Warum hat das Jugendamt nicht früher reagiert?Fall Alina sorgt weiter für Fragen

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Die angeklagte Bergheimerin vor dem Landgericht in Köln

Bergheim/Köln – Seit Anfang März lebt Alina (5, alle Namen geändert) in einer integrativen Wohngruppe, in der sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr bleiben kann. Das Mädchen war im August kurz vorm Hungertod in die Klinik gebracht worden. Sie wog bei einer Körpergröße von 98 Zentimetern nur noch acht Kilogramm. Ihre Mutter Monika S. (24) muss sich mit ihrem Lebensgefährten derzeit wegen versuchten Mordes durch Unterlassen vor dem Landgericht verantworten.

Inzwischen bringt Alina mit 19 Kilogramm mehr als das Doppelte auf die Waage. Klinikärzte hatten das Normgewicht für Kinder in dem Alter mit 20 Kilogramm angegeben. In der Wohngruppe habe Alina ihre Pflegeeltern als ihre „richtigen Eltern“ ausgegeben, dabei „kein einziges Mal nach ihrer Mutter gefragt“, sagte die Leiterin der Einrichtung im Zeugenstand aus. Alina soll im Sommer in eine Förderschule eingeschult werden. „Ihre Entwicklungsverzögerung wird sie aber nicht aufholen“, ist die Erzieherin überzeugt.

Deutliche Kritik am Vorgehen des Jugendamtes äußerte in der Verhandlung die Familienhelferin eines Jugendhilfeträgers, die bereits 2019 angesichts der finanziellen Situation der Familie die Frage gestellt hat: „Warum wurden die Kinder nicht aus der Familie genommen?“ Zu einem Zeitpunkt, als das Jobcenter sämtliche Zahlungen eingestellt hatte, der Familie der Strom abgestellt wurde und es nur noch Lebensmittelgutscheine für die Kinder gab. Monika S. soll die erforderlichen Anträge nicht gestellt haben, obwohl sie von den Betreuern dabei unterstützt worden war.

„Es gab ständig Krisensituationen“, erinnert sich eine andere Familienhelferin. „Sie verdrängte Dinge, oft war auch Bequemlichkeit im Spiel.“ Kinderarzt-Termine seien nicht eingehalten worden, Mahnschreiben ungeöffnet liegengeblieben.

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Als ein weiterer Betreuungswechsel anstand, verweigerte Monika S. die weitere Zusammenarbeit.

Aufgrund der Berichterstattung hat sich zu Beginn des Prozesses eine Bergheimer Therapie-Einrichtung gemeldet und Alina eine kostenlose Reittherapie angeboten. Das Jugendamt soll darauf nach Angaben der Einrichtung mit dem Hinweis reagiert haben, Alina wohne nicht mehr in Bergheim.

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