Energiepreise, PersonalnotWie eine Niederkasseler Bäckerei ums Überleben kämpft

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Jan Müller vor seinen Backöfen, einer wird mit Öl, der andere mit Strom betrieben.

Niederkassel – Die Backstube der Bäckerei Müller in Ranzel ist nach getaner Arbeit aufgeräumt, die Teigmaschinen warten auf den nächsten Einsatz. Jan Müller könnte nun seiner Frau Jennifer entspannt dabei zusehen, wie sie die Ware verkauft, doch er macht sich Sorgen.

Die hohen Energiepreise seien auch in der Backstube ein Thema, sagt der Inhaber. „Wir müssen schon rechnen, um zu überleben: Wir können die Kosten aber nicht komplett auf die Kunden umlegen, sonst kostet ein Brötchen zwei Euro.“ Dennoch habe er die Preise bereits angehoben. Die normalen Brötchen seien nun für 45 statt 40 Cent zu haben, auch spezielle Ware wie Walnuss- oder Kürbiskernbrötchen sei fünf Cent teurer.

Bäckerei aus Niederkassel: Preise für Rohstoffe sind stark gestiegen

Einer der beiden Öfen werde mit Strom betrieben, der andere mit Heizöl. „Wir haben ein Viertel der ursprünglichen Menge zum bisherigen Preis nachfüllen lassen. Und nicht nur der Ofen läuft mit Strom, sondern auch die Maschinen. Wir können froh sein, dass wir so ein kleiner Betrieb sind und viel von Hand machen“, sagt Müller.

Auch die Preise für Rohstoffe wie Zucker, Mehl und Salz seien gestiegen. Direkt an dem Tag, an dem die Getreidefrachter aus der Ukraine nicht hätten anlegen können, seien die Preise hochgegangen. Das wiederum treffe seien Betrieb als kleine Bäckerei noch härter: „Kleine Mengen sind für uns teurer. Wir kaufen ja nur säckeweise Mehl, große Betriebe haben ganze Silos davon.“

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Die Bäckerei müsste ihre Waren viel teurer verkaufen, wenn sie die Energiepreise an die Kunden weitergeben würde.

Eine ganze Palette Mehl mit Säcken zu je 25 Kilo verbrauche seine Backstube jede Woche. 50 bis 60 Stück, schätzt er, lägen da drauf. „Wir versuchen, die Mehrkosten mit viel Arbeit auszugleichen“, sagt Müller. Während er über seine Nöte spricht, bestellt jemand bei seiner Frau im Verkaufsraum mehrere Bleche Kuchen vor. Müller ist nur bedingt glücklich. „So etwas ist für uns überlebenswichtig, aber ich weiß nicht, wann ich das noch schaffen soll.“

Personalnot belastet Niederkasseler Bäckerei Müller stark

Denn den 36-Jährigen plagt noch mehr als die hohen Produktionskosten, nämlich die Personalnot. „Wir bräuchten dringend neue Bäckerinnen und Bäcker. Aber die gehen lieber in die Industrie, weil sie Angst haben, dass ein Geschäft wie unseres bald zumacht“, beklagt er. „Ich selbst arbeite immer zwölf Stunden am Tag, mit dem Bürokram manchmal mehr. Meine Angestellten bleiben bei acht Stunden, mehr will ich ihnen nicht zumuten – sie sollen ja Spaß an der Arbeit haben.“

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Im April 2013 übernahm Müller die Bäckerei seines verstorbenen Vaters an der Berliner Straße. Regelmäßig probiert er neue Rezepte aus. Auch in der Filiale in Köln-Wahnheide komme das gut an. „Wir haben tolle Kunden, und es werden mehr“, sagt Müller. Sie seien seine Hoffnung. „Nur mit ihnen können wir überleben: Wir sind dankbar für jeden, der kommt. Die Leute wissen unsere Qualität zu schätzen.“ Ihm sei allerdings bewusst, dass sich das nicht jeder leisten könne.

„Ich wünsche mir, dass die Politik den Leuten Mut macht, dass sie weiter beim Bäcker oder Metzger um die Ecke einkaufen gehen“, sagt Jan Müller. „Denn viele Leute sparen, weil sie befürchten, dass sie der Preisschock dann eben nächstes Jahr trifft.“ Und er fügt hinzu: „Wir müssen darauf achten, was wir essen, denn es ist das Einzige, was gut tut.“

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