Mangelnde FührungserfahrungWahl von Kerstin Richter zur Beigeordneten in Brühl war rechtswidrig

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SPD-Fraktionschef Michael Weitz gratuliert Kerstin Richter zur Wahl.

Kerstin Richter fehlt die nötige Führungserfahrung für den Posten in Brühl, so die Kommunalaufsicht.

Der Kreis hält die Wahl von Kerstin Richter für rechtswidrig. Laut Kommunalaufsicht fehlt ihr die nötige Führungserfahrung.

Die Kommunalaufsicht hält die Wahl von Kerstin Richter zur Dezernentin für Soziales, Kinder, Jugendpflege, Familie und Demografie in der Verwaltung Brühl für rechtswidrig. Dies hat die Kreisverwaltung nach Abstimmung mit der Bezirksregierung Köln der Stadt mitgeteilt.

Nach Einschätzung der Kommunalaufsicht verfügt die 36-Jährige nicht über die nötige Führungserfahrung. Zudem wird auf die Stellenausschreibung Bezug genommen, in der von einer „mehrjährigen Berufserfahrung in Führungspositionen“ die Rede war.

Verfahrensfehler bei der Wahl und  fehlende Führungserfahrung

Dem verwendeten Plural wird besondere Bedeutung eingeräumt, da Richter demnach bei mindestens zwei Stationen ihres beruflichen Werdegangs in einer Führungsposition tätig gewesen sein müsste. Dies kann die Behörde nicht erkennen.

Die Brühlerin ist bislang als Referentin im Bundesamt für Familie tätig und engagiert sich als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD. Bereits vor Wochen hatte der Kreis die Mitte Februar erfolgte Wahl in Frage gestellt.

Damals war in erster Linie das Wahlprozedere moniert worden, weil auf den Stimmzetteln nur die Platzhalter A und B angegeben worden waren, nicht aber die Namen der von der rot-grünen Mehrheit unterstützten Richter und des von der CDU favorisierten Georg Becker. Der ersten Kritik hätte man mit einer erneuten Wahl begegnen können, die jetzige hat mehr Gewicht.

Wahl wird aufgehoben – Zukunft von Richter in der Verwaltung bleibt ungewiss

Bürgermeister Dieter Freytag (SPD) erklärte, der Rat werde „den gefassten Beschluss zur Wahl von Kerstin Richter aufheben. Die rechtliche Position der Kommunalaufsicht wird von der Stadt Brühl zur Kenntnis genommen und beachtet“.

Offen bleibt, ob sich eine andere Lösung für Richters Einstieg in die Stadtverwaltung findet. Michael Weitz, der SPD-Fraktionsvorsitzende, hält es für nicht ausgeschlossen, ein Beschäftigungsmodell zu finden, das einen Kompromiss darstellt.

In anderen Kommunen gebe es die Chance, Führungserfahrung aufzubauen, ehe der eigentliche Posten übernommen werde. Weitz sagte, man stehe zu Kerstin Richter. „Letztlich ist nun entscheidend, wie weit sie den Weg weitergehen möchte.“ Richter selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Fraktionen hoffen auf schnelle Neubesetzung der Stelle 

Ihr Bedauern drückte Simone Holderried, Fraktionschefin der Grünen, aus. „Ich hätte mir gewünscht, dass die Bewerber seitens der Verwaltung genauer geprüft werden und nur Personen zur Wahl stehen, die auch den Kriterien entsprechen.“ Es könne nicht Aufgabe der Ratsleute sein, die Eignung von Bewerbern zu recherchieren.

Sie gehe davon aus, dass die seit Anfang April vakante Stelle erneut ausgeschrieben werde. Holderried sieht aber den Bündnispartner SPD am Zug, die Richtung vorzugeben. „Auf jeden Fall muss die Stelle möglichst zügig besetzt werden. Denn es gibt wichtige Themenfelder zu bearbeiten.“

Zumindest in letzterem Punkt stimmt CDU-Fraktionschef Holger Köllejan ihr zu. „Das ist ein wichtiger Posten, der einen Verwaltungsbereich mit mehr als 300 Mitarbeitern verantwortet.“ Die Einschätzung des Kreises teile er, sagte er.


Auch Dominik Laufs’ Zukunft ist weiterhin ungewiss

Auch in Kerpen geht die Diskussion um den Ersten Beigeordneten weiter. Vergangene Woche beschloss der Stadtrat einen Umbau der Verwaltung. Aus dem Dezernat, das der Erste Beigeordnete ursprünglich leiten sollte, wurden zwei kleinere. An einem dieser Dezernate habe er weiter Interesse, sagte der abgelehnte Beigeordnete Dominik Laufs vergangene Woche.

Nun kursiert ein Gerücht: SPD-Kandidat Laufs soll hingeworfen haben – sehr zum Ärger der eigenen Partei. Doch Laufs bestreitet das. „Das Gerücht habe ich auch schon gehört. Es stimmt nicht“, sagt Laufs.

Nach der Ratssitzung am Dienstag habe er in E-Mails an den Bürgermeister und an die Fraktionsvorsitzenden sein Interesse bestätigt. Die E-Mails liegen der Redaktion vor. Auch SPD-Fraktionschef Andreas Lipp ist überrascht: „Nein, es gibt keinen Ärger bei uns. Ich habe Herrn Laufs mitgeteilt, dass er sich gerne erneut in Kerpen bewerben kann.“

Laufs könnte statt Erstem Beigeordneten jetzt Dezernent werden

Eines der neuen Dezernate soll von einem Dezernenten geleitet werden, das andere von einem Beigeordneten. Im Beigeordnetendezernat sind allerdings immer noch 407 Menschen (vorher: 525) beschäftigt. Die Anforderungen an die Führungserfahrungen dürften sich also kaum unterscheiden.

Laufs Chancen sind also realistischer, wenn er sich auf die Dezernentenstelle bewirbt. „Aber da ein Dezernent im Gegensatz zum Beigeordneten kein Wahlbeamter ist, gilt die Bestenauslese. Es kann also sein, dass die Verwaltung einen anderen Kandidaten auswählt“, sagt Lipp.

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