Dem Landratskandidaten der Grünen sind Wohnungsbau, Klimawandel, Städtebauplanung und Kultur ein besonderes Anliegen.
LandratswahlJörg Wagner will grüne Politik ohne erhobenen Zeigefinger machen

Vor dem Zanders-Hauptgebäude: Dr. Jörg Wagner kennt sich aus in Stadtplanung und Ministerien.
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Warum sich Dr. Jörg Wagner, der als hochrangiger leitender Ministeriumsmitarbeiter in Berlin arbeitet und seit 1995 in Rösrath lebt, politisch engagiert und nach 2017 erneut als Landrat kandidiert? „Da hat meine Tochter zu beigetragen“, sagt der 65-jährige Jurist und lächelt. „Nach der Landtagswahl 2017 hat sie mir gesagt: Papa, ich habe die CDU gewählt.“ Seine Tochter habe ihn an der Ehre gepackt, sagte der verwitwete Vater zweier mittlerweile erwachsener Kinder damals.
„Seit 2010 bin ich bei den Grünen. Anlass war, dass ich etwas für die Umwelt tun wollte, damit auch die kommenden Generationen in Rhein-Berg in einer lebenswerten Umgebung aufwachsen können“, bekennt der Wahl-Rösrather. Dem Bild des „Grünen mit dem erhobenen Zeigefinger“ möchte er aber auf gar keinen Fall entsprechen. „Ich möchte zeigen, dass grüne Politik auch mit Lebensfreude, Wirtschafts- und Verwaltungskompetenz erfolgreich sein kann“, sagt der gebürtige Münsteraner, der in Paderborn aufgewachsen ist, Jura und Volkswirtschaft studiert und dann in Planungsrecht promoviert hat.
Wagner war im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung tätig
Durch die Arbeit kam er ins Rheinland, war im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung tätig, dessen komplette Dienststelle Bonn mit 800 Beschäftigen er schließlich von 2010 bis 2014 leitete. Eine offenbar politisch motivierte Versetzung bewegte den bis dahin parteilosen Wagner, Grünen-Mitglied zu werden und sich zum Mediator ausbilden zu lassen. „Ich hatte den Dieselskandal aufklären wollen, war auch der Zuständige“, sagt Wagner. „Da musste ich weg.“
Wagner wechselte ins Umweltministerium. „Dann habe ich Wasser, Klimaanpassung, Bodenschutz gemacht“, erinnert sich Wagner. „Nach acht Jahren habe ich gehört, die bauen jetzt ein neues Städtebauministerium. Da habe ich angefangen.“
Ich denke, ich habe eine ganze Menge Erfahrung, die ich in die Arbeit als Landrat einbringen könnte
Wagner, der sich selbst als konservativ bezeichnet, will mit 65 Jahren noch einmal ganz neu durchstarten. „Ich denke, ich habe eine ganze Menge Erfahrung, die ich in die Arbeit als Landrat einbringen könnte“, sagt der Grüne beim Kandidatenspaziergang, für den er sich das Zanders-Gelände ausgesucht hat. „Städtebauplanung – das ist das, wo ich ja auch herkomme“, sagt er. Wohnen und Arbeiten auf dem ehemaligen Werksgelände zusammenzubringen sei wichtig. Und Kultur. „Wir brauchen Wohnungen, müssen was gegen den Klimawandel tun. Aber Kultur ist das Emotionale, der Kit, der alles zusammenhält“, sagt Wagner. Und dazu zähle auch Baukultur, sagt der Landratskandidat mit Blick auf die historischen Industriegebäude. Und: „Der Rheinisch-Bergische Kreis braucht jetzt Weitsicht und Mut für die kommenden Herausforderungen“, zeigt sich der Wahl-Rösrather überzeugt: „Mit meiner langjährigen Verwaltungserfahrung möchte ich dazu beitragen, ihn zukunftsfähig zu gestalten. Die Herausforderungen des Klimawandels, der Energiewende und einer nachhaltigen Infrastrukturentwicklung erfordern fundierte Fachkenntnisse und Führungsstärke. Beides bringe ich mit.“
Bei der vergangenen Kreistagswahl 2020 erzielten die Grünen mit 17 Mandaten ein historisch starkes Ergebnis und etablierten sich als zweitstärkste Kraft im Kreistag. Seit 2014 kooperieren sie dort in einer Koalition mit der CDU.
Laut Wagner soll die Kreisverwaltung die Kommunen unterstützen
Anders als bei der vergangenen Kommunalwahl haben sie diesmal allerdings kein gemeinsames Programm vorgestellt, zeigten sich zudem überrascht, dass die CDU – ohne mit ihnen zu sprechen – mit der Aufstellung eines eigenen Landratskandidaten vorgeprescht war. Wagner hat als Kreisvorsitzender der Grünen unterdessen auch diese Situation kommunikativ wieder eingefangen, wie er beim Kandidatenspaziergang erzählt. Wolkenkuckucksheime sind seine Sache nicht, Bedürfnisse von Wirtschaft und Umwelt zu versöhnen hält er unterdessen für eine realistische Option von Politik, gerade in einem Kreis wie dem Rheinisch-Bergischen.
„Und so ist auch mein Verständnis, wie eine Kreisverwaltung arbeiten sollte“, sagt Wagner: „Ruhig im Hintergrund, aber die Kommunen bei ihrer Arbeit unterstützen und ihnen ab und zu auch mal so ein bisschen einen Wegweiser aufzeigen, wo es hingehen soll.“ So könnte sich der erfahrene Macher aus den Ministerien einige Bewegung auch für seinen Heimatkreis vorstellen.