Theo Pagel, Direktor des Kölner Zoos, erklärte, warum die Arbeit im Zoo für den Artenschutz so wichtig ist.
Gastredner in OverathDirektor Theo Pagel gibt ungewohnte Einblicke hinter die Kulissen des Kölner Zoos

Der Direktor des Kölner Zoos Prof. Theo Pagel (rechts) mit Moderator Dirk Sauer. Pagel erklärte unter anderem, wie der Kölner Zoo am Erhalt der Art der Przewalski-Pferde mitarbeitet.
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Der Lions Club „Bergische Löwinnen“ hatte in den Overather Kultur-Bahnhof geladen, der ganz im Zeichen von Artenschutz und modernen Zuchtprogrammen stand. Der Gastredner Professor Theo Pagel, Direktor des Kölner Zoos, ließ das Publikum hinter die Kulissen moderner Zoos blicken.
Dort geht die Arbeit weit über die Pflege und Präsentation exotischer Tiere hinaus. In Köln ist man laut Pagel wissenschaftlich aufgestellt, betreibt Artenschutz durch Schutz der Lebensräume, forscht außer- und innerhalb des Zoos, denn oftmals lassen sich Verhaltensweisen von Tieren hier einfacher beobachten. Die eigene Zooschule hat 22.000 Schülerinnen und Schüler pro Jahr. Mit mehreren Kursen an der Universität werden Biologen und angehende Lehrer ausgebildet. Interessierten Zoo-Besuchern „bringt man auch gerne etwas bei.“
Wie transportiert man eine Giraffe
Da waren dem Zoodirektor die gut vorbereiteten Fragen von Moderator Dirk Sauer genauso recht wie spontane Neugier aus dem Publikum. „Was kostet denn so ein Elefant?“ oder „Wie transportiert man eine sechs Meter hohe Giraffe?“
Der Kölner Zoo ist mit 800 Tierarten (alle Tiere im Aquarium mitgerechnet) drittgrößter und drittältester Zoo nach Berlin und Frankfurt und erfreut sich einer „durchweg nur netten Anwohnerschaft rundum“. Die einmalige Beschwerde einer Dame über ein Seelöwengebrüll habe die Nachbarschaft „intern geregelt“. Denn man sei sich in den umliegenden Straßen bis heute einig: „Der Zoo macht, als wohnte man ein bisschen wie auf dem Land. Mal duftet es nach Bauernhof, mal nach Afrika, und das mitten in Köln – ist doch wunderbar.“
Der Kölner Zoo entstand in nur 308 Tagen
Das mag auch Heinrich Bodinus, der erste Direktor des Kölner Zoos von 1859 bis 1869, so empfunden haben. Sein Wohnhaus, die alte Villa Bodinus mitten im Zoo, wurde unlängst zu einer Event-Location umgebaut. Dazu lächelte Pagel verschmitzt: „Da habe ich keinem Nachfolger mehr gegönnt, drin zu wohnen.“ Das Zoogelände umfasst heute 5,8 Hektar. Ein Viertel davon befindet sich im Eigentum des Zoos. Mit etwas Wehmut blickte Pagel auf den ersten Zoodirektor zurück: „Er hat den Zoo auf der grünen Wiese in nur 308 Tagen gebaut – diese Zeit reicht heute nicht mal mehr, um einen Bauänderungsantrag für nur ein Gebäude bewilligt zu bekommen.“
Doch es gab auch Positives zu vermelden. Die sterile Haltung in deckenhoch gekachelten und täglich blitzblank geputzten Gehegen ist Vergangenheit. Geschuldet war sie der Angst, die wertvollen Tiere könnten bei „weniger Hygiene“ erkranken. Auch die Unwissenheit um 1859 darüber, was man den ersten Exoten in Köln denn nun zu fressen geben sollte, ist lange überholt.
Tierpfleger müssen bei der Fütterung kreativ sein
Futter ist heute artgerecht und die Kosten im Kölner Zoo betragen dafür jährlich rund 800.000 Euro. Damit stehen sie jedoch nur an dritter Stelle der Gesamtausgaben. Spitzenreiter sind die Gehälter für die 100 Mitarbeiter und fünf Auszubildenden - gefolgt von den Energiekosten. „Ich kann ja schließlich den Exoten im Zoo nicht die Heizung auf fünf Grad stellen, nur weil das Gas teurer wird“, Pagel.
