Von Flut hart getroffenGaststätte „Zur kleinen Rast“ in Blessem eröffnet dreimal

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„Die kleine Rast ist jetzt das einzige Lokal in Blessem, und wir sind alle froh, das wir es haben“, sagt Hans-Peter Bär (r.), der sich gern mit Lothar Schlutt (M.) und Johannes Klinkhammer auf der Terrasse des Hauses trifft. 

Erftstadt-Blessem – „You’ll never walk alone“ – „du wirst nie allein gehen“ – steht auf dem Thron, den ein Stammkunde in den Gastraum des Lokals „Zur kleinen Rast“ in Blessem gestellt hat. Für Hans-Theo Raifferscheidt, Inhaber des Restaurants, und sein Team ist es eine bleibende Erinnerung und ein Indiz für die Welle der Hilfsbereitschaft, die sich nach der Flut vom 15. Juli des vergangenen Jahres in dem kleinen Ort und im gesamten Überschwemmungsgebiet ausgebreitet hat. Vergessen können sie alle die Bilder ohnehin nie.

„In den Nachrichten hatten wir ja gehört, dass es viel Regen geben soll und kleine Bäche und Flüsse über die Ufer treten können“, sagt eine 48-jährige Mitarbeiterin. Am 14. Juli hätten sie die Erft deswegen nicht mehr aus den Augen gelassen. Gegen 21 Uhr seien sie von der Feuerwehr dann aufgefordert worden, das Gebäude und Blessem zu verlassen. „Da hat die Erft bereits an ihrer Oberkante gestanden“, erinnert die Frau sich. Kein Mensch habe zu diesem Zeitpunkt jedoch gedacht, dass den Menschen die eigentliche Hochwasserwelle noch bevorstehen würde. Die kam dann am Donnerstagvormittag.

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Alles musste nach der Flut weggeschmissen werden, das ganze Inventar war Schrott.

„Wegen der Abbruchkante der Kiesgrube blieb die Situation lange angespannt“, erinnert sich Raifferscheidt. Erst vier Wochen nach der Überflutung durften er und das Team die Gaststätte zum ersten Mal wieder betreten: „Das war das totale Fiasko.“ Nie werde er die dick mit Schlamm bedeckten Böden und Möbel, den Geruch nach Öl, Fäkalien und Verdorbenem vergessen. Ihm kommen immer noch die Tränen, wenn er an die Terrasse denkt, die er und seine Mannschaft selbst gepflastert hatten. Die Holzgarnituren seien gerade einmal vier Wochen alt gewesen.

Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft nach der Flut-Katastrophe 

Auch im Gastraum und in der Küche habe es schlimm ausgesehen. „Die Gefrierschränke waren umgefallen, alles war mit hartem, trockenem Schlamm bedeckt“, schildert Hans-Theo Raifferscheidts Mitarbeiterin ihre Eindrücke.

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Bis Mai dieses Jahres dauerte es, bis die Gaststätte wiedereröffnet werden konnte.

Schon der Anblick habe sie zunächst total überfordert – wo sollte sie mit dem Aufräumen anfangen? „Die Hilfe kam dann von ganz vielen Freiwilligen“, berichtet sie: „Mit einem Male war da so viel Menschlichkeit, so viel Hilfsbereitschaft und so viel Solidarität von Menschen, die teils Hunderte Kilometer angereist waren, um zu helfen.“

Unvergessen bleiben ihr die Fachleute, die mit Desinfektionsmitteln in Schutzanzügen mit Masken und Brillen anrückten und die Lebensmittel und das gesamte Kücheninventar aus dem Haus trugen. Die Renovierungen im Gastraum und der Küche liefen bis Mai dieses Jahres.

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„Ohne mein Team und die vielen Helfer hätten wir das nicht geschafft“, sagt Raifferscheidt dankbar. Sie hätten ihm den Rücken frei gehalten, denn auch seine Wohnung war von der Flut betroffen. Er musste sie räumen, kam erst einmal bei seiner Schwester unter. Inzwischen wohnt er in Nörvenich.

Im Mai hat er mit seinem Restaurant „Zur kleinen Rast“ an der Erft zum dritten Mal in zwei Jahren Eröffnung gefeiert. Raifferscheidt hatte das Lokal erst im Herbst 2019 übernommen. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten eröffnete er im Februar 2020, zwei Wochen vor dem ersten Lockdown. Die Wiedereröffnung feierten er und sein Team im Mai des vergangenen Jahres, als die Corona-Beschränkungen gelockert wurden. „Und dann kam die Flut“, sagt Raifferscheidt.

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