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SPD-BürgermeisterkandidatRalph Liebig will mehr Phantasie für Burscheid

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SPD-Bürgermeisterkandidat Ralph Liebig vor dem Parteibüro

Er tritt wieder für die SPD an: Ralph Liebig will Bürgermeister von Burscheid werden.

Der Sozialdemokrat möchte das Rathaus zu einem Ort der Möglichkeiten machen und vermisst ein Konzept für die Stadt.

Voriges Mal hieß der Gegner noch Stefan Caplan. Diesmal geht es gegen Dirk Runge, parteilos – aber unterstützt von CDU, BfB und FDP. „Gegen Runge? Ich trete für Burscheid an.“ Ralph Liebig mag demokratischen Wettbewerb, aber keine Feindbilder und auch keine künstlich aufgebauten Gegensätze. Seine Kandidatur soll auch zeigen, dass die kommunale Demokratie funktioniert. Nur ein Kandidat für den Posten des ersten Bürgers in Burscheid? Das geht nicht, sagt der 59-Jährige. Dass sich die beiden derzeit größten Ratsfraktionen hinter dem Mann versammelt haben, der auch aus Liebigs Sicht nach Caplans plötzlichem Tod garantieren konnte, dass die Geschäfte im Rathaus nahtlos weiterliefen, sieht der Sozialdemokrat durchaus kritisch. Ist aber nicht sein Problem.

Ein Problem sieht er vielmehr darin, dass sich in der 19.000-Einwohner-Stadt aus seiner Sicht eine „liebenswerte Eingeschlafenheit“ breit gemacht habe. Im Rathaus wolle man zu wenig, die Stadtverwaltung trete unter anderem gegenüber dem Kreis viel zu passiv auf. Ein Beispiel: Dass der gesamte Stadtrat – Gegner des Projekts gibt es nicht – einschließlich des Bürgermeisters mit Bangen darauf wartet, dass am 13. August etwas auf dem Bauplatz des Montanus-Centers in der Innenstadt geschieht, resultiere auch aus der engelhaften Geduld im Rathaus mit dem Kreis-Bauamt. „Dabei ist das doch unser Dienstleister“, stellt Liebig fest: Der Etat des Kreises wird schließlich aus Umlagen der Kommunen bestritten. Also könne Burscheid kein Bittsteller sein, wenn es bei einer Baugenehmigung hakt. „Ich würde da jeden Tag anrufen.“ 

Den sozialdemokratischen Weg beschreibt der Antrag, den Bewohnern des Luchtenberg-Richartz-Hauses wieder einen Weg auf die andere Seite der Balkantrasse zu bahnen. Liebig findet es schlecht, dass die Verbindung durch eine Baustelle abgeschnitten wird, auf der nichts passiert – „wenn man schon ein Pflegeheim mitten in der Stadt hat“.

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Liebig vermisst den großen Plan für Burscheid

Der SPD-Mann vermisst an vielen Stellen eine Vorstellung, wie sich Burscheid weiterentwickeln soll: „Ich muss schon ein bisschen weiter gucken als nur in den nächsten Stadtentwicklungsausschuss.“ In dem nur das abgearbeitet wird, was verwaltungstechnisch ansteht. Das gelte für die Gestaltung der Burscheider Innenstadt, die zwar mit langfristigen und durchaus teuren Konzepten verfolgt wird. Aber einen größeren Wurf wie den Bau eines Parkhauses nicht vorsieht. Dabei würde eine große Unterstellmöglichkeit für Autos die Voraussetzung für eine wesentlich lebenswertere Innenstadt schaffen, sagt der Mann, der sich regelmäßig in Dänemark aufhält und die Unaufgeregtheit toll findet, mit der eine Stadt wie Kopenhagen eine radikale Verkehrswende hinbekommen hat. „Natürlich ist Burscheid nicht Kopenhagen“, sagt Liebig. Aber den Mut, ein Konzept mal zu Ende zu denken und nicht Bedenkenträgern das Feld und die Diskussionshoheit zu überlassen, findet er vorbildhaft.

Deshalb muss aus seiner Sicht die Montanusstraße zur Fahrradstraße werden. Damit wäre Burscheid natürlich noch längst kein Radler-Paradies, „aber das wäre mal ein Anfang. Und ein Signal“. Auch hier stört ihn, dass an der Spitze der Stadtverwaltung erst einmal abgewiegelt wird: noch nicht entscheidungsreif. Und welche Verkehrsregeln nach dem Umbau gelten, entscheide – richtig – der Kreis. Das ist die Ansage, Stand jetzt.

Im Rathaus sollen Dinge ermöglicht werden, nicht verhindert

Würde Liebig Bürgermeister, würde er an die Eigeninitiative der Leute in der Stadtverwaltung appellieren. Das Rathaus sei die Stelle, an der etwas ermöglicht werden muss, nicht verhindert. Bekäme er den Wählerauftrag, „gebe ich das Bürgermeister-Büro auf und ersetze das durch einen großen Besprechungstisch“ – Liebig wird plakativ. Aus seiner Sicht geht es auch an der Spitze einer Stadtverwaltung um „Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation“. Nach diesem Prinzip leite er auch seine beiden Abteilungen beim Schadenssanierer Franz & Krause in Remscheid.

Reden müsse man allerdings nicht nur intern, sondern auch mit den Burscheiderinnen und Burscheidern. Schließlich bestimmten die, wo es langgehen soll. Liebigs Rollenverständnis: „Ich bin nicht der Politiker. Ich bin der Bürger.“ Und die ganze SPD in Burscheid? „Normale Typen“, sagt der Kandidat. Seine politische Basis, die gern erstmal zuhöre. So sei auch die Eröffnung des Treffpunkts auf der Montanusstraße zu verstehen. Zunächst einmal läuft der Mietvertrag für zwei Jahre. Ein Beleg dafür, dass die Sozialdemokraten langfristig denken, sich und den Bürgern Zeit geben. Der Treffpunkt soll sich etablieren. Nach seiner Beobachtung passiere das, sagt Liebig. Langsam kämen nicht mehr nur die üblichen Verdächtigen, sondern auch die, für die der Laden eigentlich gedacht sei.

Tatsächlich wird Liebig just von einer Passantin angesprochen, die eine Frau im Rollstuhl schiebt und sich – weil sie es gerade wieder erlebt – über die hohen Bordsteine und andere Beschwernisse in der Montanusstraße und an vielen anderen Stellen in der Stadt beschwert: „Holen Sie sich mal einen Rollstuhl und probieren Sie’s aus.“ Gute Idee, findet der Kandidat. 

Das steht für den Politikstil, den er sich auch im Rathaus wünscht. Er wäre die Übersetzung dessen, was seine SPD mache, sagt Ralph Liebig: Zuhören und daraus politische Initiativen entwickeln. „80 Prozent unserer Anträge kommen so zustande.“ Dass politische Konkurrenten im Stadtrat die Sozialdemokraten für die Vielzahl ihrer Vorstöße kritisieren, kann Liebig überhaupt nicht nachvollziehen.   

Als Angebot zum Gespräch versteht er auch den roten Trecker, mit dem er in der Stadt unterwegs ist. Er soll ein Signal sein, dass Ralph Liebig jederzeit ansprechbar ist, als Burscheider. Diesen Seitenhieb auf Dirk Runge, der in Köln wohnt, kann sich der Kandidat nicht verkneifen.