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BergischGladbachVor der Stichwahl treffen sich Bürgermeisterkandidaten zum Streitgespräch

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Die Kandidaten stehen nebeneinander vor der Rathaustür.

Die beiden Bürgermeisterkandidaten Alexander Felsch (CDU/FDP) und Marcel Kreutz (SPD/Grüne) (v.l.). Einer von beiden wird ins Rathaus in Bergisch Gladbach einziehen.  

Die Stichwahl am Sonntag in Bergisch Gladbach wird spannend: Im Interview liefern sich die beiden Bürgermeisterkandidaten vorab einen Schlagabtausch.

Am Sonntag gibt es in Bergisch Gladbach eine Stichwahl zwischen Marcel Kreutz und Alexander Felsch. Kreutz ist der Kandidat von SPD und Grünen, Felsch von CDU und FDP – die Kontrahenten duzen sich. Das Streitgespräch moderierten Uta Böker und Matthias Niewels.

Herr Kreutz, Herr Felsch, was unterscheidet Sie voneinander. Möglichst kurz, bitte.

Felsch: Mir ist wichtig, dass wir in Bergisch Gladbach mehr Tempo machen. Und ich glaube, dieser Wunsch eint fast alle Menschen, die in der Stadtpolitik unterwegs sind.

Kreutz: Ich bin in Bergisch Gladbach groß geworden. Ich kenne die Stadt und weiß, worauf es ankommt, damit wir schnell gute Entscheidungen treffen.

Welche Kernkompetenzen bringen Sie ein?

Kreutz: Ich bringe meine Erfahrung als Stadtrats- und Kreistagsmitglied mit. Und meine Arbeit in einer Anwaltskanzlei, die sich ganz gezielt mit Planungsrecht beschäftigt. Bei der Frage, was kommunalpolitisch geht, habe ich einen deutlichen Erfahrungsvorsprung. Und ich habe auch Markterfahrung, Du nur Verbandserfahrung.

Felsch: Sagt jemand, der jetzt Verbandsreferent (Kreutz arbeitet aktuell als Referent für Kommunalfinanzen beim Landkreistag NRW bei - Anm. d. Red.) ist. Ich stehe seit 17 Jahren im Arbeitsleben, bin seit 9 Jahren Geschäftsführer bei „unternehmer nrw“ und trage Personal- und Führungsverantwortung. Ich habe tagtäglich mit Entscheidungsträgern zu tun und muss sehen, wie Ziele umgesetzt werden. Das unterscheidet unsere Arbeitgeber.

Sie beide wollen als Bürgermeister auch Verwaltungschef werden und Sie beide sprechen von einer nötigen Entbürokratisierung. Was haben sie vor?

Kreutz: Ich mache seit 20 Jahren Kommunalpolitik und kenne die bürokratischen Hindernisse nur zu gut. Zum Beispiel die Vorgaben von Bund und Land beim Baurecht. Ich schlage vor, wir übernehmen das Hamburger Modell, die Hamburger Standards, um Baukosten zu senken. Grundsätzlich ist das mein Plan: mit pragmatischen Lösungen die Bürokratie zurückdrängen.

Felsch: Bürokratieabbau ist eine Führungsfrage. Ich bezweifle, dass die Verwaltung allein der richtige Ansprechpartner ist. Die Kernfrage ist: Welche Regeln brauchen wir unbedingt, um unsere Ziele zu erreichen. Und dann muss gehandelt werden.

Egal, wer Bürgermeister wird, er wird mit einem Rat ohne klare Mehrheiten zusammenarbeiten müssen.

Felsch: Das ist richtig. Bei der CDU liegt eine große Verantwortung, denn sie hat alle Direktmandate geholt. Wir werden mit allen Parteien – außer der AfD und der Linken – Gespräche führen.

Kreutz: SPD und Grüne haben ja in etwa genauso viele Stimmen wie CDU und FDP. Und wir sind doch in Bergisch Gladbach und nicht im Berliner Bundestag. Es wird für mich als Bürgermeister darauf ankommen, möglichst viele demokratische Parteien einzubinden.

Felsch: Und dann riskieren, dass es zu Mehrheiten kommt, die nur mit Stimmen oder Stimmenthaltungen von AfD oder Linken zustande kommen? Das würde ich als Bürgermeister versuchen, zu verhindern. Und ich bin erstaunt, dass SPD und Grüne sich so verkaufen, als seien sie eine Fraktionsgemeinschaft. ..

Kreutz: Nein, aber wir arbeiten wie angekündigt zusammen. Wie CDU und FDP doch auch.

Felsch: CDU und FDP führen gemeinsame Gespräche. Und was dabei herauskommt, müssen wir abwarten. Am kommenden Montag ist der Wahlkampf vorbei.

