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Reifen zerstochenPolitik in Rhein-Erft erschreckt von Attacke auf CDU-Wahlkampfmobil

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen ist Marc Prokop vor dem Kleinbus, dessen Reifen platt sind.

Der Wahlkampf-Kleinbus des Brühler Bürgermeisterkandidaten Marc Prokop (CDU) wurde beschädigt. Unbekannte zerstachen zwei Reifen.

 Partei-Vorsitzende im Rhein-Erft-Kreis beklagen zunehmende Zerstörung von Plakaten und Anfeindungen. Sie wollen als Demokraten zusammenstehen.

Es war eine böse Überraschung am frühen Sonntagmorgen. Als Marc Prokop, Bürgermeisterkandidat der Brühler CDU, um 6 Uhr zur gewohnten Runde mit dem Hund aufbrach, fand er eines der erst einige Stunden zuvor angebrachten Wahlplakate mit seinem Konterfei auf Höhe des Halses durchtrennt vor der eigenen Haustür. Und dabei blieb es nicht.

Unbekannte hatten in der Nacht auch zwei Reifen des für den Wahlkampf angemieteten und gestalteten Kleinbusses zerstochen. Die Anzeige bei der Polizei rief nun den Staatsschutz auf den Plan. „Ich wollte den Vorfall eigentlich gar nicht so hoch aufhängen, aber die Behörden nehmen die Angelegenheit offenbar sehr ernst“, so der Brühler. Angst, sagt er, habe er nicht. Sein 20-jähriger Sohn habe aber durchaus „angefasst reagiert“, weil die Täter ihr Unwesen unmittelbar vor dem Zuhause der Familie getrieben hätten. Prokop erklärt: „Mental halte ich das alles aus. Aber ich finde es nicht gut, dass sich meine Familie unwohl fühlt.“

FDP-Politiker beklagt Verrohung der Gesellschaft

Romina Plonsker, CDU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Kreisverbands Rhein-Erft, ist über das Geschehen erschreckt und es bereitet ihr Sorge. Denn sie befürchtet angesichts derartiger Attacken eine nachlassende Bereitschaft, sich in der Politik einzubringen. „Unsere Demokratie lebt von Menschen, die sich engagieren. Niemand sollte Angst davor haben müssen, sich politisch zu betätigen“, betont sie. Plonsker wirbt für ein faires Miteinander. „Man muss nicht immer der gleichen Meinung sein und sich auch Kritik stellen, aber es muss sich in einem anständigen Rahmen bewegen.“

Ihr Pendant auf Kreisebene bei der FDP, Dr. Christian Pohlmann, sieht diesen Rahmen immer häufiger gesprengt. „Eine Eskalation wie zuletzt in Brühl habe ich noch nicht beobachtet, aber wir merken, dass zunehmend Plakate beschmiert werden.“ Er sieht „eine zunehmende Verrohung in Gesellschaft“ als Ursache. Politik und Gesellschaft schafften es bislang nicht, diese einzudämmen.

Stefan Söhngen, Sprecher des Kreisvorstands der Linkspartei, berichtet davon, dass jüngst die Kreisgeschäftsstelle beschmiert worden sei. „Auch Plakate werden gefühlt häufiger zerstört. Was Marc Prokop erlebt hat, ist allerdings noch eine ganz andere Dimension“, so Söhngen. Unter Demokraten gelte es nun zusammenzustehen.

Der Grünen-Kreisvorsitzende Christian Schubert erklärt, seine Partei könne „einen definitiven Anstieg von Anfeindungen feststellen“. Das hänge aus seiner Sicht mit einer Verrohung der Sprache, mit der gesellschaftlichen Diskussionskultur sowie der politischen Kultur zusammen. „Dabei ist die Rolle sozialer Medien, in denen mit einem Gefühl der Anonymität Sprache und Diskussionskultur verrohrt, nicht zu unterschätzen. Und aus Worten werden Taten“, ist er überzeugt.

Erftstadt: Hitlergruß aus vorbeifahrenden Autos vor dem Fraktionsbüro gezeigt

Schubert berichtet, allein bei den Großflächenplakaten wisse man von dutzenden Beschädigungen vor vergangenen Wahlen. Sein Ortsverband Erftstadt habe seit der Europawahl eine Liste über Anfeindungen geführt. Am Fraktionsbüro würden regelmäßig die Scheiben bespuckt. Aus vorbeifahrenden Autos werde „Heil AfD“ und „Scheiß Grüne“ gerufen und der Hitlergruß gezeigt, sagt Schubert. Beleidigende Briefe ohne Absender habe man erhalten und der Polizei übergeben. Beschimpfungen gebe es auch von anonymen Anrufern und an Wahlkampfständen.

Zu sehen ist das zerstörte Wahlkampfplakat.

Ein Wahlkampf-Plakat des Brühler Bürgermeisterkandidaten Marc Prokop wurde in der Mitte durchtrennt und vor der Tür des Privathauses abgelegt.

Helge Herrwegen, SPD-Kreisvorsitzender, berichtet, Beleidigungen und Bedrohungen von Kandidaten gebe es vereinzelt über die sozialen Medien. Plakate würden häufiger zerstört. „Aus meiner Sicht liegt ein Grund dieser Entwicklung in der zunehmenden Polarisierung unserer Gesellschaft und der Anonymität der sozialen Netzwerke. Täter verbergen hier ihre wahre Identität und Hemmungen werden abgebaut“, meint er. Diese emotionale Zuspitzung könne Taten begünstigen.

Man verurteile den Angriff auf den Brühler CDU-Bürgermeisterkandidaten auf das Schärfste. „Ein Angriff auf einen Demokraten, ist ein Angriff auf uns alle“, stellt Herrwegen klar. Und sein Parteifreund, der Brühler Bürgermeister Dieter Freytag sagt, diese Taten stellten einen Angriff auf die Grundwerte dar: „Gewalt, Einschüchterung und Drohungen haben im demokratischen Wettbewerb keinen Platz.“