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Rechtes Symbol oder Notsignal?Ex-Leiter des Spendenlagers in Erftstadt teilt umgedrehte Deutschlandfahne auf Facebook

Lesezeit 4 Minuten
Ein großes Plakat mit dem Peace-Zeichen verdeckt ein Schaufenster.

Die Fenster des ehemaligen Baustoffspendenlagers sind mit Friedensappellen verhängt.

Die umgedrehte Flagge sei ein Notsignal, sagt Tibor Schady. Sein Post löste Empörung aus. So wird die Fahne häufig von Reichsbürgern verwendet.

Seit Beginn dieses Monats ist das Baustoffspendenlager am Bonner Ring in Lechenich Geschichte. Die Diskussion um die Einrichtung, die Betroffenen des Hochwassers geholfen hat, geht allerdings weiter. Am Wochenende hat nun ein Facebook-Post von Tibor Schady, dem ehemaligen Leiter des Spendenlagers, Empörung ausgelöst. Er zeigt eine umgedrehte Deutschlandfahne. Genauer gesagt, das auf den Kopf gestellte Foto der Flagge vor einem Gebäude.

In dem Post vom Freitag heißt es dazu: „Die schnelle und unbürokratische Hilfe bei Baustoffspenden NRW wurde abgeschafft! Der Wunsch der Flutbetroffenen auf eine Weiterführung wurde von den meisten Offiziellen eiskalt ignoriert.“ Die Flagge wird in dieser Form – mit der Farbenfolge Gold-Rot-Schwarz – häufig von Reichsbürgern verwendet.

Rechtes Symbol oder Notsignal? 

Mit dieser als „wahrer Nationalflagge“ deklarierten Fahne wird in rechten Kreisen die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zum Ausdruck gebracht. Schady hat dem Post wenig später einen erklärenden Hinweis vorangestellt: „International wird eine Fahne teilweise genutzt, um eine Notsituation anzuzeigen“, heißt es dort.

„Diese Notsituation haben wir nicht nur in den Flutgebieten.“ Dass die umgedrehte Flagge als rechtes Symbol gelte, habe er im Nachhinein gehört, sagte der ehemalige Leiter des Baustoffspendenlagers gegenüber dieser Zeitung. Die Fahne sei aber gar nicht falsch herum: „Man muss nur einfach das Bild umdrehen.“ Er sehe keinen Anlass, es zu entfernen.

Am Dienstag, 5. Dezember, war dann der gesamte Post gelöscht. Er wolle mit der kopfstehenden Flagge keineswegs rechte Symbolik bedienen, sondern auf die Notsituation in den Flutgebieten – gemeint sind die Gegenden, die vor zwei Jahren vom Hochwasser betroffen waren – aufmerksam machen, das sagt Schady auch noch einmal in einem am Montag, 4. Dezember, veröffentlichten Video.

Was er mit der „Notsituation nicht nur in den Flutgebieten“ meint, wollte er gegenüber dieser Zeitung nicht erklären. Schady ist Beisitzer im Vorstand der Freien Wähler Mittelrhein. Die sehen keinen Anlass, sich von ihm zu distanzieren. Der Post mit der umgedrehten Bundesflagge habe zu „Unverständnis und Verunsicherung“ geführt.

Freie Wähler Mittelrhein bedauern Missverständnisse

„Herr Schady hat uns gegenüber sehr überzeugend versichert, dass es ihm ausschließlich darum ging, auf die Notlage der Flutbetroffenen aus Erftstadt und dem Ahrtal aufmerksam zu machen. Er distanziert sich ausdrücklich von jeglicher rechten oder linken Ideologie“, schreibt der Vorstand. Und weiter: „Sollte es nach seinen Ausführungen zu Missverständnissen gekommen sein, bedauert er dies genau wie wir.“

Das Baustoffspendenlager, angesiedelt in den Hallen eines Autohauses am Bonner Ring, war aus dem Spendenlager hervorgegangen, das Ehrenamtler dort nach der Flut eingerichtet hatten. Seit April 2022 war der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Träger der Einrichtung. Ursprünglich war diese Lösung für ein Jahr angedacht, dann wurde die Schließung immer wieder verschoben, zuletzt vom 30. Juni 2023 aufs Jahresende.

ASB zeigt klare Haltung

Nachdem noch im Februar dieses Jahres der Erftstädter Stadtrat den Helfern einhellig den Rücken gestärkt hatte, gab es zuletzt keinen politischen Widerstand mehr gegen die bevorstehende Schließung. Der ASB, Arbeitgeber von Tibor Schady und einer weiteren Helferin, zeigt eine klare Haltung: Er distanziert sich „in aller Form von diesem Post und den mit der umgedrehten Fahne möglicherweise verbundenen Ansichten“.

Weiter heißt es in einem Schreiben der Hilfsorganisation: „Wir können nur spekulieren, dass sich Herr Schady am Freitag angesichts der Schließung des Baustoffspendenlagers in einer emotional angespannten Situation befunden hat und seiner persönlichen Haltung zur Schließung auf diese Weise Ausdruck verleihen wollte. Er hat damit aber auf keinen Fall die Meinung des ASB vertreten.“

Vielen Helferinnen und Helfern falle es schwer, die Schließung des Baustoffspendenzentrums zu akzeptieren. In der Helfergruppe herrsche die Meinung vor, dass das Projekt von „der Politik“ nicht ausreichend unterstützt worden sei. „Der ASB hat dieser Auffassung mehrfach deutlich widersprochen.“

Tibor Schady sei bis zum regulären Ende seines Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember von der Arbeit freigestellt. „Der unermüdliche Einsatz der zahlreichen Helferinnen und Helfern, die über fast zwei Jahre lang geholfen haben, die Folgen der Flutkatastrophe für Tausende Betroffene zu lindern, hätte aus unserer Sicht ein würdigeres Ende verdient“, schreibt der ASB.

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