DemonstrationSchüler protestieren in Bergisch Gladbach für eine bessere Bildung

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Vorneweg gehen Schüler und tragen ein Banner. Es folgen weitere Demonstranten, teils mit Plakaten, teils mit Regenschirmen in der Hand. Im Hintergrund sieht man die Fassaden von Geschäften.

In Bergisch Gladbach zogen am Mittwochmorgen etwa 80 Schüler durch die Innenstadt und protestierten mit Plakaten für eine bessere Bildung.

Die etwa 80 Schülerinnen und Schüler fordern bei ihrer Kundgebung in Bergisch Gladbach kleinere Klassen, mehr Personal und Mitbestimmung. 

Für bessere Bildungsbedingungen sind Schülerinnen und Schüler am Mittwoch im Rahmen der landesweiten Proteste auch in Bergisch Gladbach auf die Straße gegangen. „Wir brauchen eine radikale Änderung. Das Schulsystem ist in einem katastrophalen Zustand“, ruft Senem Roos, Bezirksschülervertretung Rheinisch-Bergischer Kreis (BSV), energisch den rund 80 Demonstranten zu, bevor der Marsch durch die Innenstadt losziehen soll. „Wir brauchen kleinere Klassen, mehr Personal und Mitbestimmung.“

Als Bühne dient die Treppe der leerstehenden Rheinberg-Passage am S-Bahnhof. Die meisten der Bildungsprotestler sind Schülerinnen und Schüler aus dem Stadtgebiet, darunter sind nur sehr wenige Eltern und nur ein einziger Lehrer. Im Kern fordert die Landesschülerschaft ein Sondervermögen in Höhe von zehn Milliarden Euro, um die dringend notwendige Sanierung für Schulen und den Lehrermangel zu finanzieren.

Eine wichtige Forderung lautet: mehr Mitbestimmung

Ein Punkt, der viel zu kurz komme, sei die Mitbestimmung, betont Carlo Rückkamp, ebenfalls Mitglied der BSV und Oberstufenschüler des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) in Bensberg. „Man redet immer über uns, aber nicht mit uns“, kritisiert er und schlägt vor, dass Schülervertreter als beratende Mitglieder an den Beratungen in Schulausschüssen teilnehmen können. Seine Mitschüler Artur, Jordan und Enrico berichten, der Leistungsdruck sei enorm. Manche Schultage   dauerten elf Stunden. Deshalb müssten die Lehrpläne ausgedünnt werden und dringend über das Thema mentale Gesundheit geredet werden.

Für Carolina, ebenfalls vom OHG, ist es ihre erste Demo. Sie sagt: „Der Lehrermangel muss dringend ausgeglichen werden.“ Am Dienstag seien bei ihr alle Unterrichtsstunden ausgefallen. Wenn Lehrer ausfielen, könne das System das nicht ausgleichen. „Trotzdem wird von uns verlangt, dass wir das ganze Unterrichtsmaterial aufnehmen.“

Den Schülern drohen disziplinarische Strafen

Die Demonstration beginnt morgens um 9 Uhr in der Schulzeit. Den jungen Protestlern ist es nicht erlaubt, hier zu sein. Es sei denn, die Schulleitung genehmigt den Ausflug zum Beispiel als Exkursion. Auf diese Weise sind die Schüler des So-Wi-Leistungskurses des Otto-Hahn-Gymnasiums auf der sicheren Seite. Allen anderen drohen als disziplinarrechtliche Maßnahme unentschuldigte Fehlstunden.

Wie das praktisch aussieht, erklären Sarah, Lena, Jolene, Kilian und Emma, fünf Neuntklässler des Gymnasiums Herkenrath: „Wir müssen sagen, wir gehen zum Arzt, wenn wir zur Demo wollen.“ Die Schulleitung habe eigens die Eltern per Mail darüber informiert, dass Schüler-Streiks untersagt seien. „Aber wir sind trotzdem hier, weil wir etwas erreichen wollen“, betont Sarah.

„Schule brennt, Politik pennt“ steht auf einem Plakat 

„Unser Klassenzimmer ist verschimmelt. Seit Monaten tut sich nichts. Wir haben Angst, krank zu werden“, berichtet Lena. „Die Toiletten sind widerlich. Auf keinen Fall gehe ich dahin“, fügt Jolene hinzu und betont: „Wir wollen uns nicht mehr nur beschweren, sondern ein Zeichen setzen.“

Alle auf dem Platz reihen sich jetzt in den Tross ein und stimmen den Slogan des Tages an: „Hoch die Hände, Bildungswende“, schallt es erst durch das Megafon, dann wiederholen alle Teilnehmer den Spruch. Die Plakate der Schüler werden von Regenschirmen verdeckt. „Schule brennt, Politik pennt“ oder „Bildung ist unser Recht. Veränderung unsere Pflicht“ steht darauf in Anspielung auf die Bildungskrise und die Versäumnisse der Politik.

Der Protestzug wird von Polizeiwagen begleitet

Der Protestzug biegt mit lauten Rufen und begleitet von Polizeiwagen in die Fußgängerzone ein, – einige Passanten nicken zustimmend – und führt weiter entlang des Konrad-Adenauer-Platzes auf die Hauptverkehrsstraße An der Gohrsmühle, wo sich Auto- und Busfahrer in Geduld üben müssen.

An der Spitze des Zugs geht Jogi aus Wermelskirchen, er begleitet seine Tochter Lea, 13 Jahre alt. „Es muss jetzt etwas passieren. Es fällt mehr Unterricht aus, als stattfindet“, sagt er. Seine Tochter ist erst etwas frustriert und schüchtern, weil sie als einzige aus ihrer Sekundarschule hier ist. „Wir haben die E-Mail zur Veranstaltung aber auch erst gestern Abend erhalten“, erzählt sie. Und dann fasst sie sich doch noch ein Herz und traut sich, das große Banner mitzutragen.

Senem Roos dankt am Ende allen Teilnehmern. „Wir freuen uns, dass ihr trotz des schlechten Wetters hier wart. Das war heute erst der Auftakt unseres Protests“, kündigt sie weitere Veranstaltungen an. Der marode Zustand der Schulen sei nicht mehr zu tolerieren. Es sei wichtig, dass die Schülerschaft Präsenz zeige.

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