„Schäden sind eine Chance“So wird sich das Gladbacher Papiermuseum verändern

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Die neue Leiterin des LVR-Industriemuseums Papiermühle Alte Dombach, Sonja Nanko (r.), mit Kollegin Annette Schrick.

Die neue Leiterin des LVR-Industriemuseums Papiermühle Alte Dombach, Sonja Nanko (r.), mit Kollegin Annette Schrick.

Bergisch Gladbach – Neustart Fast ein Jahr ist es her, dass bei der Jahrhundertflut am 14. Juli 2021 auch das Gelände der Alten Dombach überschwemmt wurde. Große Teile der Dauerausstellung sind unbrauchbar geworden. Die unteren Räume des Papiermuseums sind immer noch feucht. Und bei jedem Regen steht die bange Frage im Raum: Kriegen wir wieder Pfützen?

Das ist die Situation, die die neue Direktorin Sonja Nanko vorgefunden hat. Die 45-jährige Kulturwissenschaftlerin leitet seit 1. Mai die Bergisch Gladbacher Adresse der LVR-Industriemuseen – ausdrücklich im Team mit Annette Schrick, der langjährigen Kuratorin vor Ort.

Wechsel von Engelskirchen nach Bergisch Gladbach

Nanko kommt sozusagen aus der Nachbarschaft, denn seit sechs Jahren ist sie bereits Chefin der Außenstelle Engelskirchen mit dem Oelchenshammer – und zu Hause ist sie in Bergisch Gladbach. „Die beiden Häuser arbeiten ja schon seit langem eng zusammen“, sagt Nanko, „deshalb kenne ich das Papiermuseum gut.“ Nicht zuletzt deshalb können sich die beiden Frauen nahtlos in den Wiederaufbau stürzen. „Die Überschwemmungsschäden sind auch eine Chance“, erklärt Annette Schrick. „Wir nehmen das zum Anlass, die Dauerausstellung neu zu konzipieren.“

Die Präsentation, sind sich die Expertinnen einig, sei ein bisschen in die Jahre gekommen und könne ein Update und neue Impulse gut vertragen. „Das haben wir bei den Themenausstellungen, wie zuletzt übers Klopapier, schon lange gemacht.“ Während die Historie als wichtiges Standbein gut vertreten ist, wollen Nanko und Schrick sich um die Zukunft des Papiers kümmern und moderne Präsentationsformen testen.

Zukunftsprojekt

Das Projekt Futur 21 hat der Landschaftsverband Rheinland (LVR) für seine Museen ins Leben gerufen, um das Verhältnis von Mensch und Natur in der Zukunft zu reflektieren. Es gab Workshops, Veranstaltungen, Kunstaktionen und die Möglichkeit, digitale Medien vor Ort zum Einsatz zu bringen. (eck)

„Die Teilnahme am Projekt Futur 21 hat uns in dieser Hinsicht einen großen Schub gegeben“, sagt Sonja Nanko. „Die multimedialen Angebote sind bei den Besucherinnen und Besuchern gut angekommen.“ Vor allem das „Malen mit Licht“ ist ein Renner in den Schulklassen geworden; auch bei unserem Treffen hantieren Kinder in dem verdunkelten Raum mit ihren Tablets, um Formen und Farben zu komponieren.

Auf der Suche nach Papier, das nicht durchnässt

Das und die Coronazeit haben dazu beigetragen, „dass wir als digital arbeitend wahrgenommen werden“, drückt Sonja Nanko die Entwicklung aus. „Das ist ausbaufähig.“ Soll aber nicht heißen, dass das Papier künftig ausgedient hat. Im Gegenteil. „Wir beobachten gerade in der Industrie und im Handel eine Rückbesinnung auf das Papier“, sagt Annette Schrick. „Man kann ja alles aus Papier machen. Die Hochschulen forschen sogar über das Bauen mit Papier, Ikea macht Regale aus Papier“, nennt sie Beispiele. Ein leichter und dennoch stabiler Werkstoff, der anscheinend nur einen Nachteil hat: Er durchnässt. Schrick: „Wie man das verhindern kann, daran wird intensiv geforscht.“

Als Papierort sei die Alte Dombach heute wichtiger denn je, meint Sonja Nanko. Schrick: „Mit der Schließung der Zanders-Fabrik im letzten Jahr geht Bergisch Gladbach als Papierstadt verloren.“ Die Aufgabe des Museums sei es auch, die Tradition zu erhalten und die Erinnerung daran wachzuhalten. „Diesen authentischen Ort kann uns keiner nehmen“, ist Nanko sicher. „Wir machen ja auch die Erfahrung, wie die Besucher es nach den Corona-Lockdowns genießen, hier zu sein.“

Der Mix aus Historie, Handwerk, Industriegeschichte und Zukunftsvisionen soll Mitmachen und Mitdenken befördern. Dazu gehört die Fortführung des Dauerbrenners, des Papierschöpfens nach alter Technik. Auch wenn das schwieriger geworden ist nach Schließung von Zanders.

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„Wir haben aus der Fabrik immer den Zellstoffbrei für die Vorführungen bekommen“, sagt Schrick. „Einmal im Monat haben wir zwei Fässer abgeholt.“ Dafür müssen sie nach Düren fahren in die einzige noch produzierende Papierfabrik der Region.

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