Kreisverwaltung Rhein-BergLandrat Santelmann stoppt neue Aufgabenverteilung

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Stephan Santelmann 070721

Landrat Stephan Santelmann (CDU) eskaliert damit erneut die Situation im Kreishaus. 

Rhein-Berg – Eigentlich war alles geklärt: Landrat Stephan Santelmann (CDU) sollte sich nach dem tiefen Zerwürfnis mit nahezu der kompletten Kreisverwaltung, die bereits lange vor seiner Erkrankung aufgebrochen war, künftig auf die Außenvertretung des Kreises und repräsentative Termine konzentrieren; Kreisdirektor Dr. Erik Werdel sollte die administrative Leitung der Kreisverwaltung wahrnehmen. Dem hatte auch Santelmann grundsätzlich zugestimmt. Gestern jedoch drehte er das Rad zurück. Mit einer E-Mail. Die Situation eskalierte. Nicht nur Mitarbeitende, sondern auch Politiker zeigten sich entsetzt.

Mit seiner E-Mail an alle Kreismitarbeitenden nämlich rief Santelmann die von Kämmerer Klaus Eckl kurz zuvor den Kreishausmitarbeitern mitgeteilte neue Aufgabenverteilung zurück. Sie sei von ihm „nicht freigegeben“ und auch so mit ihm „nicht abgestimmt worden“, so Santelmann. Dabei, so war aus Kreisen der Politik zu erfahren, hatte Santelmann selbst vergangene Woche noch teilweise wortgleich die Kreispolitik im Ältestenrat über die vereinbarte Aufteilung informiert.

Kreisverwaltung „schockiert und fassungslos“ 

Aus Reihen des Ältestenrats war denn auch am Dienstag blankes Entsetzen zu vernehmen. „Das kann der doch nicht machen“, so ein Teilnehmer. Aus dem Kreishaus meldeten sich gleich reihenweise Mitarbeitende, die nun die Rückkehr zu überwunden geglaubten Verhältnissen fürchten.

Wie berichtet hatte unter anderem ein Schreiben des Personalrats an Santelmann gezeigt, wie tief die Verwerfungen waren. In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt und das die Führungskräfte der Kreisverwaltung noch mit einem eigenen Schreiben an Santelmann bekräftigten, hatten sich die Mitarbeitervertreter der Kreisverwaltung „schockiert und fassungslos“ darüber gezeigt, wie der Landrat mit Mitarbeitenden umgegangen sei, wie durch ihn Interessen von Privatpersonen oder Institutionen in die Kreisverwaltung „gesteuert“ worden seien und so eine Stimmung im Haus entstanden sei, wie sie der „Personalrat noch nie erlebt“ habe.

Aufgabenteilung funktioniert auch in anderen Kreisen

„Damals hat die CDU uns versprochen, keiner brauche Angst zu haben, wenn der Landrat nach seiner Erkrankung ins Kreishaus zurückkehrt – und jetzt?“, sagte gestern ein Kreishausmitarbeiter: „Die Menschen haben hier Angst, dass alles wieder so wird wie davor!“

CDU-Fraktionschef Johannes Dünner, der selbst nicht am Ältestenrat teilgenommen hatte, rang gestern um Worte: „Inhaltlich ist das, was im Schreiben von Klaus Eckl an die Kreishausmitarbeitenden steht, das Ergebnis der Beratungen – auch mit Stephan Santelmann.“ Die Aufgabenaufteilung zwischen Landrat und Kreisdirektor sei ein „gängiges Modell“, dass auch in anderen Kreisen funktioniere. Dünner: „Wir gehen fest davon aus, dass die Absprache auch für Stephan Santelmann Bestand hat.“

Stellungnahme an die Bezirksregierung in Arbeit

Tatsächlich aber hat der Landrat vorerst sämtliche weiteren Termine zur neuen Organisationsstruktur im Kreishaus, in dem er auch räumlich in ein anderes Büro mit einem eigenen Geschäftsstellenteam umziehen sollte, abgesagt.

