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Prüfung mit HürdenEine Schülerin, ein Schulleiter und ein Vater zum Abitur 2021

Lesezeit 4 Minuten

Ihrer Abschlussprüfung sieht Marie Heimann mit gemischten Gefühlen entgegen.

Rhein-Sieg-Kreis – Die Corona-Pandemie und ihr Einfluss auf den Unterricht stellt nicht nur die Vorbereitung der Schüler auf den Kopf, auch Lehrer und Eltern haben ihre Bedenken. Drei Betroffene erzählen.

Die Schülerin

Die größte Entbehrung ist für Marie Heimann, Abiturientin am Gymnasium Alleestraße in Siegburg, die Abschlussfahrt: Nach Schottland wäre sie gefahren, mit dem Bus und per Fähre. „Wir haben uns erkundigt, ob wir stattdessen nach Berlin oder Hamburg reisen können, aber das Ministerium hat sämtliche Fahrten untersagt“, sagt die Schülerin des Siegburger Allee-Gymnasiums.

Die lange Zeit des Lernens daheim bereitet der 19-jährigen in Anbetracht der Prüfungen im kommenden Jahr Sorgen: „Ich habe ein bisschen Bammel, da der Unterricht in der Corona-Zeit nur die Leute weitergebracht hat, die sowieso gut alleine lernen können. Bei mir läuft es besser, wenn ich in der Klasse sitzen und mitarbeiten kann, aber das ist ja komplett weggefallen.“

Was Heimann nach dem Abitur machen will, weiß sie noch nicht. „Ich glaube nicht, dass mein Schnitt schlechter werden wird, da die Lehrer etwas mehr Auswahl bei Themen erhalten, die nicht so stark behandelt werden konnten“, sagt sie (siehe „Die Bedingungen“). „Ich glaube schon, dass das Ministerium bemüht ist, uns so gut wie möglich zu helfen.“

Ihre Lehrer nimmt Heimann in Schutz: „Corona hat uns alle überrumpelt. Hätten wir Zeit gehabt, uns darauf vorzubereiten, wäre sicher alles besser gelaufen“, argumentiert sie. „Die Digitalisierung unserer Schule hat das auf jeden Fall vorangebracht, wir nutzen zum Beispiel alle öfter Video-Chats, wo wir uns auch jetzt noch nachmittags besprechen. Nur leider haben wir kein WLAN an der Schule.“Die Schülerin hofft, ihre Prüfungen unter normalen Bedingungen ablegen zu können: „Was ich nicht will, ist, dass Leute unser Corona-Abi 2021 sehen und den Jahrgang benachteiligen oder bevorteilen.“

Der Schulleiter

Gut vorbereitet sieht sich Wolfgang Pelz, Schulleiter der Gesamtschule Meiersheide in Hennef: „Im Sommer wurden alle 100 Abiturienten zu den Prüfungen zugelassen und haben sogar besser abgeschnitten als im landesweiten Vergleich.“ Der Unterricht laufe nach Plan, die Schüler lernten den Abiturstoff sowohl in den Klassenräumen als auch daheim. „Wir haben den Vorteil, dass wir sehr gut mit neuen Medien ausgestattet sind, beispielsweise hängt in jedem Raum ein Whiteboard.

Auch die schulinterne Plattform im Internet wird gut genutzt“, berichtet Pelz. Er setzt großes Vertrauen in die Lehrer„Ich habe keinen Zweifel, dass die Kollegen die Lücken aufarbeiten werden, sie unterstützen die Jugendlichen, wo sie können. Das gleiche habe ich auch den Schülern vermittelt: Ihr müsst die Ärmel hochkrempeln, aber wir helfen euch, so gut es geht.“ Pelz sieht einen Vorteil in der Verschiebung der Abiturtermine auf einen zwei Wochen späteren Zeitpunkt.

Der Vater

Georg Fischer hat wenig Sorgen, dass seine Tochter Marie am Rhein-Sieg-Gymnasium in Sankt Augustin durch die Pandemie beeinträchtigt wird. „Das liegt aber auch eher an ihr als an der Situation“, räumt Fischer ein, der Vorsitzender der Elternpflegschaft ist. „Zudem haben wir zu Hause mit Internet und Laptop die technischen Möglichkeiten – andere Schüler haben es da schon schwerer. Bezahlen müssen das nämlich auf jeden Fall die Eltern.“

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Die Krise fördere vor allem tiefer liegende Probleme zu Tage. „Die Schule muss die Digitalisierung nachholen, die die letzten 20 Jahre brach lag. Man versucht jetzt, sich wild Kompetenzen anzueignen“, schildert Fischer. „Jede Schule hat unterschiedliche Möglichkeiten, aber alle Schüler machen das gleiche Zentralabitur. Bei uns müssen die Lehrer etwa eigene PCs mitbringen“, kritisiert er. Die Lehrer des Rhein-Sieg-Gymnasiums täten, was sie könnten, nach den Osterferien sei der digitale Unterricht bereits besser gelaufen.

Vom Schulministerium wünscht sich Fischer einen „Masterplan“, der allgemeine Anweisungen vorgebe. „Momentan hangelt man sich von Maßnahme zu Maßnahme, die auch noch viel zu kurzfristig vorgegeben werden. Das Kultusministerium setzt zum Beispiel auf Lüften der Klassenzimmer – das ist eine billige Lösung, die bei Minustemperaturen nicht mehr möglich sein wird.“ Nötig sei einen Plan, der an die epidemiologischen Voraussetzungen angepasst sei, meint er. Die Schüler hätten sich selbst verpflichtet, Masken zu tragen, um sich und andere zu schützen. „Die Schule ist mittlerweile gut aufgestellt gibt sich viel Mühe, den Schülern zu helfen, sie muss aber auch Dinge von außen ausgleichen.“