Kein Tempo 100Gutachter wollen dem Auto in Odenthal weniger Platz geben

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Derzeit beherrsche das Auto rund 80 Prozent des Verkehrsraumes, die übrigen Verkehrsteilnehmer müssten sich die verbleibenden 20 Prozent teilen.

Odenthal – Der Platz im öffentlichen Straßenraum ist begrenzt, Staus und Unfallschwerpunkte sind die Folge. In Odenthal, das stark vom Durchgangsverkehr betroffen ist, zeigt sich dies besonders deutlich an der Altenberger-Dom-Straße: Autos, Busse und Lastwagen, Fahrräder und Fußgänger drängen sich hier auf engstem Raum, mit allen Konflikten, die daraus entstehen. „Im Verkehr herrscht ein ausgeprägter Egoismus“, sagte Dr. Peter Sienko vom Ingenieurbüro Isa-Plan in Leverkusen, das mit einem Verkehrskonzept für die Gemeinde beauftragt worden ist. Einen Zwischenbericht gab er nun den Mitgliedern im Verkehrsausschuss.

Der Planer fordert einen Paradigmenwechsel. Weg von der Dominanz des Autos – hin zu mehr Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer. Derzeit beherrsche das Auto rund 80 Prozent des Verkehrsraumes, die übrigen Verkehrsteilnehmer müssten sich die verbleibenden 20 Prozent teilen, kritisierte der Ingenieur. Außerhalb der Ortslagen mache dies durchaus Sinn, mit Erreichen des Ortseingangsschildes müssten aber andere Verhältnisse herrschen. Im innersten Ortskern, „dem Wohnzimmer des Fußgängers“, müsse sich das Kräfteverhältnis sogar umkehren, der nichtmotorisierte Verkehr den größten Raum einnehmen, meinte er.

Was in Witzhelden möglich sei, wo das Zentrum heute wieder Aufenthaltsqualität besitze, das müsse sich auch in Odenthal realisieren lassen. Auf freier Strecke will Isa-Plan die Geschwindigkeit drosseln. „Wir wollen Odenthal Tempo-100-frei machen“, kündigte Sienko an, – wohl wissend, dass dieser Versuch etwa auf der Straße von Odenthal nach Altenberg, einer bekannten Raserstrecke, schon mehrfach an Straßen NRW gescheitert ist. Hier könnte ein stimmiges Verkehrskonzept, das auch Querungsinseln sowie einen Kreisverkehr an der Einmündung Bergstraße vorsieht, die Landesbehörde vielleicht umstimmen, meinte der Planer optimistisch.

7 000 bis 9 000 Fahrzeugen pro Tag

Gleichzeitig möchte er auch das Ende von Radwegen mit Gegenverkehr einläuten. „Das ist extrem gefährlich“, sagte er am Beispiel Blecher und plädierte für Schutzstreifen als Richtungsradwege auf der Fahrbahn. Die Grundzüge des Konzeptes fanden breite Zustimmung, die Umsetzbarkeit zog Peter Paas (CDU) mit Blick auf vergebliche Versuche in der Vergangenheit in Zweifel.

Auch die genutzte Datenbasis stieß auf Skepsis. Als Ausgangsbasis dient dem Planungsbüro eine durchschnittliche Verkehrsbelastung von 7 000 bis 9 000 Fahrzeugen pro Tag. Anwohner empfänden das naturgemäß anders, aber für Verkehrsplaner sei dies eine „eher harmlose Belastung“, bewertete Sienko. Damit gebe es in Odenthal mit Ausnahme der Ortsmitte „keine nennenswerten Verkehrsprobleme“. Das sahen viele Ausschussmitglieder anders. „Das stimmt nicht!“, zweifelte Dr. Dietrich Kühner (FDP) die zugrundeliegenden Daten an und forderte „mehr belastbares Datenmaterial“.

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Zu diesem Zweck beschloss der Ausschuss, zwei Messgeräte zu mieten, um über einen längeren Zeitraum die Verkehrsbelastung einiger kritischer Strecken messen und auswerten zu können. Mit den „Leitpfostenmessgeräten“ kann nicht nur die Zahl der Fahrzeuge erfasst werden, sondern auch ihre Art, ihre Geschwindigkeit und Lautstärke. Ein entsprechender Antrag der FDP wurde einstimmig befürwortet.

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