Bergisch GladbachAzubis erzählen aus Pflege-Alltag

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Auf dem Dach der Krankenpflegeschule am Evangelischen Krankenhaus: (v.l.) Die Pflegeschüler Jasmin Boujatouy, Mascha Wolf, und Fabian Faßbender mit Praxisanleiterin Nina Kaballa.

Auf dem Dach der Krankenpflegeschule am Evangelischen Krankenhaus: (v.l.) Die Pflegeschüler Jasmin Boujatouy, Mascha Wolf, und Fabian Faßbender mit Praxisanleiterin Nina Kaballa.

Bergisch Gladbach – Viel wird in diesen Tagen über den Pflegeberuf gesprochen. Wieder einmal, jetzt in Coronazeiten. Der Tenor ist der gleiche wie seit Jahren: Es herrscht Personalmangel. Weil: zu anstrengend, zu schlecht bezahlt, zu wenig wertgeschätzt in der Gesellschaft und deshalb unattraktiv beim Nachwuchs.

Vielseitig und erfüllend

„Das kommt nur daher, weil die meisten Leute gar nicht wissen, was wir alles leisten,“ sagt Fabian Faßbender aus Wermelskirchen (21), Pflegeschüler im letzten Lehrjahr. Die Gladbacherin Mascha Wolf (21), gleichfalls in der Oberstufe, lobt: „Der Beruf ist unheimlich vielseitig und erfüllend. Ich würde die Ausbildung immer wieder anfangen. Mitleid ist da wirklich fehl am Platz.“

Pflegeschulen

Die Ausbildung zu Pflegefachfrau beziehungsweise -mann dauert in Vollzeit drei Jahre; Voraussetzung ist eine zehnjährige allgemeine Schulbildung oder sonstige abgeschlossene Ausbildung. Das Lehrsystem ist dual, theoretisch und praktisch. Nach bestandenem Examen berechtigt sie zum Studium. Angeboten wird die Ausbildung:

Bildungsstätte für Pflege Rhein-Berg für das EVK Bergisch Gladbach und Wermelskirchen am EVK in Gladbach, die ab April 2021 über 150 Plätze verfügt. Kontakt: (02202) 122 7200

portal.pflege-rhein-berg.de

Katholische Pflegeschule Bergisches Land, Ausbildungscampus Bensberg für die GfO-Kliniken Rhein-Berg (Marienkrankenhaus und Vinzenz-Pallotti-Hospital in Bergisch Gladbach, Katholisches Krankenhaus Engelskirchen und Helios-Klinik Wipperfürth). Hier werden insgesamt 225 Ausbildungsplätze angeboten. Kontakt: (02204) 416 530

gfo-kliniken-rhein-berg.de

Beide sind familiär „vorbelastet“, ihre Eltern und andere Familienmitglieder haben auch schon in der Pflege gearbeitet. „Natürlich haben wir miterlebt, wie stressig das sein konnte,“ erinnert sich Mascha. „Aber wir haben auch die andere Seite kennengelernt, gespürt, wie befriedigend es war.“ Als Kleinkind, weiß Fabian noch gut, habe ihn der Schichtdienst der Mutter genervt. „Die war oft nicht da.“ Aber später sei er stolz gewesen und habe gespürt, wie wichtig und sinnvoll die Arbeit ist. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr im Krankenhaus war für ihn der Weg klar.

Umgang mit Menschen

Diese Zeit war auch für Jasmina Boujatouy wegweisend, die die Ausbildung gerade angefangen hat. Nach einem Praktikum in einer Arztpraxis konnte die 20-jährige Bergisch Gladbacherin anderthalb Jahre Klinikalltag erleben. Genug, um zu wissen: „Der Umgang mit den vielen unterschiedlichen Menschen ist sehr wichtig für mich. Ich liebe die Atmosphäre auf den Stationen, die Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen und den Patienten. Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit.“

So viel Enthusiasmus macht neugierig. Zum 1. Januar 2020 hat der Bund das Pflegeberufegesetz novelliert. Der neue Beruf Pflegefachfrau und Pflegefachmann beruht auf dem sogenannten generalistischen Ansatz. Das heißt: Die Auszubildenden spezialisieren sich nicht mehr, wie früher, von Anfang an auf einen einzelnen Bereich der Pflege, etwa die Alten-, Kranken- oder Kinderpflege. Sondern sie lernen in ihrer dreijährigen Ausbildung alles.

„Das ist ein hervorragender Ansatz,“ lobt der Leiter der am Evangelischen Krankenhaus in Bergisch Gladbach angesiedelten Pflegeschule, Georg Kalkhoff. „Die Ausbildung ist wirklich top, denn sie ist unglaublich vielseitig. Sie vermittelt nicht nur pflegerische und medizinische Kenntnisse, sondern auch Wissen in Naturwissenschaften, Technik und nicht zuletzt in Sozialwissenschaften.“

Höherer Praxisanteil

Der Gesetzgeber hat den praktischen Teil der Ausbildung angehoben. Die Azubis haben Einsätze im Altenheim und in ambulanten Pflegediensten, in der Ambulanz, auf verschiedenen Krankenstationen, in der Psychiatrie, in der Kinderpflege.

Neu ist auch das Berufsbild der Praxisanleiterin. Nina Kaballa ist eine von Dreien am EVK. Sie war selbst jahrelang in der Pflege, machte die entsprechende Fortbildung und sagt heute: „Wir haben uns immer gewünscht, mehr Zeit zu haben, weil wir die Anleitung ja meist im Tagesgeschäft irgendwie integrieren mussten. Jetzt können wir mit den Azubis in Ruhe arbeiten, zum Beispiel besondere Pflegetechniken einüben, ohne den Stationsalltag zu stören.“

Attraktiver geworden

All dies führt bei den Beteiligten zu der Erkenntnis, dass die Ausbildung deutlich attraktiver geworden sei. „Das Gesetz gibt uns die Möglichkeit, gezielt Geld in die Hand zu nehmen,“ sagt Georg Kalkhoff. So ist der Besuch der Pflegeschule jetzt – im Gegensatz zu früher – kostenlos und es gibt eine Ausbildungsvergütung wie in anderen Lehrberufen auch. „Wir bekommen moderne Pflegeprofis,“ ist Nina Kaballa sicher.

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Auch könne man mit dem Gehalt (so es nach Tarif bezahlt wird) gut leben, findet Georg Kalkhoff. Allerdings: „Das Problem ist nicht das Geld. Wir brauchen mehr Personal.“ In Coronazeiten sind die Bewerbungen eingebrochen, weil öffentliche Kampagnen in Schulen etwa nicht möglich waren. Ist auch Angst im Spiel, der Beruf könne zu gefährlich sein in diesen Zeiten? Nein, sagen alle übereinstimmend. Mascha: „Wir wissen besser als die meisten anderen, wie man sich schützt. Das gehört schließlich zu unserem Beruf.“

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