Eine Bedrohung heimischer Arten sei derzeit nicht zu beobachten, meint die Expertin Jana Romero vom Arbeitskreis Halsbandsittiche des Nabu.
Überraschende AnsiedlungNabu-Expertin klärt über Halsbandsittiche in Bergheim auf

In Bergheim hat sich eine Gruppe Halsbandsittiche zwei Schlafbäume auf einem Spielplatz ausgesucht (Symbolbild).
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Als Jana Romero hörte, dass sich Halsbandsittiche in Bergheim zwei Schlafbäume ausgesucht haben, war die Expertin überrascht. „Ich habe immer mal wieder Meldungen aus Bergheim bekommen, dass die da tagsüber in den Gärten unterwegs sind“, sagt Romero, die sich im Arbeitskreis Halsbandsittiche des Nabu Köln engagiert. „Aber wir sind bisher davon ausgegangen, dass die zum Schlafen auch wieder zurück nach Köln kommen.“ Dafür nähmen die Sittiche durchaus lange Strecken in Kauf.
Überhaupt lässt sich der Spielplatz in Fliesteden, wo die Halsbandsittiche derzeit ihre Schlafbäume haben, kaum vergleichen mit ihren üblichen Unterkünften. Als Beispiel nennt Romero etwa Bäume am Maritim Hotel zwischen Deutzer Brücke und Schokoladenmuseum: Eine viel befahrene Straße hilft mit warmen Abgasen, den Winter zu überstehen, die gute Beleuchtung hilft beim Sichten von Eulen oder Wanderfalken.
Bergheim: Sittich-Expertin hat Verständnis für die Anwohner
Eines haben die Sittiche jedoch auch in Fliesteden: Einen guten Rundumblick durch die Höhe der Bäume. Deshalb gehört auch die Platane zu den Lieblingsbäumen der Sittiche, die sie sowohl zum Schlafen, als auch zum Brüten nutzen. Sie sitzen als große Gruppe gemeinsam auf einem Baum, um sich vor Fressfeinden zu schützen.
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Halsbandsittiche haben Bäume auf dem Spielplatz „Auf der Höhe“ in Fliesteden als Schlafplatz auserkoren.
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Entsprechend viel Dreck kann der Schwarm verursachen. Romero hat daher Verständnis für die Anwohner, die sich darüber ärgern. Ihr Vorschlag für solche Fälle ist es, Schirme an den Bäumen anzubringen und sie je nach Bedarf zu reinigen. Sinn ergebe das aber nur, wenn es sich wirklich um dauerhaft genutzte Schlafplätze handele. In Köln sei es immer wieder mal vorgekommen, dass die Sittiche sich nach ein paar Wochen etwas anderes gesucht hätten.
Expertin lehnt Vergrämung der Halsbandsittiche ab
Von Vergrämungsmaßnahmen halte sie dagegen wenig. „Die Schirme machen nur Sinn, wenn man die Vögel in Ruhe lässt“, sonst gehe man das Risiko ein, dass sich die Vögel auf mehrere Orte verteilen.
Zum anderen seien viele Vergrämungsmaßnahmen nicht wirksam. „Es gab Versuche mit Falknern, die dazu verschiedene Greifvögel losgeschickt haben.“ Das habe die Halsbandsittiche nur zwischenzeitlich aufgeschreckt, sie seien aber wiedergekommen. Wirksame Maßnahmen seien in der Regel nicht mit dem Tierschutz zu vereinbaren. Als Beispiel nennt sie etwa Menschen, die die Vögel mit Feuerwerkskörpern oder bei Minustemperaturen im Winter mit einem Wasserstrahl vom Baum jagen.

Jana Romero ist im Arbeitskreis Halsbandsittiche vom Nabu Köln
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Die Geräuschkulisse erklärt Jana Romero in der sozialen Funktion des Schlafplatzes. „Die kommen da aus allen Teilen der Stadt und berichten sich von ihrem Tag, da finden Paarungen statt, die Familien kommen wieder zusammen. Die haben sich dreißig bis vierzig Minuten sehr viel zu sagen und halten dann den Schnabel.“ Jungtiere seien manchmal etwas länger gesprächig, aber spätestens mit der Dunkelheit seien sie still.
Keine negativen Auswirkungen auf heimische Arten beobachtet
Aktuell werden Halsbandsittiche vom Bundesamt für Naturschutz auf der Beobachtungsliste geführt. „Das heißt, es gibt noch keine Grundlage, die zeigt, dass sie negative Auswirkungen auf die heimischen Arten haben“, sagt Romero. Laut der Expertin hat das auch damit zu tun, dass sie sehr große Bruthöhlen brauchen und teilweise schon Ende Januar, also sehr früh, brüten und fertig sind, wenn andere Vögel damit anfangen. Arten wie die Hohltauben nutzten die Brutstätten der Halsbandsittiche als Nachmieter. Auch Fledermäuse würden sich nicht an Halsbandsittichen stören. „Es gibt sehr häufig Orte, wo Fledermäuse und Sittiche zusammenleben.“ Anders als Elstern sind Halsbandsittiche Vegetarier und damit keine Nesträuber.
Zuletzt erinnert die Expertin daran, dass es sich um ein menschengemachtes Problem handelt, da die Vögel nicht auf natürliche Weise hier eingewandert sind, sondern hier ausgesetzt wurden. „Man kann die doof finden, aber die sind jetzt nun mal da, man macht das auch nicht mehr rückgängig. Man muss jetzt damit leben und eine friedliche Koexistenz hinkriegen.“ Zudem handele es sich bei den Tieren um reine Städter. „Die würden nicht irgendwo auf einem Feld oder im Wald überleben.“ Vielleicht ist die Ansiedlung der Halsbandsittiche also ein Schritt der Stadt Bergheim hin zur Metropole.