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Sammlungen in Witzhelden und HilgenIm Kampf gegen wilde Müllkippen

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Bei der Müllsammlung des Rotary-Clubs waren am Samstag auch (v.l.) Dierk Kowalke, Angelika Böhling und Tobias Falke entlang der Balkan-Radtrasse in Hilgen im Einsatz. Kowalke eine Atemmaske aufgepiekst, die erst in Jahrhunderten verrotten würde.

Leichlingen/Burscheid – Regelmäßig entsetzt ist Mark Vermeeren, wenn er spazieren geht und unterwegs den Abfall sieht, den andere in die Landschaft geworfen haben. Mehrfach schon ist der Witzheldener verärgert selbst losgezogen und hat Müll eingesammelt. Jetzt war er mit Frau und Sohn wieder einmal im Einsatz, vier Stunden lang – und ist dabei auf so viel Unrat gestoßen, dass er dem Bürgermeister geschrieben hat. „Am Wochenende ist mir der Kragen total geplatzt“, klagt er über den Zustand der Straßenränder neben der L 359 im Wersbachtal und beschwert er sich darüber, „dass hier nie von der Stadt mal sauber gemacht wird.“

Elf volle Säcke in vier Stunden

Die Bilanz seiner privaten Aufräumaktion, übrigens kurz nach der jährlichen Müllsammlung des VVV „Unser Dorf soll sauber bleiben“: „Elf Müllsäcke voll mit Flaschen, Pappbechern, Proseccodosen, Essensbehältern, Deodorants etc.etc. Das bedeutet ein Abfallbehälter von 1100 Litern ist voll mit Müll, welcher zuvor in der Natur rumlag. Und hier haben wir uns nur eine Straße vorgenommen. Die schweren Sachen wie Gießkannen, Staubsaugerdüsen, ein Plastiksack mit getrocknetem Beton usw. haben wir stehen gelassen, in der Hoffnung, dass wenigstens das durch die Stadt mal weggeräumt wird.“

Nur die Hälfte der Ausbeute einer vierstündigen privaten Sammelaktion der Witzheldener Familie Vermeeren.

Die Ausbeute dieses Einsatzes sei kein Einzelfall, klagt Vermeer: „Ebenso sind wir mal wieder kurz durch Eichen/Unterwietsche gefahren. Hier haben wir wieder ca. 30 Flaschen aufgesammelt. Diese waren schon an einigen Stellen durch andere Mitbürger zusammengestellt.“

Rotarier im Einsatz in Hilgen

Vermeeren steht nicht allein im Kampf gegen wilde Müllkippen. Viele Privatleute sammeln auf eigene Faust. Und in Burscheid hat am Samstag der Rotary-Club Leverkusen/Rhein-Wupper eine Aufräumaktion auf der Balkan-Radtrasse in Hilgen unternommen. „Das ist eine richtig klasse Sache von Euch“, dankte so manch ein vorbeizischender Radfahrer den Mitgliedern des Vereins, die am Mittag auf dem Radweg aktiv waren. Coronakonform schwärmen die von Organisator Rolf C. Becker mit Handschuhen, Müllsäcken, Greifern und bedrucken Kappen ausgestatteten Rotarierinnnen und Rotarier in Paaren aus.

Konstantin Porr mit einem gefundenen Schirm.

Ganz vorne mit dabei ist der neunjährige Konstantin Porr, der nicht nachvollziehen kann, warum Mitmenschen sich nicht verantwortlich für ihren Müll fühlen: „Ich finde das ganz, ganz doof, besonders für die Tiere, die durch den Müll gefährdet werden.“ Neben Verpackungen und Flaschen, deren Pfanderlöse übrigens der Tafel zu gute kommen, habe er vor allem Zigarettenstummel gefunden, teilweise nur wenige Meter neben einem Mülleimer mit Aschenbecher. Dabei könne man sich gar nicht vorstellen, wie lange diese zum Verrotten brauchen und wie viel Grundwasser die Filter verschmutzen können.

