Joachim Berger ist ein Tüftler. In seinem Modell fährt die Bahn von der Schweiz bis zur Zeche Zollverein nach Essen.
„Ich bastele viel selbst“Hennefer baut seit 27 Jahren an seiner Modelleisenbahn-Landschaft

Ein Langzeithobby: Seit 27 Jahren baut Joachim Berger an seiner Modelleisenbahn-Anlage, die mit der Zeit immer größer wurde.
Copyright: Klaus Heuschötter
Zwischen dem schweizerischen Bergdorf bei Davos und der Zeche Zollverein in Essen gibt es eine direkte Zugverbindung. Nicht einmal eine Minute dauert die Fahrt, die über Kehl am Rhein führt. Dabei verläuft die Strecke in Hennef, genauer gesagt: in der Geisbach, noch genauer: im Dachstudio eines Einfamilienhauses. Dort steht Joachim Bergers Modelleisenbahn-Landschaft.
Mini-Lokomotiven können auch hupen
„Das war ursprünglich eine Analoganlage“, sagt Berger und outet sich als Tüftler. „Ich habe meine alten Loks alle umgebaut“, jetzt läuft die Anlage digital. Bei einem Maßstab von 1:160 (Spurgröße N) war der Wechsel Millimeterarbeit. Der 67-Jährige zeigt auf einen Fingernagel – nur so groß sei die Miniplatine, die er an die kleinen Elektromotoren angeschlossen habe.
Die Umstellung eröffnete nicht nur die Möglichkeit, mehrere Züge unabhängig voneinander auf den Gleisen zu steuern. „Was am Digitalen schön ist: Man kann zusätzliche Funktionen unterbringen“, so Berger. Der Modellbahner zeigt es an einer V200. Der Diesellok-Klassiker gibt ein Motorenstart-Geräusch von sich. Auch Hupentöne, Bremsenquietschen und einen scheppernden Laut beim Ankuppeln von Waggons kann die gerade einmal zehn Zentimeter lange Lokomotive dank eines eingebauten Minilautsprechers von sich geben.

Der Strom fließt durch die Schienen, die Oberleitung ist nur Show.
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Es ist ein Langzeithobby. Vor 27 Jahren hat Joachim Berger im Ruhrgebiet mit dem Bau seiner Modellbahnanlage begonnen. Der frühere Steiger und seit gut einem Jahr pensionierte Bergaufsichtsbeamte erzählt von den Anfängen in Essen. Gemeinsam mit seiner Frau Barbara habe er viel an der Platte gearbeitet, die damals um einiges kleiner gewesen sei. „Da hatten wir nicht so viel Platz.“
Mit dem beruflichen Wechsel zur Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung nach Sankt Augustin und dem Umzug nach Hennef ins neu gebaute Einfamilienhaus waren die Weichen für den Ausbau gestellt. Im geräumigen Dachstudio steht jetzt eine winkelförmige Modell-Landschaft. Drei Meter lang und 1,40 Meter breit ist die Hauptplatte, 2,20 Meter mal gut einen Meter misst das angesetzte Stück.

Für die Zeche Zollverein musste ein Stück Platte angesetzt werden.
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Die Zeche Zollverein mit mehreren Gebäuden und Förderturm ist der größte Hingucker. Im Original hat Berger selbst einmal gearbeitet. Die Töchter Christina und Susanne hatten die Idee, ihm das Modell zu Weihnachten zu schenken. Autobiografische Züge hat die Anlage auch im Gebirgsteil. Berger zeigt auf winzige Kletterer an einer Steilwand, „das ist ein anderes Hobby von mir“.

Stadt und Land en miniature: In der Modelllandschaft sind viele Details zu entdecken.
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Den Entschluss, die Anlage von analog auf digital umzustellen, hatte er in der Coronazeit gefasst und in ungezählten Stunden umgesetzt. Neben der Eisenbahnplatte steht ein Werktisch. Ein Stellpult mit stilisierter Zeichnung der Gleisverläufe nebst Weichensteuerung hat Joachim Berger hier gefertigt. Eine Wendelanlage, auf der die Minizüge dank einer Schienenspirale eine Steigung meistern, hat er unter einem Berg verborgen.

Das Stellpult ist Marke Eigenbau, mit dem Steuergerät kann der Modellbahner die Züge fahren lassen.
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„Man kann fast alles kaufen, aber ich bastele viel selbst“, erzählt der 67-Jährige. Bäume zum Beispiel macht er aus kleinen Zweigen einer Ligusterhecke und Kunstmoos. Der Fahrplan auf einem Bahnsteig ist das vielfach verkleinerte Foto eines echten Aushangs. Die krallenförmigen Kupplungen zwischen den Waggons ersetzt Berger durch kleine Magnete. Marke Eigenbau ist auch das Werkzeug, mit dem er die Kunstgrashalme auf der Platte von Zeit zu Zeit aufrichtet: ein elektrisch aufladbares Sieb auf dem Griff einer Fliegenklatsche. „Da hole ich mir viele Tipps“, verweist Berger auf eine spezielle Internetseite für Modellbahnfans, die sich der Spur N verschrieben haben.
Eine Blaskapelle, ein Badeteich mit Strand, Schrebergärten, schmucke Fachwerkhäuschen, eine Unfallszene mit Blaulicht – beim näheren Betrachten der Miniaturwelt zwischen Bergdorf und Zeche sind Details in Hülle und Fülle zu entdecken. Sogar eine McDonald-Filiale ist dabei und ein Stadthaus mit lichterloh brennendem Dachstuhl nebst anrückender Feuerwehr.

Der Dachstuhlbrand wird mit rot-orange leuchtenden LED-Lämpchen in Szene gesetzt.
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Wenn das aufhört, wird es langweilig
„Da ist noch viel zu tun“, sagt Berger mit Blick auf eine noch ungenutzte Lücke. „Mir fehlt auch noch eine Drehscheibe, und an den Hintergrund an den Rändern muss ich noch ran.“ Das Tüfteln und Basteln geht also munter weiter. „Wenn das aufhört, wird es langweilig“, sagt der Pensionär, der freilich auch die Treppen im Haus hochsteigt, um seine Züge fahren zu lassen. „Das Rangieren macht mir besonders Spaß.“
„Ich glaube, dass meine Schwiegersöhne interessiert sind“, antwortet Berger auf die Frage, was eines fernen Tages aus seiner Modelleisenbahn-Anlage wird. „Außerdem ist ein Enkel in Anmarsch.“