Stabile Mehrheiten sind offenkundig nicht in Sicht. Was ist für Sie das wichtigste Thema von Bergisch Gladbach?

Felsch: Die Situation an unseren Schulen …

Kreutz: Stimme ich zu, ganz eindeutig. Die Entwicklung bei Zanders interessiert viele, aber die Schulprobleme drängen, jetzt. Die Leute erwarten Lösung, jetzt.

Felsch: Wie wir da an die Probleme herangehen, unterscheidet sich fundamental. In den vergangen Jahren hat es viel zu wenige spürbare Verbesserungen gegeben...

Kreutz: In den vergangenen fünf Jahren ist bei den Schulen viel passiert. Der Sanierungsstau wird endlich aufgelöst. Es ist richtig und wichtig, dass wir eine Priorisierungsliste haben. Die müssen wir abarbeiten.

Felsch: Wir müssen in der Umsetzung viel schneller werden …

Kreutz: Noch schneller als mit den Sofortbauten? Wir haben in Bergisch Gladbach zwei Schienen, zwei Tools: Projektteam und Handwerkerteam. Und die Schulen bitten, das nicht zu ändern. Wir brauchen kein neues System.

Felsch: Ich will mit einem Sofortprogramm Schulen pragmatisch weiterhelfen, ergänzend zur Prioritätenliste. Wenn Deine Tools so toll sind, warum gibt es dann noch so viele Probleme? Weil wir mehr auf die Leute vor Ort hören müssen, die sagen, was sie wirklich brauchen. Und ich bleibe dabei: Das ist auch ein Führungsproblem.

Kreutz: Ach, das ist doch purer Wahlkampfaktionismus. Jahrzehntelange Sanierungsstaus lassen sich nicht innerhalb weniger Jahre lösen. Du kannst jetzt versuchen, das Modell kaputt zu reden, aber Du hast in Wirklichkeit nichts, was Du anbieten kannst. Mit der Schulbau GmbH wird endlich schnell auf die Miseren in unseren Schulen reagiert. Die CDU hat vor anderthalb Jahren ein Sofortprogramm Schulen vorgestellt, das deinem Sofortprogramm ähnelt. Und die Experten der Schulbauverwaltung haben gesagt: Bitte, bitte, macht das nicht so!

Felsch: Ich bekomme eine andere Realtität gespiegelt. Vor Ort fühlen sich Lehrer, Schüler und Eltern hilflos. Es geht nicht voran. Oft sind es die Toiletten, die in keinem akzeptablen Zustand sind. Das fängt bei den Druckspülern an den Grundschulen an, die einfach zu schwergängig sind. Und bei solchen Punkten kann ein Sofortprogramm pragmatisch weiterhelfen. Der Hausmeister an der Realschule im Kleefeld darf die Hausmeisterloge nicht nutzen, weil sie zu klein ist. Er hätte gerne einen Container auf dem Hof. Die Antwort der Verwaltung ist: Dafür brauchen wir eine Baugenehmigung.

Kreutz: Siehst Du, es liegt nicht daran, dass es am Geld fehlt. Wir brauchen eine Baugenehmigung. Und da wären wir wieder bei ganz anderen Themen. Personalmangel in der Fachabteilung und zu viel Bürokratie. Dein Sofortprogramm ist Wahlkampfaktionismus. Du willst, dass die Menschen vor Ort fachfremde Aufgaben übernehmen. Die Menschen vor Ort sagen: Wir arbeiten mit dem richtigen System.

Felsch: Da werden wir nicht übereinkommen. We agree, to disagree.

Egal, welches Thema wir auch ansprechen. Vieles dreht sich um die Finanzierung, ums Geld.

Kreutz: Ich erlebe zum ersten Mal in einem Wahlkampf in Bergisch Gladbach, dass Wahlgeschenke in Millionenhöhe versprochen werden. Und in Wirklichkeit wird unser Haushalt noch viel stärker unter Druck geraten. Stichwort Sozialkosten. Ich stehe für eine verlässliche Haushaltspolitik.

Felsch: Vieles von dem, was ich zum Beispiel beim Personal fordere, ist durch eine Umschichtung von Stellen zu erreichen. Nicht durch teure Neubesetzungen. Und wir müssen sehen, wo wir in der Verwaltung vor allem durch Digitalisierung optimieren können. Und ich will die Einnahmen bei der Gewerbesteuer erhöhen. Nicht durch höhere Steuern, sondern durch Wachstum, insbesondere beim Handwerk.

Manche Kandidaten haben eine Erhöhung der Grundsteuer B kategorisch ausgeschlossen.

Felsch: Ich werde alles dafür tun, um eine Steuererhöhung zu vermeiden. Ausschließen kann ich sie aber nicht.

Kreutz: Am Ende dann doch ein Satz, den ich absolut genau so unterschreibe.