„Das ist großer Mist“Bonpflicht sorgt in kleineren Geschäften für großen Ärger

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Für jeden Einkauf muss in der Bäckerei Voigt seit Jahresbeginn ein Kassenzettel ausgedruckt werden.

Für jeden Einkauf muss in der Bäckerei Voigt seit Jahresbeginn ein Kassenzettel ausgedruckt werden.

  • Seit dem Jahreswechsel gilt die sogenannte Bonpflicht, bei der jeder Kunde stets einen Beleg ausgestellt bekommt.
  • Das finden viele Händler nicht gut. Die Argumente: Zu viel Müll, genervte Kunden.
  • Es gibt allerdings auch Befürworter.

Rhein-Erft-Kreis – Zwei Brötchen, ein Bon. Ein Brot, wieder ein Bon. Die Kasse in der Bäckerei Voigt in der Brühler Kölnstraße spuckt einen Beleg nach dem anderen aus. Seit Jahresbeginn herrscht die viel diskutierte Kassenbon-Pflicht. Nach jedem Kauf müssen Einzelhändler mit ihrer elektronischen Kasse nun eine Quittung ausdrucken und dem Kunden überreichen. In vielen Bäckereien war das bisher wegen der meist kleinen Beträge nicht üblich. Gerade hier erregt das die Gemüter.

„Da werde ich emotional, das ist großer Mist“, ärgert sich Verkäuferin Antje Peter über die Bon-Pflicht. Sie sieht täglich, wie sich mehrere Abfallsäcke mit den von den Kunden verschmähten Kassenzetteln füllen. „Die meisten lassen die Quittung liegen“, sagt sie: „Aber die Bons dürfen nicht zum Altpapier, sie müssen im Restmüll entsorgt werden, weil es Thermopapier ist.“

„Diese Papierflut ist ein großer Quatsch“

„Ich brauche für meine drei Brötchen keinen Bon“, bestätigt Birgit Zimmermann, die hier einkauft: „Wir versuchen, Müll zu reduzieren. Diese Papierflut ist großer Quatsch.“ Dem kann der Brühler Filialleiter Karl-Heinz Mestrun nur zustimmen. Er rechnet vor: „Die rund 50 Voigt-Filialen zwischen Köln und Bonn werden täglich von 25 000 Kunden besucht. Die meisten Verbraucher nehmen ihre Belege nicht mit, da kommt viel Papiermüll zusammen“. Klar stehe das Interesse, dass alle Vorgänge eingebongt werden, im Vordergrund, aber von den zusätzlichen Kassenzetteln hält Mestrun nichts. Es entstünden zusätzliche Kosten für mehr Kassenrollen.

Bergeweise Bons bleiben in der Bäckerei Voigt liegen. Viele Kunden verschmähen die Kassenzettel.

Bergeweise Bons bleiben in der Bäckerei Voigt liegen. Viele Kunden verschmähen die Kassenzettel.

Auch im Brühler Café C'est la Vie landen die meisten Kassenzettel im Müllbeutel. „Viele Kunden sind genervt von den Bons“, berichtet Mitarbeiterin Elke Fischer. „Vielleicht will das Finanzamt noch Lücken schließen, aber ich fühle mich nicht angesprochen“, sagt Mike Veldhuisen, Inhaber der holländischen Snackbar Pomm Stop. „Ich habe vor Jahren für viel Geld zwei moderne Kassen gekauft, bei denen die Kunden auf einem Display ihre Kosten sehen und das Finanzamt jede Buchung zurückverfolgen kann“, erläutert er. Er kalkuliere den Warenbedarf nach den Buchungen. Die Mitarbeiter drucken die Belege aus, um die Essensbestellungen fertigzumachen. „Jetzt darf ich alles zweimal ausdrucken. Wozu?“ , fragt Veldhuisen.

Umwelttechnisch eine Katastrophe

„Keine Aufregung“ heißt es bei der Metzgerei Kuhl in der Schlossstadt. „Bei uns kamen die Kassenzettel schon immer in die Tüte der Kunden“, erzählt Marion Kuhl. Nur wenige Meter weiter im Schreibwarengeschäft Papierinsel „waren wir der Zeit 15 Jahre voraus“, sagt Betreiber Volker Grimm. „Die Bons haben wir schon seit langem jedem Kunden vorgelegt.“

Kunden müssen Bon nicht Annehmen

Ob in der Apotheke, beim Friseur oder in Pommesbuden: Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland eine Kassenbon-Pflicht. Wenn die Händler über elektronische Kassensysteme verfügen, dann müssen sie den Kunden bei jedem Kauf unaufgefordert einen Beleg aushändigen.

Der Gesetzgeber will damit Steuerbetrug im Einzelhandel eindämmen. Denn mit jedem Bon ist der Einkauf in der Kasse registriert. So kann das Finanzamt kontrollieren, ob für den Einkauf Steuern abgeführt werden.

Eine Pflicht zur Annahme des Belegs durch den Kunden sowie zur Aufbewahrung besteht aber nicht. Die Verbraucher dürfen den Zettel also liegen lassen. (höb)

„Wir geben den Kassenbon schon wegen eines Umtausches oder dem Kunden aus. Aber dass ich jetzt dafür Sorge tragen soll, dass die Kunden an ihre Kassenzettel denken, finde ich lächerlich“, erklärt Claudia Wesseler vom Modegeschäft „Hingucker“ in Brühl.

„Wir finden diese Pflicht überflüssig, da sie Bürokratie verursacht und umwelttechnisch eine Katastrophe ist“, betont Volker Janzen vom Aktivkreis Frechen, einem Zusammenschluss von Einzelhändlern. Ähnlich äußert sich der BUND: „Wir sehen den Mehrverbrauch für Thermopapier ebenso kritisch. Er hat negative Folgen für die Umwelt“, sagt Sebastian Schöne von der Kreisgruppe Rhein-Erft. „Wer betrügen will, schafft es auch trotz der neuen Bon-Pflicht. Entscheidender ist die fälschungssichere Anpassung der Kassensysteme“, heißt es in einer BUND-Mitteilung.

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Erica Servais, Besitzerin eines Blumenladens in Bergheim, findet die Bon-Pflicht nicht schlimm: „Ich arbeite schon immer mit Kassenbons.“ Das verhelfe ihr auch zu einem Überblick: „Ich bestehe darauf, dass der Kunde die Bons mitnimmt.“

„Bei uns kommt der Bon automatisch aus der Kasse, auch wenn Kunden nichts bezahlen mussten“, erläutert Claudia Bartsch, Mitarbeiterin der Stern-Apotheke in Bergheim. Kleinere Diskussionen darüber gebe es nun trotzdem, vor allem auf die Umwelt bezogen.

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