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Grass-Kastanie in BergheimGutachter dämpfen die Zuversicht

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Bergheim-Oberaußem – Es ist nass und kalt, der Regen fällt unentwegt aus tiefgrauen Wolken. Eine Gruppe von mehr als 20 Menschen hat sich unter Regenschirmen auf dem Friedhof in Oberaußem versammelt. Es ist zwar keine Beerdigung, die sie auf die Anhöhe über dem Ort geführt hat. Ein trauriger Anlass ist es aber schon. Die Baumgutachter Bernhard Arnold und Stefan Marx sind da, um über den Gesundheitszustand der sogenannten Grass-Kastanie zu berichten – und darüber, warum der malerisch Treppenaufgang hoch zum Friedhof und zur Kastanie weiterhin gesperrt bleiben muss.

Seit 2012 der Verdacht aufkam, dass der Baum nicht nur durch die Miniermotte geschwächt wird, sondern auch noch von einem Bakterium befallen ist, kümmert sich eine Gruppe des Stadtteilforums um Dominic Unger um den Baum – mit Hormonfallen und Laubsammelaktionen gegen die Motten, mit dem Besprühen von Effektiven Mikroorganismen und mit regelmäßigem Tränken. Die ehrenamtlichen Helfer treibt die Zuversicht an, den wohl rund 300 Jahre alten Baum, unter dem der Literaturnobelpreisträger Günter Grass in jungen Jahren gesessen haben soll, retten zu können.

„Wir sind nicht sehr optimistisch“, sagt hingegen Baumgutachter Arnold. Das aus Indien eingeschleppte Bakterium habe inzwischen zahlreiche Rosskastanie im Rhein-Erft-Kreis befallen und greife besonders im Nordkreis um sich. „Und Bäume mit starkem Befall sind früher oder später ganz abgestorben.“

Ganz hoffnungslos sei der Fall aber nicht. „Der Baum ist wunderschön und alt, daher empfehlen wir nach wie vor, erst einmal abzuwarten und nicht zu fällen“, sagt Arnold. Der Kampf gegen die Miniermotte zumindest sei erfolgreich und entlaste den Baum. „Die Aktionen waren sehr erfolgreich, es gibt hier praktisch keinen Miniermottenbefall mehr.“ Den Einsatz von Effektiven Mikroorganismen gegen das Bakterium halten die Fachleute allerdings nicht für zielführend, jedoch könne er sicher auch nicht schaden. „Bakterien kann man nur mit einem Antibiotikum bekämpfen“, sagt Arnold. „Wir können uns eine Tablette einwerfen, ein Baum kann das nicht.“ Dominic Unger allerdings will seinen Kampf gegen das Bakterium fortsetzen. „Wer weiß, vielleicht haben wir hier in fünf Jahren einen Präzedenzfall“, sagt Dominic Unger.

Die Baumgutachter sprachen sich klar gegen eine Freigabe der Treppe unterhalb des Baums aus. Vor allem ältere Oberaußemer hätten sich für eine Öffnung des Wegs stark gemacht, berichtet Ortsbürgermeister Norbert Otto. Das halten die Fachleute aber für zu gefährlich, da Teile des Baums wegen der Erkrankung abbrechen könnten. Ein Stützen der mächtigen Äste sei nicht möglich, da sie zu viel tief hingen. Und auch ein Entfernen nur des Astes, der über die Treppe ragt, sei nicht zu empfehlen. „Genau das ist der aktivste Teil des Baums“, sagt Arnold. „Ihn abzusägen würde der Kastanie sehr schaden.“

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