Philomena FranzEine Straße soll in Rösrath nach der NS-Überlebenden benannt werden

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Philomena Franz

NS-Überlebende und Zeitzeugin Philomena Franz.

  • 1944 wurde Philomena Franz als junge Frau ins „Zigeunerlager“ Ausschwitz-Birkenau deportiert
  • Ihre Eltern und fünf ihrer sieben Geschwister wurden ermordet.
  • Nach der Befreiung von der Naziherrschaft setzte sie sich für Versöhnung ein.

Rösrath – Der Vorschlag von Matthias Buth, eine Straße nach Zeitzeugin Philomena Franz zu benennen, hat eine lebhafte Debatte ausgelöst. Im Hauptausschuss fand der Antrag zunächst keine Mehrheit. Inzwischen brachte ins Gespräch, den Sülztalplatz, der im NS-Regime Adolf-Hitler-Platz hieß, in Philomena-Franz-Platz umzubenennen.

Dafür setzt sich auch die SPD-Vorsitzende Tülay Durdu ein, sie wünscht sich ein „klares Signal“ gegen das Leiden von NS-Opfern. Wie Philomena Franz selbst den Vorschlag sieht, erklärt die Auschwitz-Überlebende im Gespräch mit Thomas Rausch.

Politiker informierte über den Vorschlag

Frage: Wie haben Sie von dem Vorschlag von Matthias Buth, in Rösrath eine Philomena-Franz-Straße einzurichten, erfahren?

Philomena Franz: Ich bin mit Matthias Buth seit langem befreundet. Er hat mich angerufen und über seine Initiative informiert.

Frage: Was waren Ihre Gefühle, als Sie davon gehört haben?

Philomena Franz: Ich habe kein gutes Gefühl. Ich mache mir so viele Feinde. Außerdem: Ich lebe doch noch. Soll man nicht Straßen nur nach Leuten benennen, die schon gestorben sind? Aber ich bin auch schon so alt, ich kann auch über Nacht sterben, dann haben die Rösrather Politiker keine Probleme mehr. (Lacht.)

Die Politiker sollen entscheiden

Frage: Was sagen Sie zu Einwänden von Politikern, zunächst verstorbene Bürgermeister mit Straßennamen zu ehren?

Philomena Franz: Ich habe dazu nichts zu sagen. Das müssen die Rösrather Politiker entscheiden. Ich habe genug Auszeichnungen – das Bundesverdienstkreuz und den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen, ich bin „Frau Europas 2001“. Ich brauche keine nach mir benannte Straße. Es ist natürlich eine gut gemeinte Initiative von Matthias Buth. Aber ich halte mich da heraus.

Frage: Was halten Sie davon, eine Ausnahme zu machen von dem Grundsatz, Straßen nur nach verstorbenen Persönlichkeiten zu benennen?

Philomena Franz: Das liegt nicht in meinem Ermessen. Das ist ganz und gar Sache der Stadt Rösrath.

Engagement für die Versöhnung

Frage: Glauben Sie, dass die Politik Ihre Rolle als NS-Zeitzeugin und Ihr Engagement für Versöhnung anerkennt?

Philomena Franz: Das weiß ich nicht. Geleistet habe ich viel. Ich habe von Anfang an gesagt: Wenn wir hassen, verlieren wir.

Zur Person:

Philomena Franz wurde 1922 im württembergischen Biberach in eine Musikerfamilie hineingeboren. Das Naziregime verfolgte die Familienmitglieder als Sinti: Philomena musste 1938 die Mädchenoberschule in Stuttgart verlassen, die Familienmitglieder durften nicht mehr als Musiker arbeiten.

1944 wurde die junge Frau  ins „Zigeunerlager“ Ausschwitz-Birkenau deportiert, danach ins KZ Ravensbrück weitertransportiert. Ihre Eltern und fünf ihrer sieben Geschwister wurden ermordet. Nach der Befreiung von der Naziherrschaft setzte sich Philomena Franz für Versöhnung ein – als Zeitzeugin und Autorin mehrerer Bücher. Sie lebte mit ihrer Familie jahrzehntelang in Rösrath, inzwischen wohnt sie in Bergisch Gladbach. Vor wenigen Tagen wurde sie 98 Jahre alt. (tr)

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