Santelmann selbst begründet die Absage auf Nachfrage dieser Zeitung ebenso wie seine Rückruf-E-Mail an die Kreisverwaltung damit, dass sich die Bezirksregierung am Dienstagmorgen gemeldet und eine „Stellungnahme zu Fragen der Verwaltungsorganisation“ gefordert habe. „Erst müssen wir nun bis Donnerstag diese Stellungnahme an die Bezirksregierung ausarbeiten. So lange ruht das andere erstmal. Und dann sind noch einige Dinge zu klären“, so Santelmann im Gespräch mit dieser Zeitung.

„CDU bleibt nur noch Abwahlverfahren“

Schließlich bestünden auch noch „erhebliche kommunalrechtliche Bedenken“ gegen die Aufgabenverteilung. Genauer mochte sich der Landrat dazu auf Nachfrage nicht äußern: „Wir wollen eine gute Lösung finden, eine vernünftige Grundlage, um auf dieser Basis gut zu arbeiten.“ In vielen Bereichen habe er durch die Zeit seiner Erkrankung, vieles nachzuholen, sagt der Kreishauschef. Das habe ihn doch überrascht.

Ob er nicht überrascht gewesen sei, wie viele Probleme sich aus Sicht von Kreishausmitarbeitern, aber auch der Öffentlichkeit in seiner Arbeitsweise und in seiner Handhabung des Krisenmanagements nach Stilllegung des Krisenstabs konzentrierten? „Ich bin da ja auch an der Aufarbeitung dran“, sagt er kurz. Dazu dürfte indes kaum passen, dass er kurz zuvor alle Aufarbeitungstermine mit der Verwaltung abgesagt hatte.

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Im Kreishaus schüttelt man ob der jüngsten Rolle rückwärts des Landrats bei der Neuaufteilung der Aufgaben nur verzweifelt den Kopf. „Jetzt bleibt der CDU doch nur noch ein Abwahlverfahren“, sagt ein Mitarbeiter. „Aber angesichts der Lage, der bevorstehenden Aufgaben – und der Wahlen – stünde ihr das auch gut – um wenigstens etwas Vertrauen zurückzugewinnen.“

Die geplante Neuverteilung 

Gestoppt hat Landrat Stephan Santelmann (CDU) gestern im Kreishaus die Kommunikation über folgende bereits der Kreispolitik im Ältestenrat vorgestellte Neuorganisation:

Landrat und Kreisdirektor: Während sich Landrat Stephan Santelmann auf die „wichtigen repräsentativen Aufgaben“ des Kreises und dessen Vertretung in diversen Gremien sowie den Vorsitz in Kreisausschuss und Kreistag konzentriert, übernimmt Kreisdirektor Dr. Erik Werdel die Verwaltungsleitung und damit die operativen Aufgaben im Verwaltungsgeschäft. Beide nehmen selbst keine Dezernenten-Rollen mehr wahr wie Kreisdirektor Werdel bisher beispielsweise bei Kultur, Bildung und Integration, Krisenstab und Wirtschaftsförderung.

Umzug des Landrats: Zur „Entzerrung der Betriebsamkeit“ in der bisherigen Bürogemeinschaft von Landrat und Kreisdirektor soll Landrat Santelmann mit einem eigenen Team Räume in einem anderen Gebäudeteil des Kreishauses beziehen. Umbau bis Mitte Juli.

Zentral-Dezernat: In einem neuen Zentral-Dezernat werden unter Leitung von Dezernent Markus Fischer Querschnittsämter wie Personal, IT, Gebäudemanagement und Zentrale Dienste zusammengefasst.

Kämmerei mit Soziales und Gesundheit: Klaus Eckl bleibt Kämmerer, ist aber nicht mehr dem Dezernatsbereich des Landrats zugeordnet und übernimmt zusätzlich die Aufgaben Soziales, Jugend und Gesundheit.

Bildung: Die Leitung eines neu zusammengesetzten Dezernats mit Bildung, Kultur, Schule und Sport sowie dem Schulpsychologischen Dienst übernimmt Aggi Thieme.

Unverändert bleiben die Dezernate von Anette Kupferschmidt-Fritz (u.a. Recht, Ordnung, Straßenverkehr, Feuerschutz, Veterinär- und Lebensmittelüberwachung) sowie von Elke Reichert (u.a. Verkehr, Mobilität, Umwelt, Planung und Bauaufsicht).

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