Dauerregen wird zum ProblemGetreide-Bauern in Rhein-Erft fürchten um Weizen-Ernte

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Auf dem Foto ist ein Stoppelfeld zu sehen.

Auf vielen Feldern stehen nur noch die Stoppeln. Teils muss aber auch noch das Stroh gebündelt werden.

Der größere Teil der Felder wurde schon abgeerntet, bevor der Regen kam. Doch für den Rest der Ernte sieht es derzeit nicht gut aus.

Sehnsüchtig warten die Getreide-Landwirte auf trockenes Wetter. „Dieser ganze Regen der letzten Tage schadet dem Weizen, der jetzt noch im Feld steht“, sagt Kreislandwirt Willy Winkelhag. Zwar sei bereits der größte Teil des Winterweizens auch im Rhein-Erft-Kreis eingeholt, und dessen Qualität sei bisher wirklich gut gewesen. „Doch der Weizen, der jetzt noch im Feld steht, leidet“, erklärt er. Bei der aktuellen Nässe bestehe sogar die Gefahr, dass er an Klebfähigkeit verliert und am Ende als Brotweizen nicht mehr zu brauchen sei.

„Es sind aktuell vor allen Dingen lange Regenphasen, die direkte Auswirkungen auf die Qualität des Weizens haben“, bestätigt auch Heiner Klasen, Prokurist und Abteilungsleiter der Buir Bliesheimer Agrargenossenschaft. Sein Fachgebiet ist das Getreide. Mit 17 Niederlassungen im Rheinland zählt die Buir Bliesheimer zu den größten Genossenschaften in der Region. Zwischen Juni und August liefern ihr die Landwirte zwischen Bonn und Erkelenz gute 180 000 Tonnen Weizen. „Die meisten unserer Silos sind jetzt auch schon randvoll“, sagt Klasen.

Hochwertiger Weizen wird in großen Getreidemühlen weiterverarbeitet

Alleine im Rhein-Erft-Kreis wird auf etwa 10.681 Hektar Winterweizen angebaut. Viele der auch auf diesen Äckern geernteten Weizenkörner fahren die Bauern zur Buir Bliesheimer. „Direkt bei der Anlieferung wird das Getreide hier gewogen, auf seine Qualität geprüft und gereinigt, bevor es in den bis zu 4000 Tonnen fassenden Silos eingelagert wird“, erklärt Niederlassungsleiter Guido Vonderstuck.

„Gut die Hälfte des Weizens ist im Durchschnitt qualitativ so hochwertig, dass sie an die großen Getreidemühlen nach Neuss, Krefeld und Westfalen verkauft werden kann“, erklärt Klasen die weiteren Schritte. Dort werde das Korn zum Beispiel zu Mehl gemahlen und für die Vermarktung verpackt und ausgeliefert. „Von unserem Backweizen geht nichts ins Ausland“, betont Klasen.

Das Foto zeigt Niederlassungsleiter Guido Vonderstuck mit Prokurist Heiner Klasen und Landwirt Toni Winkelhag im Gespräch.

Niederlassungsleiter Guido Vonderstuck (Mitte) mit Prokurist Heiner Klasen (l.) und Landwirt Toni Winkelhag.

Im Gegenteil. Um den Bedarf im Rheinland und Westfalen zu decken, müssten noch 40 bis 50 Prozent Brotweizen jährlich aus den europäischen Nachbarländern importiert und unter anderem aus Bayern, Niedersachsen und Thüringen ins Rheinland geliefert werden. „Der Anbau an Backweizen in NRW entspricht ja nur etwa 30 Prozent des Gesamtbedarfs“, erklärt Klasen. Allerdings werde gerade beim Weizen weder rheinisch noch deutsch gedacht, sondern europäisch. „Und als der EU zugehörig sind wir ein Exporteur von bis zu 30 Millionen Tonnen Brotweizen im Jahr — je nach Jahrgang“, so Klasen.

Etwa die Hälfte des Weizens, der in der Region und im Rheinland angebaut wird, endet jedoch als Tierfutter. „Ihn vermarkten wir zumeist in die Niederlande“, berichtet Klasen. Darüber hinaus gebe es regional und überregional immer auch noch etliche Landwirte, die ihren Weizen für die eigene Tierhaltung anbauen oder aber auch ganz oder teilweise selber vermarkten.

Auf dem Foto sind Getreidesilos von außen zu sehen.

In gewaltigen Silos, die bis zu 4000 Tonnen Weizen fassen können, wird das Getreide gelagert.

So wie zum Beispiel Landwirt Toni Winkelhag (41) aus Hürth. Auch er vermarkt einen Teil seines Weizens selber. Auf seinem Hof hat er den Platz, um die verschiedenen Weizensorten in unterschiedlichen Boxen einzulagern. Er produziert rund 120 Tonnen Brotweizen und weitere rund 180 Tonnen Vermehrungsweizen. „Das ist das Saatgut, das im Herbst als Winterweizen in den Boden kommt“, erklärt er und zeigt auf die „Korngebirge“ in seiner Halle. Das Saatgut verkaufe er an Genossenschaften, die es dann an seine Berufskollegen für die Einsaat ab Mitte Oktober weiter vermarkten.

Den weitaus größeren Teil ihres Weizens bauen die Rheinbauern konventionell an

„Aber noch habe ich auch etwa 19 Hektar Brotweizen auf meinen Feldern in Hürth stehen“, sagt er. Der könne jedoch erst eingeholt werden, wenn es mindestens zwei Tage lang nicht geregnet hat. Gleiches sagt auch Landwirt Martin Richrath aus Erftstadt. Als Rheinbauer zählt er zum Team der inzwischen rund 30 Landwirte, die bei einem Teil ihres Getreides auf regionale Vermarktung setzen. Das komme auch wirklich gut bei den Verbrauchern an, doch ausschließlich vom Rheinkorn-Anbau könne kein Bauer leben.

Der weitaus größere Teil ihres Weizens werde deswegen konventionell angebaut und über die Genossenschaften oder private Landhändler vermarktet. Richrath hat noch 13 Hektar Roggen, Dinkel und Weizen auf seinen Äckern in und rund um Erftstadt stehen. „Und die Sorge, dass die Qualität kippen könnte, wächst bei mir zurzeit mit jedem Regenschauer“, sagt er.

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