Formel-1-LegendeFanclub klagt über Umgang der Stadt Kerpen mit Michael Schumacher

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Michael Schumacher lehnt sich an einen Ferrari.

Michael Schumacher ist der berühmteste Sportler aus Kerpen.(Archivbild)

Für den Fanclubvorsitzenden Reiner Ferling ist klar: Kerpen weiß Michael Schumacher nicht zu schätzen. Der Bürgermeister will das ändern.

Offizier der französischen Ehrenlegion, Sportler des Jahrhunderts, Europas Sportler des Jahres, Träger des nordrhein-westfälischen Staatspreises. Ehrenbürger von Spa, Sarajevo und Maranello: Die Liste von Michael Schumachers Ehrentiteln ist lang. Doch aus Sicht von Reiner Ferling gibt es einen Ort, der ihn nicht genug schätzt: seine alte Heimatstadt Kerpen. Seinem Unmut über den Umgang der Stadt mit ihrem prominentesten Sohn macht der Vorsitzende des Michael und Mick Schumacher Fanclubs nun Luft. Mit Erfolg: Denn Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck deutet an, Schumacher doch noch zu ehren.

„Michael Schumacher hat Kerpen in der Welt bekannt gemacht“, sagt Ferling. „Und im Gegenzug kommt nichts von der Stadt.“ Erst im Dezember erinnerten viele Fans weltweit an den zehnten Jahrestags von Schumachers schwerem Skiunfall. Still blieb es dagegen in Kerpen. Anlass genug für Ferling, sich in den Sozialen Medien über die Stadt zu beschweren.

2006 lehnte Kerpen die Ehrenbürgerwürde für Schumacher ab

„Ich mache kein Geheimnis daraus: Ich bin wirklich unglücklich darüber, wie Kerpen bisher mit Michael Schumacher umgegangen ist“, sagt Ferling. 2006 etwa beantragte Schumachers größter Fan die Kerpener Ehrenbürgerwürde für sein Idol. Doch die Stadt lehnte ab. „Andere Städte haben Michael Schumacher gerne die Ehrenbürgerwürde verliehen.“ Der Stadtrat antwortete damals, dass Schumacher genug gewürdigt werde. Immerhin sei er der erste Kerpener, nach dem die Stadt noch zu seinen Lebzeiten eine Straße benannt habe.

Zum 45. geburtstag wünschen die Fan an der MS-Kartbahn in Kerpen-Sindorf ihrem Idol gute Besserung. Mit dabei der 1. und 2. Vorsitzende des MS Fanclub Kerpen, Michael Viehmann und Reiner Ferling (bild)

Einer von Schumachers größten Fans: Reiner Ferling, Vorsitzender des Michael und Mick Schumacher Fanclubs.

Auch sprach sich der Rat damals gegen eine Ehrensatzung für die Stadt Kerpen aus. In einer solchen sei es nur schwer möglich, „gesellschaftliche, politische und sportliche Aspekte“ gegenüber dem „sozialen, ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagement“ abzugrenzen.

„Der Gipfel der Unverschämtheit war für mich aber die Aussage der damaligen Bürgermeisterin Marlies Sieburg“, sagt Ferling. Sie habe sich beklagt, dass Schumacher in die Schweiz gezogen sei und in Kerpen keine Steuern zahle. „Wo war denn die Stadt Kerpen, als Michael finanzielle Unterstützung für den Sport brauchte?“

Der Kart-Club steht hinter Michael Schumacher

Auch Andreas Dresen steht hinter Ferling. „Michael Schumacher und Kerpen gehören einfach zusammen“, sagt der Präsident des Kart-Clubs Kerpen. Wie der Fanclubvorstand ärgert sich auch Dresen darüber, wie stiefmütterlich die Rennsportlegende in Kerpen behandelt wird.