Heutige Tierpfleger müssen sich zur Tierfütterung und Beschäftigung täglich etwas Neues einfallen lassen. Die Tiere sollen in ihren naturnah gestalteten Gehegen gefordert werden und sich ihr Futter selbst suchen. Dabei bleibt der Beruf des Tierpflegers nicht ungefährlich. Insbesondere im Umgang mit Raubtieren gilt stets ein Vieraugenprinzip. Bei der Frage aus dem Publikum, ob Tiere auch versuchen, zu entkommen, wusste Pagel nur von einem kleinen Ausbrecherkönig zu berichten:
Wie ein Pandabär von der Feuerwehr gerettet wurde
„Wenn sich im Winter bei Schnee schon mal Bambusbüsche über seinen Zaun neigen, nutzt ein kleiner Pandabär gerne die Gelegenheit und klettert in den benachbarten Zoo-Baum außerhalb seines Refugiums. Da hat auch schon mal die Kölner Feuerwehr das Kerlchen aus der hohen Krone pflücken und zurückbringen müssen.“ Ansonsten entkräftete der Zoodirektor die Frage so einfach wie logisch. „Die Tiere sehen das Gehege als ihr Revier an. Dort fühlen sie sich wohl und sicher, denn auch in der freien Wildbahn birgt es Gefahren, den sicheren Lebensraum zu verlassen.“ Dennoch gelte „Wildtiere bleiben Wildtiere“, auch wenn sie gemäß dem 1973 geschlossenen Artenschutzabkommen fast nicht mehr aus freier Wildbahn kommen. Sie werden heute über ein weltweites Zoonetzwerk getauscht. Es fallen nur Transportkosten an, die allerdings auch mal 6-stellig sein können. Eher werden Arten von den Zoos wieder in die Wildnis zurück entlassen. In Europa werden zurzeit rund 450 hochbedrohte Arten in Zuchtprogrammen „gemanagt“.
„Artenschutz kann es dabei nur mit den Menschen geben, nicht gegen sie“, stellte Pagel klar und erzählte von weltweiter Unterstützung unterschiedlichster Artenschutzprojekte „auch in politisch instabilen Ländern“, in die der Kölner Zoo, eingebunden in den Deutschen, Europäischen und Weltzooverband, involviert ist. Rund 200 Arten existieren heute nur noch, so Pagel, weil sie in Menschenhand gegeben wurden.
Ein Przewalski-Pferd aus Köln zum Artenschutz
Ehemalige Wilderer in Afrika beschützen dank Überzeugungsarbeit heute als Ranger „ihre“ Tiere. Die letzten kalifornischen Kondore an der Westküste der USA wurden in den 1980er Jahren komplett eingefangen und in den Zoo von San Diego gebracht. 25 Jahre später konnte Pagel im Grand Canyon wieder wild lebende Kondore beobachten. Ein Prothesenhersteller in Sri Lanka ließ sich überreden, ein künstliches Bein für einen dreibeinigen Jungelefanten anzufertigen, das regelmäßig angepasst wird. So kann das Tier, wenn auch lebenslang in Menschenhand, wieder auf vier Beinen unterwegs sein.
Ein Przewalski-Pferd aus Köln wurde in Kasachstan in die Freiheit entlassen und schloss sich den rund 100 wieder dort lebenden Tieren an, die zuvor als ausgestorben gegolten hatten. Kölner Löwenkopfäffchen kommen in Brasilien in ein Trainingslager zur Auswilderung. Iberische Luchse, „eine der seltensten Arten überhaupt“, erjagen sich in ihrem Kölner Gehege das gleiche Lebendfutter, wie sie es in freier Wildbahn vorfänden. Kontakt zu den Pflegern wird vermieden, damit der Luchsnachwuchs in Portugal und Spanien wieder ausgewildert und die dortige Population stärken kann.
Auch für eine fast ausgestorbene Krötenart, die nur noch an einer Stelle im Bergischen lebt, sei der Kölner Zoo ein Glücksfall. Alljährlich wird ihr Laich in der Natur eingesammelt und im Zoo aufgezogen. Die neue Generation wird dann wieder in die Freiheit entlassen.
Die Antwort auf Fragen aus dem Publikum, wie man als Einzelperson den Zoo unterstützen könne, hieß: „Tierpatenschaft“. 20 Fauch-Schaben oder ein Schluckspecht - „den gibt es wirklich“- (eine Specht-Art, die Baumsaft trinkt) liegen bei 75 Euro, die teuerste für einen Elefanten kostet 5000 Euro.
Gerne hätte man den Ausführungen des international renommierten Zoodirektors weiter zugehört.