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VorbeugungHitze ist größte Gesundheitsgefahr durch Klimawandel – Wie beugt Rhein-Sieg vor?

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In Siegburg und anderen kreisangehörigen Städten gibt es Maßnahmen gegen Hitze. Zum Beispiel Erfrischungsstationen und Trinkwasserbrunnen. An diesem Hydranten in Siegburg sollte man sich allerdings nur erfrischen, hier gibt es kein Trinkwasser.

In Siegburg und anderen kreisangehörigen Städten gibt es zahlreiche Projekte zum Hitzeschutz – zum Beispiel Erfrischungsstationen und Trinkwasserbrunnen. An diesem Hydranten in Siegburg sollte man sich allerdings nur erfrischen, hier gibt es kein Trinkwasser.

Im Sommer ist man immer dankbar für eine Wasserstation oder eine schattige Sitzbank. Welche Projekte in Rhein-Sieg sonst noch verfolgt werden.

Hitze und Trockenheit – damit werden wir in diesem Sommer wieder verstärkt rechnen müssen. Schon das Frühjahr hat uns einen Vorgeschmack auf starke Trockenheit in der Region gegeben. Das löste bei Landwirten Sorgen um mögliche Ernteausfälle aus und die Waldbrandgefahr stieg an. Wenn in den Sommermonaten noch starke Hitze hinzukommt, gibt es nicht mehr nur Wirtschafts- und Umweltbedenken, sondern auch Risiken für die Gesundheit.

Hitze stellt das größte Gesundheitsrisiko dar, das durch den Klimawandel verursacht wird. Unter anderem, weil bei anhaltender Hitze das körpereigene Kühlsystem überlastet werden könne, so das Umweltbundesamt. Hitze gefährdet daher aufgrund von potenzieller Dehydrierung, Sonnenstich und Kreislaufproblemen alle Menschen – besonders aber ältere Menschen und Kinder. 

Kommunen setzen auf Schattenräume und Trinkwasserbrunnen

Wie geht der Rhein-Sieg-Kreis mit den Gefahren durch Hitze um? Wir haben bei den Städten und Gemeinden nachgefragt, welche Konzepte es zum Hitzeschutz und zur Anpassung an den Klimawandel vor Ort gibt. Haben sie zum Beispiel einen Hitzeaktionsplan und/oder ein Klima-Anpassungskonzept erarbeitet? Welche Projekte sind Schwerpunkt und gibt es Probleme bei der Umsetzung?

Klassische niedrigschwellige Projekte, um die sich Kommunen in Eigenregie kümmern können, sind zum Beispiel die Bepflanzung mit Bäumen, um für mehr Schattenräume und Kühle zu sorgen – idealerweise mit Arten, die mit der zunehmenden Trockenheit besser zurechtkommen –, das Installieren von öffentlichen Trinkwasserbrunnen sowie das Entsiegeln von Flächen (sorgt für bessere Versickerung und Entlastung der Kanalisation) sind ebenfalls nützlich. Solche Maßnahmen setzen größtenteils alle Städte und Gemeinden um. Manche haben schon mehr umgesetzt, manche weniger.

Troisdorf stellt Bürgern umfassenden Hitzeratgeber zur Verfügung

Einige Städte im Kreis verfügen demnach über einen Hitzeaktionsplan. In Hennef gibt es ihn seit 2023, in Siegburg seit 2024. „Der Plan stellt für Hennef Maßnahmen dar, die den Umgang mit akuten Hitzeereignissen regeln“, erklärt Sprecherin Mira Steffan auf Anfrage dieser Zeitung. 

Wichtig sei eine wasserbewusste, hitzesensible und klimaresiliente Stadtgestaltung. Teil einer solchen Gestaltung sind laut Steffan zum Beispiel Dach- und Fassadenbegrünungen zur Verbesserung des Mikroklimas und natürlich Flächenentsiegelungen und trockenheitsresistente Pflanzen als Stadtgrün.

Auf hitze- und Trockenheitsresistente Pflanzen achten die Kommunen inzwischen beim Straßenbegleitgrün

Auf hitze- und Trockenheitsresistente Pflanzen achten die Kommunen inzwischen beim Straßenbegleitgrün. (Archivbild)

In Hennef gibt es einen öffentlichen Trinkbrunnen auf dem Schulcampus an der Fritz-Jacobi-Straße, einen vor der Gemeinschaftsgrundschule Siegtal und einen auf dem Hennefer Marktplatz sowie einen Wasserspender am Kurhäuschen im Kurpark. In Lohmar ist laut Verwaltung die Installation eines Brunnens in der Ortsmitte geplant.

Ein Fontänenfeld mit 15 Wasserdüsen auf dem Marktplatz, direkt neben dem öffentlichen Trinkbrunnen.

Ein Fontänenfeld mit 15 Wasserdüsen auf dem Marktplatz, direkt neben dem öffentlichen Trinkbrunnen.

Auch Troisdorf setze auf „verschiedene niedrigschwellige Maßnahmen, die fortlaufend weiterentwickelt werden“, erklärt Sprecherin Bettina Plugge. Unter anderem will die Stadt offizielle Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vermehrt auf ihren Kanälen veröffentlichen. Der Hitzeratgeber der Stadt ist unter anderem digital abrufbar. Er enthalte neben allgemeinen Tipps für heiße Tage auch Hinweise zu kühlen Orten in der Stadt, Wasser-Refill-Stationen und Wasserspielplätzen.