„Im Rest von Europa ist das anders. Ich hatte kürzlich ein Interview mit einer französischen Zeitung. In Frankreich ist das Interesse der Fans riesig“, sagt Dresen. Die Erfahrung mache er auch auf internationalen Kartrennen. „Wenn ich erzähle, dass ich aus Kerpen komme, bringen das immer alle mit Michael Schumacher in Verbindung.“

Das sieht Bürgermeister Dieter Spürck ebenfalls so. „Michael Schumacher ist zweifellos einer der verdientesten Menschen aus Kerpen. Mit seinen sportlichen Leistungen hat er dazu beigetragen, den Namen der Kolpingstadt in der Welt bekannt zu machen“, sagt er.

Seiner Meinung nach habe die Stadt Schumachers Leistungen während seiner aktiven Zeit als Rennfahrer sehr gewürdigt, etwa durch die Benennung einer Straße. „Ob wir ihm nun nach seiner Karriere ein Denkmal setzen sollten, ihn zum Beispiel zum Ehrenbürger machen sollten, ist eine politische Frage.“ Das könne er nicht alleine entscheiden.

Spürck will die Angelegenheit nach den Vorschriften der Gemeindeordnung bei einer der nächsten Ratssitzungen besprechen. „Dabei kann noch über andere verdiente Persönlichkeiten der Kolpingstadt Kerpen entschieden werden, zum Beispiel Adolph Kolping oder Graf Berghe von Trips.“


Der Sportjournalist Felix Görner hat Michael Schumacher jahrelang für RTL im Rahmen der Formel-1-Berichterstattung begleitet. Der 57-Jährige mit Wohnsitz in Pulheim-Brauweiler sagt: „Ich bin mir 100-prozentig sicher, dass Michael Schumacher niemals darauf gedrängt oder Druck ausgeübt hätte, um in Kerpen Ehrenbürger zu werden. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, dass er sich sehr gefreut hat, als ihm seine Heimatstadt nach seinem ersten WM-Titel einen großen Empfang bereitet hat. Ich war damals selbst vor Ort und weiß, was da los war. Heute würde Michael sagen, Es ist eine Entscheidung der Stadt, und die respektiere ich. Wobei er sich natürlich seinen Teil dabei denken würde."

Das Foto zeigt Felix Görner, Sportjournalist aus Pulheim.

Felix Görner ist Sportjournalist aus Pulheim

Und weiter: „Dass die Stadt Kerpen nicht aktiv wird, halte ich für kleinkariert und ist auch ein Zeichen dafür, dass man im Erfolgsfall sofort dabei sein möchte und sich gerne an seiner Seite zeigt. Wenn es stiller um einen Menschen wird, vergessen viele Leute den Stellenwert, den der Sportler Michael Schumacher für die Stadt Kerpen hatte. Kerpen ist, wenn man so will, durch Michael Schumacher weltweit bekannt geworden. Seitdem ist Kerpen das Synonym für die Geburtsstätte eine siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters und Rekord-Champions. Daher ist es für mich auch unverständlich, dass bisher nichts in dieser Richtung unternommen worden ist. Es wäre dringend an der Zeit, das zu überdenken. “

Görner betont zudem: „Kerpen hat weder vor ihm noch nach ihm ein solch positives Aushängeschild in der Welt gehabt. Ich kann nur hoffen, dass sich die Stadtväter und -frauen noch einmal Gedanken darüber machen und die Vergabe der Ehrenbürgerschaft forcieren. Ich verstehe all jene, die den Kopf schütteln und sagen, dass das doch wohl nicht wahr sein kann. Dass die Stadt zehn Jahre nach seinem Skiunfall oder auch zu seinem 55. Geburtstag keinerlei Zeichen mehr setzt, ist auch traurig und zeigt abermals, dass eine Stadt und Politiker sich im Erfolgsfall im Scheinwerferlicht gefallen und davon profitieren wollen. Das halte ich auch menschlich für äußerst bedenklich.“ 

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