Schmiedearbeit„Professioneller Schrottklopper“ aus Eitorf fertigt Designermöbel aus Metall

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Die Metallbaumeister Deitenbach und Weber wendeln mit einer Stange glühende Stahlstangen.

Groß ist des Meisters Kraft, wenn er mit dem Hebel schafft: Christian Deitenbach (r.) und Thorsten Weber wendeln die glühenden Stahlstäbe.

2020 hat sich Metallbaumeister Christian Deitenbach selbstständig gemacht. Außer Toren, Zäunen und Geländern fertigt er Messer und Designermöbel.

Erst rauscht es, dann wird es spürbar wärmer in der Halle. Christian Deitenbach hat die Gas-Esse angeschmissen. Thorsten Weber, sein Angestellter, legt zwei Stäbe Rundstahl ins feurige Innere. Die beiden Metallbaumeister haben sich für diesen Tag eine außergewöhnliche Schmiedearbeit vorgenommen: ein Tischgestell.

In einem kleinen Schuppen hinterm Haus angefangen

Treppengeländer, Tore, Zäune – das ist das Alltagsgeschäft des kleinen Unternehmens mit dem Namen „Konstruktionstechnik Christian Deitenbach“. Seit vergangenem Sommer befindet sich die Produktionsstätte in Oberlahr im Landkreis Altenkirchen. In die Selbstständigkeit gestartet war Deitenbach 2020 in Eitorf-Mühleip. Dort wohnt er. „Im Schuppen hinterm Haus habe ich angefangen“, erzählt der 36-Jährige.

Blick in das feurig-rot-orange-gelbe Innere der Gas-Esse, in der ein glühender Stahlstab liegt.

Blick in die Esse: Der Stahl wird auf 800 bis 900 Grad erhitzt.

Schnell wurde es dem Mann mit dem markanten Kinnbart in Mühleip zu eng. In Oberlahr, etwa 14 Kilometer Luftlinie entfernt, können er und seine zwei Mitarbeiter – neben Weber ein Ingenieur für Werkstoffkunde in Teilzeit – auf 100 Quadratmetern ihr Handwerk ausüben. Unter dem gleichen Dach befindet sich eine Schreinerei, sodass es nahe lag, die Angebot um Möbelschlosserei zu erweitern.

An der Wand hängt ein gezeichneter Entwurf des Tischgestells im Maßstab 1:1. „Auftragsmäßig haben wir jetzt ein bisschen Luft für so ein Designprodukt“, sagt Deitenbach, der sich auf seiner Website auch als „professioneller Schrottklopper“ bezeichnet, der es liebt, verschiedene Materialien zu etwas Neuem zu kombinieren – in diesem Fall Stahl und Holz.

Eine führt einen Schmiedehammer, auf dem Amboss liegt ein glühender Rundstahl.

Auf dem Amboss nimmt der glühende Stahl unter geschickten Hammerschlägen die gewünschte Form an.

Pling, pling, pling – Thorsten Weber hat den glühenden Stab aus der rund 1100 Grad heißen Esse genommen und formt auf dem Amboss die erste Spitze aus. Jeder Hammerschlag sitzt. Schon bald ist ein Blatt zu erkennen. Mit Hilfe eines sogenannten Schrots kerbt Weber die Blattadern ins heiße Eisen. Auf metallenen Ästen soll später die hölzerne Tischplatte liegen. Für den Fuß aus stählernen Wurzeln liegt als Sockel eine Baumstammscheibe bereit. 

Schon am nächsten Tag soll die „Hochzeit“ von Holz und Metall sein. Auch für das Tischbein zwischen Wurzeln und Astwerk hat sich Deitenbach etwas Besonderes einfallen lassen. Ein Bündel aus vier Rundstahlstäben wandert in die Esse, bis es hellrot glüht. Weber steckt das Bündel in eine Aussparung des Ambosses.

Selbst gemachtes Werkzeug ist das beste Werkzeug.
Metallbaumeister Thorsten Weber

Dann setzt er mit Deitenbach eine am Morgen eigens angefertigte Stange zum Drehen an. Weber: „Selbst gemachtes Werkzeug ist das beste Werkzeug.“ Dank der Hebelkraft schaffen es die beiden Meister spielend, die Stahlstäbe an der erhitzten Stelle zu wendeln. Für den nächsten Abschnitt muss der Stahl erst wieder ins Feuer. Am Ende sieht das Werkstück wie ein dickes Tau aus. 

Das handgefertigte Designerstück – aus Stangen, aber nicht von der Stange – wird nicht billig zu haben sein. „Nicht so sehr das Material, sondern die Arbeit und das Know-how sind das Wertvolle“, sagt Deitenbach und taxiert den Preis des fertigen Tisches auf etwa 2000 Euro. „Das ist halt ein Unikat.“

Das Bild zeigt einen etwa 200 Kilogramm schweren Amboss.

Der Amboss in Christian Deitenbachs Werkstatt ist zirka 90 Jahre alt und wiegt um die 200 Kilogramm.

Ein anderes Unikat ist richtig scharf: Das große Küchenmesser tut schon seit sieben Jahren ohne Nachschliff seinen Dienst. Es hat eine extrem harte Damaszenerklinge: Drei Stahlteile wurden durch siebenmaliges Falten zu 500 Lagen miteinander verbunden. Für andere Messer haben die Metallbauer alte Sägeblätter recycelt. 

Im nächsten Jahr will Deitenbach auf jeden Fall einen Auszubildenden oder eine Auszubildende in seinem Betrieb aufnehmen. Der Eitorfer, der bis zur zehnten Klasse auf dem Siegtal-Gymnasium war, hat seine Lehre bei der Schlosserei Herbert Thomas in Hennef-Rott gemacht.

Ein Mann schneidet mit einem Damaszener in ein Blatt Papier.

Die Klinge des Damaszenermessers ist extrem hart und scharf.

An seinen ersten Tag in der Schmiede kann er sich noch gut erinnern, nicht zuletzt dank einer schmerzhaften Erfahrung, die sich buchstäblich einbrannte: „Da lag ein schönes verschnörkeltes Stück Eisen auf dem Boden und ich hab’s aufgehoben.“ Der Fehler: Ein Geselle hatte das Eisen zum Abkühlen abgelegt, es war noch knallheiß.

In Zusatzkursen zum Gestalter eignete sich Christian Deitenbach weitere Kenntnisse und Fähigkeit an. Nach drei Gesellenjahren in Nümbrecht absolvierte er in Eitorf bei Elektro Schorn sogar noch eine zweite Ausbildung als Elektriker. Es folgten wieder Arbeit in Nümbrecht, in der Abendschule die Fortbildung zum Meister und fünf Jahre als Werkstattmeister.

Kreative Köpfe, die mit Feuer und Stahl spielen

„Dann habe ich den Entschluss gefasst, mich selbstständig zu machen“, erzählt der 36-Jährige. Im Sinn habe er das schon nach der Lehre gehabt. Sein Credo: „Wir sind nicht nur Metallbauer, wir sind Formveränderer, Problemlöser und kreative Köpfe, die mit Feuer und Stahl spielen, um nicht nur Produkte, sondern echte Metallkunst zu liefern.“

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