Rhein-Berg KreisverwaltungLandrat Santelmann nennt Rollenumverteilung „rechtswidrig“

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Stellte sein neues Organisationsmodell vor: Landrat Stephan Santelmann (CDU). (Archivbild)

Bergisch Gladbach – Der Konflikt um die zukünftige Führungsstruktur im Kreishaus eskaliert weiter: „Meuterei auf der Bounty“ in modern, nämlich als Putschversuch am Rübezahlwald – das ist die Sicht, die Landrat Stephan Santelmann (CDU) beschreibt.

Die Kölner Bezirksregierung hat wie berichtet von Santelmann eine Stellungnahme zu der geplanten Umstrukturierung in seinem Hause gefordert. Diese Pläne waren nach übereinstimmenden Berichten verschiedener Teilnehmer einvernehmlich im Ältestenrat des Kreistages und in der CDU-Fraktion dargestellt, dann aber von Santelmann gestoppt worden.

Landrat behauptet weiter, überrumpelt worden zu sein

Die Post, die der Landrat nun nach Köln geschickt hat, liegt dieser Zeitung inzwischen vor. Sie hat es in sich. Santelmann schreibt, er sei einige Wochen an Corona erkrankt gewesen und habe danach festgestellt, dass „meine Abwesenheit durch den Kreisdirektor dazu genutzt wurde, meine kommunalverfassungsrechtlich garantierte Organstellung als Landrat in Frage zu stellen“. Dagegen werde er sich als Landrat, der „Recht und Gesetz verpflichtet“ sei, wehren.

Santelmann erwähnt nicht, dass es im Kreishaus ein tief gehendes Zerwürfnis zwischen ihm und der kompletten restlichen Führungsspitze und auch dem Personalrat gegeben hat, das im Konflikt um die Lahmlegung des Corona-Krisenstabes publik geworden war. Stattdessen schreibt der Landrat weiter, dass ohne sein Wissen und ohne seine Beteiligung eine neue Aufgabenorganisation erarbeitet worden sei. Er sei damit „überrumpelt“ worden. Aber er werde, kündigt er weiter an, seine Position „in voller Erfüllung der gesetzlichen Regelungen“ wahrnehmen. Dabei beabsichtige er eine Umstrukturierung innerhalb der Verwaltung.

Fraktionssitzung geplant

Mit dieser Santelmann-Mail an die Bezirksregierung erreicht der Krach im Kreishaus eine neue Eskalationsstufe. Denn die eingefädelte Neuverteilung der Aufgaben zwischen dem gewählten Landrat und dem kompletten Rest der Verwaltungsführung sollte ja eigentlich dazu dienen, die Kreisverwaltung wieder in ein ruhigeres Fahrwasser zu bringen.

Ist denn nach diesem neuerlichen Zerwürfnis überhaupt noch irgendetwas zu retten im Kreishaus? Oder wird nun das komplizierte Abwahlverfahren mit seinen hohen Hürden eingeleitet? Nach Einschätzung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Gerhard Zorn hat Landrat Santelmann mit dieser Mail das Tischtuch zwischen ihm und dem Rest der Verwaltung und der Kreistagspolitik „komplett zerschnitten“. Am Dienstag soll bei einer Sitzung der kompletten Fraktion überlegt werden, was nun zu geschehen habe.

Santelmann „Sorgenkind“ der CDU-Fraktion

CDU-Fraktionschef Uwe Pakendorf, gestern aus dem Urlaub zurückgekehrt, ließ deutliche Verärgerung über Santelmanns Vorgehen erkennen. Den Rückzug von der ausgearbeiteten Vereinbarung habe der Landrat vorher nicht angekündigt. Auch andere Christdemokraten ließen erhebliches Unverständnis über „unser Sorgenkind“ durchblicken.

Werner Conrad (Freie Wähler) zeigte sich überrascht, dass Santelmann nun alles wieder in Frage stelle, was vorher als einvernehmliche Lösung präsentiert worden sei. Dr. Alexander Engels (FDP) sagte, das Vertrauensverhältnis zu Santelmann sei nun massiv gestört. Sein Verhalten sei für einen Verwaltungschef nicht tragbar. Im weiteren Verfahren vor allem die CDU gefordert, sie habe eine Sperrminorität. Sebastian Weirauch (AfD) mahnte den Landrat, den „so dringend benötigten Kompromiss“ nicht zu demontieren.

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Nicht einreihen in den Chor der Kritiker wollte sich dagegen Roland Rickes (Grüne). Die gut bezahlte Verwaltungsspitze sei gefordert, eine gemeinsame Lösung zu finden. Der Landrat sei von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden, nicht von der Kreisverwaltung oder den Kreistagspolitikern. Er sei sich schon hinsichtlich der eigenen Fraktion nicht sicher, ob es eine Mehrheit für ein Abwahlverfahren gäbe. (mit wg)

Aus dem Schreiben des Landrates an die Bezirksregierung vom 9. Juli

Zum Kreisdirektor positioniert sich Santelmann: „Bis vor kurzem war ich einige Wochen an dem Coronavirus erkrankt. Meine verwaltungsbezogenen Dienstgeschäfte mussten in dieser Zeit vorübergehend durch meinen Allgemeinen Vertreter, Herrn Kreisdirektor Dr. Erik Werdel, wahrgenommen werden. Nach meiner Genesung und Rückkehr (...) habe ich festgestellt, dass meine Abwesenheit durch den Kreisdirektor dazu genutzt wurde, meine kommunalverfassungsrechtlich garantierte Organstellung als Landrat in Frage zu stellen. Das von dem Kreisdirektor verfolgte Ziel kann und werde ich als von der Bevölkerung gewählter und demokratisch-legitimierter Landrat nicht hinnehmen. Als Landrat bin ich Recht und Gesetz verpflichtet und stehe in Person für die verfassungsmäßige Rechtsordnung ein.“

Zu den Reformplänen schreibt Santelmann: „Vorgeschlagen wurde eine Aufteilung, welche im Wesentlichen der alten kommunalen Doppelspitze in NRW entspricht und bei welcher der jetzige Kreisdirektor offenbar die Funktion des ehemaligen Oberkreisdirektors übernehmen will. (...)Es steht dabei außer Frage, dass sich dieses Vorhaben contra legem gestaltet und eindeutig als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Eine solche Geschäftsverteilung kann und werde ich nicht akzeptieren.“

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