen verstehen, welche Rechte sie in Deutschland haben und wo sie sich Hilfe holen können“, erklärt sie. „Und es ist gut, dass sie wissen, wer ihnen helfen kann.“ Wenn sie die Schutzbedürftigen vor Ort jedoch nicht aufnehmen könnten, dann müssten sie versuchen, in anderen Frauenhäusern unterzukommen, so Bernhardt. Etwa im Elisabeth-Fry-Haus in Köln-Raderthal, das auch eine Notaufnahme für Frauen, die beispielsweise Opfer von Gewalt sind oder sich in einer akuten psychosozialen Notsituation befinden, anbietet. Ist dort kein Platz frei, geht die Suche weiter.
In Frauenhäusern suchen Frauen Schutz für sich und ihre Kinder in akuten Bedrohungslagen.
„In Frauenhäusern suchen Frauen Schutz für sich und ihre Kinder in akuten Bedrohungslagen. Da darf es nicht sein, dass sie durch das halbe Land fahren müssen, um Schutz zu erhalten, weil die Frauenhäuser voll sind“, sagt Durdu. Insbesondere, weil Betroffene meist vor ihren gewalttätigen Partnern oder Expartnern fliehen müssten und sich in einer „emotionalen und psychischen Extremsituation“ befänden.
Das große Problem: „Es fehlt schlicht an Frauenhausplätzen“, sagt Bernhardt. Und damit ist der Rheinisch-Bergische Kreis nicht allein. In Deutschland benötigt es nach Angaben einer Statistik der Frauenhauskoordinierung, einem Verein der Frauenhäuser und Fachberatungsstellen unterstützt, rund 21.000 Plätze. Vorhanden seien bisher circa 7700.
Ab 2032 soll es einen Rechtsanspruch auf einen Schutzplatz geben
„Außerdem braucht es eine einheitliche Finanzierung für die Frauenhäuser“, betont die Leiterin des Frauenhauses in Bergisch Gladbach. Momentan erhalten viele Frauenhäuser laut einer Pressemitteilung von Durdu in NRW eine Landesförderung. Das gilt auch für das Frauenhaus in Bergisch Gladbach, das sich ansonsten noch über Spenden und Tagessätze finanziert. Letztere zahlen die Frauen selbst oder sie werden vom Arbeitsamt übernommen. „Meist nehmen wir Frauen, die beim Jobcenter angemeldet sind, auf. Auch über die Sozialhilfe oder die Asylhilfe lässt sich oft etwas regeln“, erklärt Bernhardt. Bei anderen sei es schwieriger, da benötige es, bei fehlenden finanziellen Mitteln der Schutzbedürftigen, Spenden.
Auf Zuschüsse der Kommunen und Kreise sowie auf Spenden und ehrenamtliches Engagement angewiesen zu sein, sei für viele Frauenhäuser Alltag, heißt es in der Pressemitteilung von Durdu. Verbesserung verspricht zwar das von der Ampel-Koalition beschlossene Gewalthilfegesetz, das einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt für Frauen und ihre Kinder sicherstellt. In Kraft tritt es aber erst in rund sieben Jahren. Hochgerechnet werden in dieser Zeit etwa 700 Fälle im Gladbacher Frauenhaus abgelehnt.