Die Patienten bleiben in der Corona-Zeit ausTherapeuten haben ein Problem

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Strengste Hygienevorkehrungen sind möglich: (v.l.) Christina Immick, Stephanie Tandien, Hedwig und Heiko Bender.

Strengste Hygienevorkehrungen sind möglich: (v.l.) Christina Immick, Stephanie Tandien, Hedwig und Heiko Bender.

Rhein-Berg – Die Krankenhäuser sehen sich gerüstet für die Anforderungen, die in Zusammenhang mit der Corona-Epidemie von vielen noch erwartet werden. Die Stationen sind halb leergeräumt, das Pflegepersonal kann Überstunden abbauen. Dies alles ist möglich vor dem Hintergrund der Ausgleichszahlungen, die die Regierung für jeden entgangenen Patienten zahlt. Zwar kritisieren die Träger, der Betrag von 560 Euro pro Tag und Patient sei zu wenig, aber immerhin.

Auch Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden oder Podologen gehören laut Lesart des Bundes zum systemrelevanten Kern der Gesundheitsversorgung. Doch die sogenannten Heilmittelerbringer bekommen nur eine minimale oder gar keine Entschädigung. „Wir dürfen ja arbeiten, wir sollen sogar, denn die Behandlungen sind wichtig. Aber immer mehr Patienten sagen Termine ab“, klagt Heiko Bender, der mit Ehefrau Hedwig eine physiotherapeutische Praxis in Bergisch Gladbach betreibt und für die Kollegen an die Öffentlichkeit geht. „Uns selbst betrifft das glücklicherweise im Moment nicht, aber in vielen Praxen ist der Umsatz um bis zu 80 Prozent eingebrochen. “

Nullsummenspiel

Grund dafür sei zum einen, dass viele Patienten zur Risikogruppe gehörten und schlicht Angst hätten, zu kommen. Zum anderen glaubten viele, die Praxen seien geschlossen. Dieser Eindruck sei durch schlechte Kommunikation der Entscheidungsträger entstanden. Bender: „Das ist aber nicht korrekt.“ Der Verband fordert finanzielle Soforthilfen von der gesetzlichen Krankenversicherung. Für diese sei das „ein Nullsummenspiel“. Denn: Das Geld für die Behandlungen sei einkalkuliert, werde aber nicht abgerufen. „Es kann aber die Existenz der betroffenen Praxen retten.“

Die Absage von Terminen ist auch für andere medizinische Dienstleister ein Thema, etwa im Bereich der Strahlentherapie, Nuklearmedizin oder Orthopädie. „Wir sehen uns täglich vor neue Herausforderungen gestellt“, sagt Dr. Winfried Leßmann, Geschäftsführer des Unternehmens Med 360˚, das neben ambulanten Praxen auch die radiologische Versorgung von ambulanten Patienten an 16 Krankenhäusern in NRW sicherstellt – darunter am Vinzenz-Pallotti-Hospital (VPH) in Bensberg und am Evangelischen Krankenhaus in Bergisch Gladbach. Leßmann weiter: „Das gilt für Kontaktsperren und Versammlungsverbote, für die Umsetzung von Verordnungen des Landes oder auch mit Blick auf das Epidemie-Gesetz.“ Man nehme den Versorgungsauftrag sehr ernst, „auch und gerade unter erschwerten Bedingungen“. Es sei immens wichtig, dass Behandlungen etwa von Krebspatienten nicht abgesagt oder unterbrochen werden. Auch die Diagnostik laufe weiter. Allerdings mit angezogener Handbremse. So machte jüngst der Vorwurf die Runde, in einer Praxis würden Patienten genötigt, Termine vorzuziehen, um Verdienstlücken zu schließen. „Da wir in Deutschland, wie allgemein bekannt ist, schon seit langem leider bei MRT-Untersuchungen Wartezeiten für Patienten hatten und diese oft länger auf einen Untersuchungstermin warten mussten als wünschenswert gewesen wäre, kommt es derzeit als Nebeneffekt der Corona-Krise dazu, dass sich die Dringlichkeit von Untersuchungen relativiert“, erklärt Leßmann dazu.

Stadt wurde eingeschaltet

„Daher bieten wir teilweise auch Patienten mit längeren Wartezeiten nun an, diese verkürzen zu können, wenn Termine plötzlich abgesagt werden.“ Der Geschäftsführer legt jedoch Wert auf die Feststellung, „dass wir grundsätzlich nur Untersuchungen und Behandlungen durchführen, die medizinisch indiziert sind, und dass wir jederzeit genügend freie Kapazitäten vorhalten, um alle Notfälle, also auch alle Corona-Notfallpatienten, zeitnah untersuchen zu können“.

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Im Auftrag des Kreise wurde die Stadt Bergisch Gladbach in den Fall eingeschaltet: „Es gab hierzu ein Anhörungsverfahren“, bestätigt Stadtsprecherin Marion Linnenbrink. „Ein weiteres ordnungsbehördliches Einschreiten erwies sich sodann jedoch als entbehrlich.“ Man bereite sich umfassend auf die nächsten Wochen und Monate vor, erklärt Leßmann. Dazu gehöre neben dem umfassenden Hygienemanagement auch die Bereitschaft, die Kliniken bei Bedarf kurzfristig zu unterstützen – ohne Zwang durch ein Epidemiegesetz. In Solingen sei das geschehen: „Da haben wir die gesamte Praxisklinik geschlossen.“ Die elf Ärzte und 80 Mitarbeiter wurden auf ihren Einsatz als „Springer“ vorbereitet.

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