Becker findet es unglaublich, was alles achtlos weggeworfen wird. Er zeigt auf einer Liste, wie lange verschiedener Abfall braucht, bis er abgebaut ist: „Bis die Masken, die hier überall rum liegen, vollständig abgebaut sind, vergehen 450 Jahre! Zigaretten brauchen zehn Jahre, Kaugummi fünf, selbst eine Bananenschale ist erst nach drei Jahren verrottet.“

Inspiriert worden sei er durch seine Nachbarin, die bei ihren Spaziergängen tagtäglich Säcke mit Müll mitbringe. Der Rückweg über eine blitzblanke Trasse sei Belohnung genug für die Teilnehmenden an der Aktion. Clubmitglied Angelika Böhling erklärt, dass es an Ideen für „Hands-on-Angebote“ der Rotarier in der Region nicht mangle, aber alles mit dem Verlauf der Pandemie stehe und falle: „Es muss aber auch gar nicht immer erst große Aktionstage mit Aufrufen geben, um was zu bewirken. Es geht auch so mehr als man glaubt: Wenn alle bei ihren Spaziergängen immer nur eine Handvoll Müll aufsammeln und in den nächsten Abfalleimer werfen würden, hätten wir schon gewonnen“, appelliert sie.

Der Meinung ist auch Mark Vermeeren: „Vor ca. 13 Jahren bin ich nach Witzhelden gezogen, da es dort so friedlich und sauber war. Ja war, weil heutzutage ist es dort nicht mehr sauber. Der Müll, der überall rumliegt und weggeschmissen wird, ist mir und hoffentlich auch anderen Bürgern und Bürgerinnen ein Dorn im Auge“, schreibt er in seinem Hilferuf an die Verwaltung. „Wir haben schon öfter beim Amt Meldungen gemacht von im Wald liegenden Reifen in Wolfstall oder von ca. 50 rumliegenden Flaschen in Eichen/Unterwietsche“, berichtet der engagierte Anwohner. Aber: „Hier kriegt man nur zu hören, dass wir die Reifen gefälligst im Wald liegen lassen sollen, da es sein könnte, dass diese durch Solingen weggeräumt werden müssen. Um was geht es hier, die Natur oder wie immer nur um Geld!?“

Den Verwaltungschef bittet Vermeeren, „etwas mehr Geld in den Stadtdienst zu investieren, damit mehr Straßenpersonal angestellt werden kann, um so der Vermüllung entgegenzuwirken.“ Ein Saubermachtag in der Gemeinde pro Jahr reiche nicht aus. Er kündigt an, weiter Müll zu sammeln.

Volle Säcke werden abgeholt

Seine Bitte, dass die Stadt die vollen Säcke wenigstens abholen möge, hat Frank Steffes gehört. Der Bürgermeister hat Vermeeren geantwortet. Ihm für sein Engagement gedankt. Um Verständnis gebeten, dass der Bauhof nicht ständig überall für Ordnung sorgen könne. Und ihm angeboten, dass volle Müllsäcke nach Absprache gerne von der Stadt abgeholt würden.

„Das Phänomen mit herumliegenden Müll ist leider keins, welches nur Leichlingen heimsucht“, kennt Steffes die Klagen über Umweltverschmutzer gut: „Regelmäßig sieht man illegal entsorgten Hausmüll in Autobahnauffahrten und entlang von Landstraßen. Leichlingen besitzt etwas mehr als 170 Straßenkilometer, wovon große Teile Landstraßen sind. Unserem städtischen Bauhof ist es leider nicht möglich, die gesamten Flächen immer müllfrei zu halten,“ bedauert Steffes. Wenn sie draußen Abfälle entdecken, nähmen die Mitarbeitenden ihn natürlich mit.

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Der stadtweite Aktionstag „Leichlingen putzt sich heraus“ habe 2021 wegen der Corona-Pandemie leider abgesagt werden müssen. Aber Vermeerens Hilferuf passe genau zu einer neuen Aktion des Bergischen Abfallwirtschaftsverbandes, der (siehe „Im „Zero Waste Club“) wilden Müllkippen ebenso den Kampf ansagt wie die Witzheldener Familie und die Rotarier.