Refill-Stationen in vielen Städten füllen kostenlos Wasser in Flaschen nach

Solche kühlen Orte sollen im Stadtgebiet vermehrt für die Menschen geöffnet werden, wie zum Beispiel der „Innenraum der Kirche St. Hippolytus“, so Plugge. 

Seit Mai gibt es einen fest installierten Trinkwasserbrunnen in der Fußgängerzone. Auch weitere Standorte soll es noch geben, so die Stadt. Darüber hinaus gebe es im gesamten Stadtgebiet Refill-Stationen – also Geschäfte und öffentliche Einrichtungen, die kostenlos Trinkwasser in mitgebrachte Flaschen abfüllen. Erst kürzlich baute die Stadt zudem Kübel mit zusätzlichen Bäumen in der Innenstadt auf, um für mehr Baumschatten und ein besseres Mikroklima zu sorgen.

Auch Lohmar bemüht sich um entsiegelte Flächen und installiert zum Beispiel Sonnensegel auf städtischen Spielplätzen ohne Schattenräume und weist ebenso wie Troisdorf in der städtischen App auf kühle Orte und Refill-Stationen hin. Solche Stationen des bundesweiten Refill-Projekts gibt auch in Hennef. Eine Karte aller Refill-Stationen kann hier abgerufen werden.

In Hennef gibt es öffentliche Trinkwasserstellen. Hier die Refill-Station in der Stadtbibliothek in der Meys Fabrik.

In Hennef gibt es öffentliche Trinkwasserstellen. Hier die Refill-Station in der Stadtbibliothek in der Meys Fabrik.

Bedeutendstes Mittel bei der Anpassung an den Klimawandel sei laut Kreisstadtsprecher Jan Gerull die Erhaltung und Etablierung von Grünflächen und Bäumen. Daran können sich auch Bürgerinnen und Bürger in Siegburg als Baumpaten im Zuge des Projekts „BürgerGrün“ beteiligen. In der Siegburger Innenstadt gibt es seit 2024 zwei öffentliche Trinkwasserbrunnen, weitere sollen nach und nach folgen. 

Wichtige Unterscheidung zwischen Klimaanpassung und Klimaschutz

Hitzekonzepte für Innenstädte sind oft Teil eines übergeordneten Klima-Anpassungskonzeptes. Die gibt es jedoch nicht überall. Neunkirchen-Seelscheid habe keines, im Fokus stehe zunächst die Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzepts, so Sprecherin Anna Peters. Die Gemeinde Ruppichteroth habe 2016 gemeinsam mit Much und Lohmar ein Teilkonzept zur Anpassung an den Klimawandel erstellen lassen, so Sprecher Christian Simons.

Der Unterschied zwischen Klimaschutz und Klimaanpassung besteht darin, dass der Schutz darauf abzielt, Emissionen zu reduzieren und Temperaturanstiege zu begrenzen, Ursachenbekämpfung also. Bei der Klimaanpassung geht es darum, sich auf schon unvermeidbare Folgen des Klimawandels einzustellen.

Klima-Förderungen enthalten hohe bürokratische Hürden

Neunkirchen-Seelscheid will für den Klimaschutz bis 2035 klimaneutral werden. Hennef will bis 2040 im gesamten Stadtgebiet klimaneutral sein, Eitorf bis 2045. Im Zuge der Marktplatzumgestaltung solle die Bepflanzung klimagerecht angepasst werden, teilt die Eitorfer Verwaltung mit.

In Lohmar und Ruppichteroth liegen die Schwerpunkte der Klimaanpasssung bei Starkregen und Sturm. Für Hitze und Trockenheit bestehe kein erhöhter oder dringlicher Bedarf. In Bad Honnef befindet sich derzeit ein Klima-Anpassungskonzept in Arbeit, das bis Mitte 2026 fertiggestellt werden solle, so Sprecherin Silke Florijn. Darin sollen neben Hitzeschutzmaßnahmen auch Projekte zur Starkregenvorsorge und Biodiversitätsförderung in Angriff genommen werden. 

Dabei ließen sich Maßnahmen und Konzepte nicht immer leicht gestalten, teilen die Kommunen mit. Die Finanzierung sei schwierig. Zwar gebe es zahlreiche Fördermöglichkeiten für Projekte auf Bundes- und Landesebene, sagt Neunkirchen-Seelscheids Sprecherin Anna Peters. Lange Bearbeitungszeiten und hoher bürokratischer Aufwand verzögerten jedoch die konkrete Umsetzung. „Eine fehlende Verpflichtung des Bundes und das damit einhergehende Ausbleiben finanzieller Mittel tragen zur Verlangsamung der Bestrebungen im Klimaschutz und in der Klimaanpassung bei“, betont Silke Flroijn aus Bad Honnef.

Seitens des Kreises ist ein Klima-Anpassungskonzept in Planung, in dem Maßnahmen formuliert und ergriffen werden sollen, um sich an klimawandelbedingte Ereignisse wie Extremwetter, Hitzeperioden, Fluten, Dürre und Hochwasser anzupassen. Die Planungen laufen bereits seit rund zwei Jahren, es haderte aber an finanziellen Mitteln. Nun konnten für die Konzepterstellung Fördermittel des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gewonnen werden. Da es bereits ein Hochwasser- und Starkregenkonzept gebe, seien für die Klima-Anpassung schwerpunktmäßig die Themen Dürre und Hitze vorgesehen, so Kreissprecherin Rita Lorenz.